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Wikingerfeuer

Wikingerfeuer

Titel: Wikingerfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shirley Waters
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leid, dass ich dich so ruppig behandelt habe«, sagte sie. »Aber ich war so wütend.«
    »Worauf denn? Ich habe das alles nicht so recht begriffen.«
    Sie neigte sich ihm zu und legte eine Hand auf seine Schulter. Wieder zuckte er vor ihr zurück, bevor er sich beruhigte. »Ich liebe Rouwen«, wisperte sie. »Aber er ist ein Mönch wie du.«
    »Ich bin ein Priestermönch. Er ist ein Mönchsritter. Ein kleiner Unterschied, der für einen Heiden aber nicht so wichtig sein dürfte. Sag, ihr seid wirklich alle Heiden? Ihr seht aus wie … wie Wikinger.«
    »Die letzten Wikinger, ja. Du hast nie von Baldvin Baldvinsson gehört, der Eastfield zweimal heimsuchte?«
    »Ja, doch, jetzt da du’s sagst. Da gab es doch früher Überfälle auf das Kloster. Aber ich achte nicht auf Marktklatsch.«
    Marktklatsch. Mehr war es nicht. Und nicht einmal das, jedenfalls hatte Rúna während ihres Ausflugs niemanden darüber reden gehört. Selbst das Musikantenpärchen hatte lieber von Rittern gesungen, die irgendeinem merkwürdigen Gral nachjagten.
    Sie half dem Priestermönch, den Weinschlauch zu öffnen. Nach dem ersten Schluck verzog er das Gesicht. »Eigentlich darf ich so starken Wein nicht trinken«, entschuldigte er sich. »Aber in der Not …« Hastig nahm er noch einen tiefen Schluck und seufzte wohlig auf.
    »Erzähl mir etwas über eure Enthaltsamkeit. Wie war das noch … arm sein, gehorsam sein, keusch bleiben? Ihr dürft nicht einmal Wein trinken?«
    »Doch, aber verdünnten.«
    »Und das alles gilt auch für … Tempelritter?«
    »Für die erst recht. Außer dass sie kräftig essen dürfen. Sie müssen nicht nur Gott gefallen, sondern auch wachsam und stark sein.« Er lächelte schief, anscheinend hatte er seine Angst vor ihr für den Moment vergessen. »Mag sein, dass er das Gelübde der Keuschheit bricht. Wenn er bußfertig ist, wird ihm vergeben. Es mag ein zweites Mal geschehen, ein drittes Mal … Doch irgendwann würde er mit seinem Seelenheil spielen. Aber ich schätze ihn nicht so ein, dass er das tun wird. Und deshalb, ma dame, würde ich sagen, du hast dich in den Falschen verliebt.«
    »Und da gibt es gar kein Schlupfloch?«
    »Das einzige führt letztlich in die Hölle.« Er nieste kräftig und rieb sich die Schultern. Rúna erbarmte sich und holte noch eine dritte Decke.
    »Wie kann Rouwen der Falsche sein, wenn ich doch ganz deutlich spüre, dass er zu mir gehört? Dieser Glaube ist doch töricht!«
    Er lachte leise. »Die Schrift sagt, dass dem Heiden die Weisheit Gottes eine Torheit ist.«
    »Was du so daherredest!« Sie hatte genug davon. »Schlaf gut, Alewold.« Das ›Pater‹ kam ihr nicht über die Lippen, denn auch das wäre ihr dumm vorgekommen.
    »Oh, das versuche ich«, erwiderte er säuerlich, während er zusah, wie sie ihn wieder fesselte. »Was geschieht mit mir?«
    »Du hast mein Wort, dass du unbeschadet nach Eastfield zurückkehren darfst.« Falls Yngvarr das nicht passte, würde sie ihn schon in die Schranken weisen. Sie hatte den Priestermönch schließlich hergebracht. »Aber vorher, fürchte ich, wirst du mit uns mitmarschieren müssen.«
    »Gott steh mir bei«, murmelte er.
    Und Freya bitte mir , dachte sie.

13.
    E s herrschte finsterste Nacht. Kalt war Rúna nicht – nicht nach ihrem Empfinden. Barfuß schlenderte sie am Wassersaum entlang. Vom Wald her erklangen Rascheln und der Ruf eines Käuzchens. Irgendwo Schritte: einer der Männer auf Wache. Am heruntergebrannten Feuer lag Alewold in sich zusammengerollt. In den Zelten schnarchten die anderen. Es schien, als sei sie als Einzige wach.
    Bis auf ihren Vater vermutlich. Als sie zuletzt in sein Zelt geschaut hatte, hatte er auf seinem Klapphocker gesessen, sein Schwert geschliffen und ins Leere gestiert. Als ersehne er, sich mit einem Rundumschlag von all der Last, die ihm auf der Seele lag, zu befreien. Dieses Schleifgeräusch hing ihr jetzt noch im Ohr und jagte einen Schauer über ihren Rücken. Armer Vater. Arme Mutter! Mit dem Handrücken rieb sie sich über die feuchten Augen. Wann hatte sie zuletzt um ihre Mutter Ingvildr geweint? Sie wusste es nicht mehr. Ihr Inneres fühlte sich so leer an, und sie sehnte sich nach jemandem, der sie im Arm hielt, ihr ein Trostwort ins Ohr flüsterte, dessen Herz im Gleichklang mit ihrem schlug. Einen solchen Menschen gab es, ja. Doch er stieß sie zurück.
    Sie beschloss, Freya etwas zu opfern. Etwas Schönes, etwas Blühendes. Das war mitten in der Nacht nicht leicht zu finden, aber nach

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