Wilder Als Ein Traum
waren von ihr wie die großen Füße und der blonde Schopf.
»Ich kann es nicht leugnen«, antwortete sie sanft. »Nicht einmal für dich.«
Er blickte sie verzweifelt an, hob die Hände und löste Magwyns Band aus ihrem Haar, bis es sich wie eine weiche Wolke um ihre Wangen schmiegte. Unter seiner zärtlichen Berührung hob Tabitha den Kopf. Er umfasste ihren Hals, legte seine starken Daumen in die Vertiefung unter ihrer Kehle und krächzte: »Mach die Augen zu!«
Tabitha wusste nicht, weshalb sie dieser Bitte nachkam - um ihm das Elend zu erleichtern, wenn der Funke des Lebens in ihrem Blick erlosch, oder um dem Anblick seiner schönen, gnadenlosen Züge zu entgehen - doch als er seinen Griff verstärkte, klappte sie in der Erwartung, dass der Mann, dem ihre Liebe galt, sie töten würde, ihre Lider zu.
Es war nicht der Tod, der aus dem Dunkel kam, sondern
Colins Kuss. Seine Lippen suchten ihren Mund mit einer Leidenschaft, die ihr den Atem nahm. Er nutzte ihr überraschtes Keuchen aus, indem er seine Zunge tiefer zwischen ihre Zähne gleiten ließ und in ihrem Inneren ein Feuer anderer Art entfachte - dunkel, erotisch, alles verschlingend, bis sie sich in dem flammenden Gefühl wand, tatsächlich das wilde, verruchte, gottlose Geschöpf zu sein, für das er sie hielt.
Während sie sich fragte, ob er sie zu Tode küssen wollte, zerrte sie an ihren Fesseln und presste ihre von dem Leinenstoff des Kleides aufgerauten Brüste fest an seinen Leib. Er drängte sie zurück, bis sie zwischen dem Holzpfahl und der pochenden Lanze unter seiner Tunika gefangen war. Als die Flammen in ihrem Inneren tiefer züngelten, stöhnte Tabitha halb entzückt und halb erschrocken auf.
Sie hatte nicht vergessen, dass sie keine Unterwäsche trug. Ein weniger ehrenhafter Mann als Colin hätte sicher ihr Gewand hinaufgeschoben und seinen Speer in sie gerammt. Es gab keine Zeugen, und wenn er sie verbrannte, erführe niemals ein Mensch von seinem Tun.
Aber Colin war durch und durch ein Ritter.
Tabitha sank matt gegen den Pfahl, als er jäh rückwärts stolperte und sie entgeistert anstarrte. »Du hast mich wirklich verhext! Zur Hölle mit dir, Weib!«
Vielleicht hätte Tabitha laut gelacht, hätte er nicht derart verzweifelt ausgesehen. Nicht einmal die Big Macs in der Zelle von Brisbanes Verlies hatte er derart verlangend angeschaut. »Wenn ich dich richtig verstanden habe, bin ich deiner Meinung nach doch sowieso bereits verdammt. Und trotzdem begehrst du mich, nicht wahr?«
»Weshalb wohl auch nicht? Du hast deine dunklen Kräfte darauf verwandt, mich bereits in dem Augenblick, in dem ich dir zum ersten Mal begegnete, in deinen Bann zu ziehen.«
Angesichts dieses absurden Vorwurfs brach sie denn doch in lautes Lachen aus. »Welchem Zauber konntest du denn nicht widerstehen, Colin? Vielleicht der Art, wie die Hose meines Flanellpyjamas zwischen meinen Schenkeln flatterte, wenn ich gegangen bin, oder der Tatsache, dass mein Atem nach Pfefferminzzahncreme roch?«
»Der Art, wie dein Haar in der Sonne schimmerte, deinem frischen, sauberen Geruch - dem Geruch von Seife vermischt mit dem Geruch von Frau, der derart betörend ist, dass ihm kein Sterblicher auf Dauer widerstehen kann.«
Tabitha wurde derart heiß, dass sie befürchtete, sie zünde ihren Scheiterhaufen vielleicht selbst an. Colin stand nun seinerseits wie ein Hexer im Mondlicht auf der Lichtung und sah sie reglos an. Die Bewegung seiner Lippen bannte sie beinahe ebenso wie die heisere Stimme, mit der er die Zauberworte sprach.
»Der Art, wie du gelächelt hast, um deine Furcht vor mir zu verbergen, die Eleganz, mit der du die Spitze meines Schwerts von deinem Herzen fortgeschoben hast, obgleich deine Hand vor Entsetzen zitterte. Deinem närrischen Mut, als du mich unter Einsatz deines Lebens gegen Brisbane verteidigt hast.«
»Ich dachte, dafür hättest du mich gehasst«, flüsterte sie.
»Habe ich auch. Beinahe so sehr, wie ich dich dafür begehre!«
Tabitha Lennox, die sich selbst immer als hässlich, linkisch und feige empfunden hatte, spürte zu ihrem Verdruss, wie sich eine Träne über ihre Wange stahl. Colins unverblümtes Geständnis hatte sie ihrer einzigen noch verbliebenen Waffe - ihres Sarkasmus - beraubt, und so wand sie sich erneut in ihren Fesseln in dem verzweifelten Bemühen, die Träne fortzuwischen, ehe er sie bemerkte. Aber eine zweite, dritte und
schließlich ein ganzer Strom davon sprang aus ihren Augen, und sie senkte voller Scham den
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