Wetterleuchten
verrückt nach diesem Kind. Niemand würde jemals ein Baby in unsere Obhut geben, damit es mit uns in dem Wohnwagen lebte. Aber Gott hatte uns eins gegeben. Nur hat Eddie irgendwann beschlossen, dass es nicht gut für die Kleine war, dass es kein guter Ort war, um ein kleines Kind aufzuziehen. Deshalb hat er sie weggebracht. Danach habe ich darauf gewartet, dass der Sheriff vorbeikam und mich fragte, warum ich sie nicht früher gemeldet hatte. Aber er kam nie. Und dann wartete ich darauf, in der Zeitung etwas darüber zu lesen, dass man das Baby den Behörden übergeben hatte oder es irgendwo anders gefunden worden war, wo Eddie es hingebracht haben könnte, aber da stand nie etwas in der Zeitung. Und dann ... dann ... Ich habe ihn nie gefragt, wohin er es gebracht hat. Ich hatte zu viel Angst vor dem, was er vielleicht getan hatte.«
Jenn spürte, wie sie leichenblass wurde, als sich alle Teile zu einem Ganzen zusammenfügten. Das Baby und der Kasten auf Eddie Beddoes Boot. Der Kasten, der so wenig wog, dass sein Inhalt nicht aus einem legendären Piratenschatz bestehen konnte. Nein, darin war etwas Schreckliches und Furchterregendes, und Eddie Beddoe hatte es unbedingt haben und unbedingt loswerden wollen.
»Oh, Sharla, Mädchen«, hörte Jenn Ivar murmeln.
Sharla fing an zu weinen. »Es tut mir leid«, sagte sie.
Kapitel 42
A ls sie wieder im Pick-up saßen, holte Becca ihre AUD-Box heraus. Es war weniger, dass sie vermeiden wollte, Flüstern zu hören. Vielmehr war sie, seit Eddie Beddoe ihnen im Jachthafen von Langley aufgelauert hatte, so mit Flüstern bombardiert worden, dass ihr fast der Kopf platzte. Besonders auf Heart's Desire prasselten die Gedanken von Ivar und Sharla - von Jenn ganz zu schweigen - ohne Unterlass auf sie ein. Und dieser Ansturm machte es ihr beinahe unmöglich, selbst einen klaren Gedanken zu fassen. Überdies überlagerten sich Vergangenheit und Gegenwart in all dem Geflüster, weshalb sie es erst einmal ausblenden musste.
Sie hatte den Kopfhörer im Ohr, als Jenn ihr schroff zuflüsterte: »Was soll der Scheiß? Musst du ausgerechnet jetzt Musik hören?«
Da musste sie ihr schließlich kurz die Funktion der AUD-Box erklären und dass sie Becca bei ihren »Gehörproblemen« half. Jenn nahm das hin mit den Worten: »Und ich hab mich immer gefragt, warum du wegen dem verdammten Ding nie Ärger gekriegt hast«, und damit war die Sache geregelt. Da sagte Ivar: »Ich bringe euch nach Hause, Mädels. Ich muss da ein paar Dinge erledigen, und es ist besser, wenn ihr beide nicht dabei seid.«
Jenn erwiderte: »Äh ... sollten wir nicht eher den Sheriff anrufen? Wir können uns alle recht gut vorstellen, warum Eddie diesen Kasten wollte, oder? Wenn Sie mich fragen, wird der Sheriff wissen wollen, was da drin ist, und Eddie wird sicherstellen wollen, dass er ihn nie findet.«
Ivar sah erst sie und dann Becca an und sagte: »Das mag schon sein, aber ich möchte ihm die Chance geben, wenigstens einmal in seinem elenden Leben das Richtige zu tun.«
»Und das wäre?«
»Dem Sheriff den Kasten selbst zu übergeben und ihm die verdammte Wahrheit zu erzählen.«
»Wird er dafür nicht im Knast landen?«, fragte Jenn. »Sharla sagt schließlich, er hat ein fremdes Baby mitgenommen und es dann verschwinden lassen. Das wird er nie im Leben zugeben wollen.«
»Nein, wird er nicht. Deshalb muss ich euch erst mal nach Hause bringen, damit ich ihn davon überzeugen kann.«
»Kommt nicht in Frage«, protestierte Becca. »Wenn Sie ihn alleine aufsuchen, kann ihn keiner davon abhalten, irgendwas Verrücktes zu tun, Ivar. Und was kann er schon tun, wenn wir ihn zu dritt aufsuchen? Uns alle auf einmal erschießen? Nur einen von uns erschießen und dann zwei Zeugen am Hals haben? Das Gewehr war sowieso nicht geladen.«
Ivar warf ihr einen Blick zu, ebenso wie Jenn, die sagte: »Und woher willst du das wissen?«
»Ich weiß es einfach«, erwiderte sie, denn wie sollte sie es sonst erklären, ohne zu verraten, dass sie Eddies Gedanken gehört hatte.
»Da fühle ich mich gleich viel besser«, gab Jenn zurück.
»Vertrau mir«, sagte Becca und an Ivar gewandt: »Machen Sie sich deswegen keine Sorgen. Wo, glauben Sie, ist er jetzt? Er will den Kasten bestimmt loswerden. Wo könnte er das am besten tun?«
Ivar dachte darüber nach und sagte dann: »Glendale. Da ist ein Wald. Eddie hat dort eine Hütte. Wenn er den Kasten in den Wald hinter seiner Hütte bringt, wird ihn keiner dort finden können,
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