Wie ein boser Traum
Das allein reichte ihm völlig als Problem. Er ging auf Nummer sicher und entschied sich für ein Stück Cheddar und ein Paket Scheibletten.
Eine Mutter mit zwei Kindern im Einkaufswagen machte einen großen Bogen um ihn und behielt ihn im Auge, bis sie endlich weit genug von ihm entfernt war.
Das konnte er nun nicht mehr ignorieren. Der Gedanke, dass die Frau ihre Kinder durch seine Gegenwart in Gefahr sah, traf ihn tief. Er sah der Frau kurz hinterher. Er kannte sie nicht, aber sie hatte ihn garantiert erkannt.
Andererseits – was hatte er erwartet? Die Lokalzeitungen hatten seit seiner Rückkehr in die Stadt jeden Tag etwas über ihn geschrieben. Er weigerte sich, Ray Glauben zu schenken, der ihn davor gewarnt hatte. Er schämte sich nicht. Vielleicht ärgerte er sich, aber schämen – nein.
Er nahm eine Packung Vollmilch und legte sie in den Einkaufswagen. Kurz bevor er die Abteilung mit den Molkereiprodukten verließ, drehte er sich zufällig um, und da sah er Emily, die ihn vom Ende des Ganges aus, in dem die Dosenfrüchte und das Gemüse standen, beobachtete.
Warum schlich sie hinter ihm her? Erstmals seit er nach Pine Bluff zurückgekehrt war, fragte er sich, was sie wirklich dachte.
Glaubte sie tatsächlich, es würde irgendetwas bringen, wenn sie ihm auf diese Weise nachstellte? Ihm fiel ein, wie sie in sein Haus gekommen war. Er hatte das Mitgefühl in ihrer Miene wahrgenommen, als sie sah, was man mit den Sachen seiner Mutter gemacht hatte. Aber dann hatte Ray etwas zu ihr gesagt, das ihr an die Nieren gegangen war, und plötzlich war sie davon abgekommen und hatte darüber gesprochen, wie sehr sie sich wünschte, dass Clint in der Hölle schmorte.
Er glaubte ihr nicht.
Nicht mehr.
Er war sehr nahe an sie herangekommen, als er neulich abends zu ihrem Auto gestürmt war, um ihr zu sagen, was er von ihr hielt. Ja, sehr nahe. Nah genug, um zu sehen, wie ihr das Herz bis zum Halse klopfte. Nah genug, um ihre weiche Haut riechen zu können.
Sie hätte ihn aus vollem Halse anschreien können, wie sehr sie ihn hasse, aber zwischen ihnen war immer noch
etwas. Etwas, was sich dem Verstand entzog und weder er noch sie in irgendeiner Weise steuern konnte.
Er wandte sich von ihr ab, nahm sich ein Pfund Speck und ging zur Warteschlange an der Kasse.
Das reichte erst mal an Küchenpsychologie.
Unterm Strich blieb, dass sie beide völlig am Ende waren.
Er stellte sich in die Schlange mit nur zwei Kunden und wartete, bis er an die Reihe kam. Er schaute konzentriert auf den Hinterkopf der Frau, die vor ihm stand, und hoffte, so das Flüstern der Leute in den Warteschlangen rechts und links von sich ignorieren zu können. Es hatte eingesetzt, kaum dass er sich angestellt hatte. Wenn er einen dieser Kunden auch nur anblickte, würden die überall herumerzählen, was er alles gesagt und getan hätte. Aber er wollte nun wirklich jeden unnötigen Skandal vermeiden. Er wollte die ehrenhaften Bürger von Pine Bluff nicht aus der Fassung bringen. Oder den Pressefritzen noch mehr Stoff liefern.
Außerdem würde er es schon aushalten. Wenn die erst mal gemerkt hatten, dass er nicht aufgab und die Stadt nicht verließ, würden sie schon darüber hinwegkommen und etwas anderes finden, worüber sie lästern konnten.
Als er an der Reihe war, legte er die Einkäufe auf die Ladentheke und wartete. Nachdem der Kunde vor ihm abgefertigt worden war, wartete Clint darauf, dass die Kassiererin bei ihm weitermachte, aber das tat sie nicht.
Sie stellte das Schild »Kasse geschlossen« auf und ging weg. Ließ ihn stehen.
Überrascht sah er ihr kurz hinterher und dachte, dass sie vielleicht nur Wechselgeld holen wollte, aber das war nicht der Fall. Sie kam nicht zurück.
Ärgerlich, ohne es sich anmerken zu lassen, legte er die Einkäufe in den Einkaufswagen zurück und ging hinüber zur anderen Warteschlange. Wieder war er an der Reihe, legte seine Sachen auf das Fließband und wartete darauf, dass die Kassiererin ihre Arbeit erledigte.
Sie sah ihn nicht einmal an. Stellte nur ihr Schild auf und ging.
Was zum Teufel sollte das?
Die meisten Kunden starrten ihn an. Die erste Kassiererin war an ihren Platz zurückgekehrt, und dort hatte sich eine neue Schlange gebildet.
Clint atmete genervt aus, legte seinen Einkauf zurück in den Wagen und stellte sich an einer anderen Warteschlange an.
Als das Schild »Kasse geschlossen« zum dritten Mal vor ihm aufgestellt wurde, reichte es ihm.
Er ließ den Einkaufswagen stehen und
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