Wie Rosenblätter im Wind: Mittsommerhochzeit (German Edition)
Vergeblich.”
Zitternd wischte Milla sich mit der Hand die Tränen von den Wangen. “Oh Mårten”, sagte sie kopfschüttelnd. “Es tut mir so unendlich leid.”
“Das muss es nicht.” Er lehnte sich mit dem Rücken gegen den Stamm der alten Weide. “Ich allein trage die Verantwortung für das, was damals passiert ist. Und ich büße seitdem jeden Tag für meine Fehler.”
“Nein!” Milla stand auf. “Gib nicht dir die Schuld. Dein Vater war krank, er wusste, dass er sterben würde. Es gab nichts, was du tun konntest, um das zu verhindern.”
“Darum geht es nicht”, erwiderte er. “Verstehst du denn nicht? Ich habe ihm nie eine Chance gegeben. Ich war so erfüllt von meinem Hass, dass ich erst begriff, was ich getan hatte, als es bereits zu spät war.”
“Aber als er dich wirklich brauchte, da warst du für ihn da. Ich glaube,
du
bist es, der nicht versteht, Mårten. Du hast deinem Vater seinen letzten Wunsch erfüllt und für ihn gespielt. Ich bin sicher, er hätte nicht gewollt, dass du dir die Verantwortung für seinen Tod gibst.”
Dann schloss sie ihn in die Arme und hielt ihn ganz fest, denn sie spürte, dass er das jetzt dringender brauchte als alles andere auf der Welt. Und genau das wollte Milla: Mårten für den Rest ihres Lebens das geben, was er brauchte.
“Ich kann nicht!”
Frustriert und wütend – vor allem auf sich selbst – schlug Mårten am Abend mit der flachen Hand auf die Tasten des Flügels, und der schrecklich schiefe Klang, den er dabei produzierte, hallte durch das Musikzimmer der alten Mühle.
Milla, die schon eine Weile neben ihm auf dem Klavierhocker saß und sich gut vorstellen konnte, was in ihm vorging, lächelte verständnisvoll.
“Hast du etwa erwartet, dass es einfach wird? Tut mir leid, aber ich fürchte, du wirst dich schon ein bisschen bemühen müssen. Es ist schließlich schon über zwei Jahre her, seit du der bezaubernden Lady hier,” dabei klopfte sie mit der flachen Hand auf den Deckel des Flügels, “ein paar wohlklingende Töne entlockt hast.”
“Ach, das hat doch alles keinen Sinn”, widersprach er sofort und fuhr sich mit der Hand durch das dichte dunkle Haar. “Ich kann es einfach nicht mehr. Vielleicht sollte ich mich endlich mit den Tatsachen abfinden und der Realität ins Auge sehen.”
“Nein, gib jetzt nicht auf”, bat Milla ihn. “Ich weiß, dass du es kannst. Du hast selbst gesagt, dass du die Musik noch immer in dir spürst. Also dann! Jetzt musst du nur noch lernen, sie aus dir herauszulassen.”
Plötzlich sprang Mårten vom Klavierhocker und funkelte sie wütend an. “Dir geht es doch nur darum, dass ich bei der königlichen Hochzeit spiele, alles andere interessiert dich überhaupt nicht!”
Verletzt zuckte Milla zusammen. “Wieso sagst du so etwas? Ich will dir helfen, weil ich dich liebe.” Sie schaute zu ihm. “Ich spüre doch, dass die Musik dir fehlt.”
“Es tut mir leid”, sagte er leise. “Aber das ist im Moment einfach alles zu viel für mich!” Mit diesen Worten stürmte er aus dem Musikzimmer und warf die Tür hinter sich zu.
Seufzend stand Milla auf und trat ans Fenster. Es dämmerte bereits, und der Himmel hatte eine orangerote Färbung angenommen. Den ganzen Nachmittag hatte sie gemeinsam mit Mårten am Flügel verbracht und versucht, gegen die Blockade in seinem Kopf anzukämpfen.
Aber vielleicht stimmte es wirklich, und es war zwecklos. Womöglich hatte das traumatische Erlebnis durch den Tod des Vaters ihm tatsächlich die Fähigkeit geraubt, Musik zu machen.
Und wenn es so ist?
Ein Teil von ihr hoffte noch immer darauf, dass sich alles zum Guten wandte und Mårten auf der Hochzeit der Kronprinzessin spielen würde. Doch viel mehr ging es ihr inzwischen darum, ihn von den Schuldgefühlen zu befreien, die ihn schon seit mehr als zwei Jahren quälten.
Sie liebte Mårten und wollte ihn glücklich sehen, alles andere war zweitrangig. Doch um dieses Ziel zu erreichen, musste sie den Knoten zum Platzen bringen, der ihn nun schon so lange gefesselt hielt.
Aber wie?
Nachdenklich setzte Milla sich wieder hinter den Flügel, legte die Finger auf die Tasten und fing an zu spielen.
Mårten saß in seinem Zimmer auf dem Lehnstuhl und schaute aus dem Fenster. Es war ungemein befreiend gewesen, mit Milla über den Tod seines Vaters zu sprechen. Ein zentnerschweres Gewicht schien ihm von den Schultern genommen worden zu sein, und er konnte endlich wieder frei atmen.
Zugleich fühlte er sich aber
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