Wie ein Licht in der Nacht - Sparks, N: Wie ein Licht in der Nacht
unbekannter Zeuge meldete sich, eine Überwachungskamera hatte ein Nummernschild aufgenommen. In diesem Fall kam der entscheidende Hinweis von einer Frau in Schwarz, von Karen Feldman, die an einem Vormittag, als er saufend auf der Veranda saß, über die Straße schritt und ihm von ihrer toten Schwester erzählte.
Zwar hatte er immer noch Kopfschmerzen, aber er kippte den Wodka in den Abfluss und dachte über Erin und die Feldmans nach. Erin hatte die Familie besucht, aber ihm gegenüber hatte sie das nie erwähnt. Sie war stets zu Hause gewesen, wenn er sie anrief oder unange meldet vorbeikam, deshalb war er nie dahintergekommen. Sie hatte nicht darüber gesprochen, und wenn er sich beschwerte, dass die Feldmans schlechte Nachbarn seien, hatte sie nie ein einziges Wort gesagt.
Erin hatte ein Geheimnis gehabt.
Sein Kopf war klarer als seit Monaten. Er ging unter die Dusche und zog dann einen schwarzen Anzug an. Anschließend machte er sich ein Sandwich mit Schinken, fein geschnittenem Putenfleisch und Dijon-Senf und aß es. Er verzehrte noch ein zweites Sandwich. Wieder schau te er den Leuten draußen zu, sah, wie Karen eine zweite Zigarette rauchte. Während er wartete, steckte er einen kleinen Block und einen Stift in die Tasche.
Etwa um ein Uhr stiegen die Trauergäste allmählich in ihre Autos. Kevin hörte, wie die Motoren ansprangen und ein Wagen nach dem anderen zur Trauerfeier fuhr. Eine Viertelstunde später waren fast alle fort, und er sah noch, wie Karen ihren Vater zu ihrem Auto führte, bevor sie sich ans Steuer setzte. Sie waren die Letzten.
Er wartete noch zehn Minuten. Dann ging er über die Straße zum Haus der Feldmans. Er beeilte sich nicht, er versteckte sich nicht. Ihm war aufgefallen, dass viele der Nachbarn ebenfalls zum Begräbnis gefahren waren. Und diejenigen, die nicht teilnahmen, würden sich später nur an einen Mann in einem schwarzen Anzug erinnern, der nicht anders aussah als die übrigen Trauergäste. Die Vordertür war abgeschlossen, aber weil so viele Leute dagewesen waren, ging er hoffnungsvoll ums Haus herum zum Hintereingang. Dieser war tatsächlich nicht verriegelt. Kevin trat ein.
Alles war still. Er blieb stehen und horchte, ob noch irgendwo Stimmen oder Schritte zu hören waren. Nichts. Überall standen Plastikbecher herum, auf dem Tisch sah er halbleere Platten mit verschiedenen Häppchen. Er musste das ganze Haus durchforsten. Viel Zeit hatte er nicht, also begann er mit dem Wohnzimmer, öffnete alle Schranktüren und achtete dabei immer darauf, dass anschließend alles wieder genauso war wie vorher. Er suchte in der Küche, im Schlafzimmer und schließlich im Arbeitszimmer mit den Bücherregalen, dem bequemen Sessel und dem Fernseher. In der Ecke stand ein kleiner Aktenschrank.
Blitzschnell ging er die Kennzeichnungen der verschiedenen Ordner durch, bis er den mit der Aufschrift KATIE fand. Er überprüfte den Inhalt. Ein Zeitungsartikel – offenbar war die Tochter in einem Teich in der Nähe ertrunken, weil sie im Eis eingebrochen war. Mehrere Schulfotos. Und auf dem Schulabschlussfoto hatte diese Katie wirklich auffallend große Ähnlichkeit mit Erin. Ganz hinten befand sich noch ein Briefumschlag mit Zeugnissen und einer Sozialversicherungsnummer. Kevin notierte sie sich auf seinen kleinen Block. Die Versicherungskarte selbst fand er nicht, aber er hatte immerhin die Nummer. Die Geburtsurkunde war nur eine Kopie, aber ziemlich zerknittert, als hätte jemand sie zusammengeknüllt und danach wieder glattgestrichen.
Nun hatte er alles, was er brauchte, und deshalb verließ er rasch das Haus. Zu Hause rief er den Kollegen aus dem anderen Revier an, den Typ, der mit seiner minderjährigen Babysitterin schlief. Am nächsten Tag meldete sich dieser bei ihm mit den gewünschten Informationen.
Katie Feldman hatte kürzlich einen Führerschein beantragt. Die Adresse war in Southport, North Carolina.
Schweigend legte Kevin auf. Er hatte sie gefunden.
Erin .
KAPITEL 31
Die Ausläufer eines tropischen Sturms suchten Southport heim. Es regnete fast den ganzen Nachmittag. Katie arbeitete die erste Schicht, aber wegen des schlechten Wetters war das Restaurant zur Mittagszeit nur halbvoll, und Ivan erlaubte ihr, ein bisschen früher zu gehen. Sie hatte sich den Jeep ausgeliehen, und nachdem sie eine Stunde in der Bibliothek verbracht hatte, fuhr sie zum Laden. Alex brachte sie nach Hause, und sie lud ihn und die Kinder für später zum Abendessen ein.
Den Rest des
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