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Wild wie das Meer (German Edition)

Wild wie das Meer (German Edition)

Titel: Wild wie das Meer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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Nachbarn mit eigenen Augen von der unerhörten Nachricht überzeugen. Virginia glaubte, innerhalb der Spielregeln eine gute Figur abzugeben. Stets reckte sie das Kinn stolz empor, sprach mit weicher Stimme, nannte Devlin Liebster, küsste ihn vor den Augen des Besuchs auf die Wange, und schon waren die klatschsüchtigen Nachbarn zufrieden. Ebenso Devlin. Nur ihr allein war bewusst, wie schwer ihr all das fiel.
    Sie hasste jeden Augenblick. Besonders die Blicke der Herren empfand sie als unverschämt, ja, sie wurde regelrecht angegafft, aber Devlin schien all das nicht zu stören.
    Nun stand sie unschlüssig vor dem Haus. Im Augenblick hatte sie einfach nicht die Kraft, die Maskerade fortzusetzen; sie wollte sich nicht schon wieder den missbilligenden Blicken fremder Leute aussetzen. Schon zog sie in Erwägung, den Spaziergang weiter auszudehnen, als ihr das Wappen an der Kutsche ins Auge fiel.
    Sie kannte die Farben und Ornamente sehr wohl. Ihr Vater hatte ein Buch der Heraldik gehabt, und schon früh hatte er ihr die Wappen der Eastleighs gezeigt. Ihr Herz schien einen Schlag lang auszusetzen. Sie wusste nicht, ob sie begeistert oder bestürzt sein müsste. War ihr Onkel gekommen, um das Lösegeld zu bezahlen? Vielleicht war das Spiel vorbei, und es war an der Zeit, nach Hause zu fahren?
    Als sie in Richtung Haus eilte, fragte sie sich, wie leicht – oder wie schwer – es ihr fallen würde, Devlin O’Neill jetzt zu verlassen.
    „Sie sind in der Bibliothek, Miss Hughes“, sagte Tompkins mit großen Augen. Aber er lächelte nicht wie sonst.
    Virginia blieb verwirrt stehen. Für gewöhnlich empfing Devlin die Besucher im Salon. Und immer hatte der Butler gelächelt. „Stimmt etwas nicht?“, wagte sie sich vor.
    Tompkins’ Lächeln kehrte zurück, aber es wirkte furchtbar angestrengt. „Doch, gewiss. Sie haben die Tür zugezogen“, fügte er bedeutungsvoll hinzu.
    Virginia zögerte und sah dem Butler direkt in die Augen. „Ist es mein Onkel, der Earl of Eastleigh?“, fragte sie.
    „Es ist die Countess“, erwiderte er.
    Virginia blinzelte. Wie seltsam, dachte sie und stellte sich sofort eine alte, grauhaarige Frau vor, die genauso füllig wie der Earl war. Womöglich war die Countess gekommen, um das Lösegeld zu bezahlen, da der Earl sich nicht wohlfühlte. Als sie den Knauf drehte und die Tür einen Spaltbreit aufdrückte, vernahm sie die weiche und sinnliche Stimme einer kultivierten Dame, die weder alt noch gebrechlich war. Der Stimme nach zu urteilen, befand sich in der Bibliothek eine junge Frau, die beunruhigt war.
    Virginia stand ganz still.
    „Ich verstehe das nicht, Devlin.“
    Die Countess nannte ihn beim Vornamen? Virginia spähte durch den Türspalt und rang nach Luft. Unmittelbar vor Devlin stand eine ausnehmend schöne blonde Frau, die keinen Hehl aus ihrem Kummer machte. Vom Alter her passte sie eher zu William und nicht zu dem alten Earl. Die Dame sah bezaubernd aus; sie besaß verführerische Rundungen und hatte ein wunderschönes Antlitz. Mit großer Bestürzung schaute Virginia Devlin an, aber seine Züge waren zu einer Maske verhärtet und nicht zu deuten.
    Ihr Herz hämmerte in ihrer Brust.
    „Ist das wahr?“, fragte die Countess leise und berührte seine Hand.
    „Ich fürchte, ja, Elizabeth“, sprach er und wandte sich von der schönen Frau ab.
    „Aber ich bin doch deine Geliebte“, rief die Countess händeringend, und ihre Wangen röteten sich. Verzweifelt und mit bebenden Lippen schaute sie Devlin an. „Und jetzt verstößt du mich einfach so?“
    „Es tut mir leid“, erwiderte Devlin und reichte ihr ein Glas Brandy. „Ich habe dir nie irgendwelche Versprechungen gemacht, Elizabeth. Ich fürchte, die Dinge haben sich geändert.“
    Virginia suchte Halt am Türrahmen. Eastleighs Gemahlin war Devlins Mätresse? Die Erkenntnis raubte ihr den Atem. Ein Gefühl der Übelkeit bemächtigte sich ihrer. Niemals könnte sie mit einer so weltgewandten Frau mithalten.
    Elizabeth drückte das Glas an ihr sehr freizügiges Dekollete. Nun war sie blass geworden. „Ich weiß, dass du mir nie etwas versprochen hast. Oh Gott, ich kann das immer noch nicht fassen. Irgendwie habe ich immer geglaubt, dass du hier in England nur mich begehrst.“
    „Möchtest du dich nicht lieber setzen?“, fragte Devlin höflich-distanziert.
    „Aber ich liebe dich doch, Devlin!“, rief sie aus.
    „Und ich habe dir bereits gesagt, dass das nicht weise wäre.“
    „Oh Gott.“ Plötzlich sah es so aus,

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