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Wiedersehen in Hannesford Court - Roman

Wiedersehen in Hannesford Court - Roman

Titel: Wiedersehen in Hannesford Court - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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glauben wollte , dass Julia etwas Furchtbares zugestoßen ist.«
    Sie schluckte.
    »Denn was würde es über uns, über uns alle sagen, wenn ihr etwas zugestoßen wäre? Welches Licht würde es auf Hannesford werfen, wenn jemand sie schlagen und sich danach wieder unter uns mischen konnte, ohne dass es bemerkt würde?«
    Ich ließ meinen Blick schweifen. In Hanbury war Markttag, und im Speisesaal drängten sich bodenständige, ehrliche Menschen, die einfach ihr Leben lebten. Und doch wusste ich, dass Anne recht hatte. Auch ich hätte lieber an einen Garten Eden geglaubt, der frei von Schlangen war.
    Um das Thema zu wechseln, berichtete ich von meinem Morgen in der Dunkelkammer, dem Gespräch mit Freddie Masters und weshalb mir der Samstag vor dem Rosenball so wichtig erschien.
    »Was immer der Professor gesehen hat, ist am Samstag geschehen, dem Tag, an dem einige von uns nach Bearhampton gefahren sind. Wie ist es mit Ihnen, Anne? Können Sie sich an etwas erinnern?«
    Sie zögerte, bevor sie antwortete. »Ich glaube nicht.« Sie runzelte leicht die Stirn. »Es ist so lange her. Aber ich weiß noch, dass sie sich die Pferde ansehen wollten.«
    »Sonst noch etwas? Wissen Sie, was die anderen an dem Nachmittag gemacht haben?«
    Sie senkte den Blick, noch immer mit einer kleinen Furche zwischen den Augenbrauen.
    »Ich fürchte, ich bin keine große Hilfe. Die Tage scheinen ineinanderzufließen. Was haben Sie denn an dem Tag gemacht?«
    Ich erzählte, woran ich mich erinnern konnte; dass ich Margot und Julian am See und Reggie im nahe gelegenen Wald gesehen hatte; wie ich mich zeitweise davongeschlichen hatte; dass mich der Professor im Rosengarten aufgesucht und sich erkundigt hatte, wen ich in der Nähe des Bootshauses gesehen hätte. Und wenn ich ihr verschwieg, weshalb ich im Rosengarten herumgelungert hatte und nicht in der Stimmung gewesen war, mich um die Sorgen des Professors zu kümmern, dann nur, weil meine Liebesqualen für niemanden außer mich von Interesse waren.
    »War das der Tag, an dem Julia Woodward so verwirrt nach Hause kam?«
    »Wenn wir ihrer Mutter glauben, ja. Nehmen wir mal an, der Professor hätte an jenem Nachmittag etwas beobachtet. Es waren nicht so viele Leute in Hannesford. Falls Mrs Uttley recht hat und Julia Woodward mit jemandem stritt, der inHannesford Court zu Gast war, können wir den Personenkreis eingrenzen. Wenn wir herausfinden, was jeder an dem Nachmittag gemacht hat, Harry und Reggie beispielsweise …«
    »Tom! Bitte!« Die Schärfe in ihrer Stimme überraschte mich. »Das ist makaber. Ich glaube, es ist wirklich nicht möglich, nach so langer Zeit noch Detektiv zu spielen. Und es ist auch kein Spiel.«
    »Aber …« Ich fühlte mich zurückgewiesen. »Haben Sie nicht gerade eben gesagt, wir könnten nicht tun, als wäre nichts geschehen?«
    »Ich denke, Sie sollten mit Reggie darüber sprechen. Es ist zu spät, um irgendwelche Alibis zu rekonstruieren.«
    Ich war anderer Meinung. Eigentlich wollte ich mich nicht in die Vergangenheit vertiefen, hatte mich aber irgendwie darin verfangen. Im Speisesaal ging es immer noch geschäftig zu, doch ich merkte, dass unsere Stimmen lauter geworden waren.
    »Anne, wenn wir alle jungen Männer ausklammern, die damals nach Bearhampton gefahren sind, bleiben nur Harry und Reggie, Julian Trevelyan und Oliver Eastwell übrig. Ich habe mit Susan gesprochen und sie nach dem Tag der Pferdeauktion gefragt. Sie ist sich nicht sicher, glaubt aber, sie habe den Nachmittag mit Oliver verbracht. Sie seien spazieren gegangen. Ich hatte keine Gelegenheit, mit Margot zu sprechen, aber sie war vermutlich mit Julian zusammen.«
    »Was ist mit den älteren Männern? Sir Roberts Freunden? Leuten wie den Finch-Taylors?«
    »Die meisten sind erst montags angekommen. Sie wissen doch, wie es damals war. Nur die Freunde von Harry und Margot blieben eine ganze Woche.«
    »Dann hätten wir also nur Reggie.«
    »Und Harry«, sagte ich leichthin. Der goldene Harry. Allein der Gedanke war in Hannesford ein Sakrileg.
    Vielleicht war ich deshalb so versessen darauf gewesen, das Dorf zu verlassen.
    »Nein, nicht Harry«, erwiderte Anne mit überraschend fester Stimme. Ich hätte gedacht, dass sie den Mythos von Harrys Größe ebenso wenig unterstützte wie ich.
    »Wieso nicht? Ich meine, er hätte es theoretisch sein können.«
    Doch Anne schien sich sicher zu sein. »Nein. Harry hatte seine Fehler, aber er war nicht gewalttätig. Wie immer Sie über ihn denken mögen, es

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