Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wilder Als Ein Traum

Titel: Wilder Als Ein Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
Vom Netzwerk:
einen Waffenstillstand einigen? Die Leute sehen schon zu uns herüber.«
    »Er hat angefangen«, murmelte Lyssandra in ungewohnt aufmüpfigem Ton. »Verzeiht mir, Lady Tabitha. Ich hätte Euch nicht derart bedrängen dürfen. Schließlich seid Ihr hier zu Gast und nicht eine von Papas gezüchtetem Hofstaat!«

    Zu ihrer eigenen Überraschung erhob sich Tabitha behände von ihrem Platz. »Es wäre mir eine Ehre, etwas für Euch zu singen!«
    Colin beugte sich nach vorn. »Ich würde es begrüßen, wenn du deine zarte Kehle nicht überanstrengen würdest, Cousine. «
    Seine Miene verhieß nichts Gutes, doch sie befingerte ihr Amulett. »Vielleicht wäre es dir ja lieber, wenn ich Lyssandra ein paar von meinen Zaubertricks zeigen würde. Auch wenn ich, wie du weißt, meine Fähigkeit, Dinge verschwinden zu lassen, noch nicht ganz perfektioniert habe.«
    Lyssandra jubelte vor Begeisterung. »Oh, Zaubertricks finde ich noch schöner als Musik!«
    »Sing«, sagte Colin vollkommen tonlos. »Um Himmels willen, sing für uns, wenn du es nicht lassen kannst.«
    Zähneknirschend verfolgte er, wie seine Verlobte Tabitha in Richtung eines Hockers neben dem Podium geleitete. Doch falls er ein paar wehmütige Verse von »Sollte ich dich je verlassen« erwartet hatte, dann machte er sich besser auf eine Enttäuschung gefasst, dachte Tabitha boshaft.
    Begeistert von der Aussicht auf eine neue Darbietung ließen die Akrobaten ihre Pyramide zusammenstürzen, und die Tänzer kehrten an ihre Plätze zurück. In der Hoffnung, dass sie sich mit demselben Unterhaltungsniveau zufrieden gaben wie Colin, räusperte Tabitha sich, warf den Kopf in den Nacken und sang voller Inbrunst »Dein trügerisches Herz«. Sie wusste, dass ihr Vortrag ein Erfolg war - denn die Barden sahen einander verwundert an, zuckten die Schultern und fielen schließlich auf ihren Flöten in den Refrain mit ein.
    Als die Hochrufe und der Applaus nach einer Weile abebbten, bot sie eine spöttische Version von »Torn between two Lovers« und anschließend eine die Deckenbalken erschütternde
Version von »Who’s sorry Now?« Als sie wagte, zu Colin hinüberzublicken, stellte sie fest, dass er seinen Kelch so fest umklammerte, als hätte er Angst, andernfalls ihr den Mund oder sich selbst die Ohren zuzuhalten. Seinem mörderischen Blick zufolge sicher lieber Ersteres …
    Vielleicht hätte sie an dieser Stelle aufgehört, hätte nicht Lyssandra Colin einen zärtlichen Kuss auf die angespannte Wange gedrückt, der Tabitha heftiger schmerzte als die übliche Eifersucht. Also lehnte sie sich auf ihrem Hocker zurück wie in einer rauchigen Kneipe und sang mit leiser Stimme Nina Simones zu Herzen gehenden Klassiker »Die andere Frau«. Die Barden ließen ihre Flöten sinken, da die verführerische Intimität der sanften Melodie jede Mitwirkung verbot.
    Ihr Verlangen beraubte Tabithas Stimme jeden Spotts. Sie blickte Colin an, als wäre sie mit ihm allein, während die simplen Worte ausdrückten, was sie empfand. Er nippte erneut an seinem Bier und erwiderte reglos ihren Blick. MacDuff blieb nicht verborgen, was in diesem Augenblick geschah, während die sentimentale Lyssandra kristallklare Tränen der Rührung über ihre Wangen rinnen ließ. Arjon schob ihr schnaubend ein Taschentuch über den Tisch, sie schneuzte sich und gab es ihm, ohne auf seine Grimasse zu achten, zurück.
    Als die letzte Note des Liedes aus Tabithas Kehle drang, erhob sich Colin ruhig von seinem Platz. In diesem Augenblick hoffte sie vage, dass er über das Podium zu ihr herüberkommen, sie in seine Arme ziehen und aller Welt voll Stolz verkünden würde, sie wäre seine Frau.
    Stattdessen schnappte er sich seinen Krug, rückte seinen Stuhl zurück, durchpflügte die Menge und verließ den Saal, ohne sich auch nur einmal nach ihr umzudrehen.
Tabitha wälzte sich auf der weichen Matratze hin und her. Sie hatte das Gefühl, als würde sie von dem leichten Daunenbett erstickt, und keine Liegeposition war auch nur ansatzweise bequem. Zuletzt setzte sie sich auf und schlang ihre Arme um die Knie.
    Das Mondlicht, das durch die hübschen Buntglasfenster fiel, verlieh dem steinernen Boden einen sanften Rosaton. Zu rastlos, um herumzuliegen und über ihre Tragödie nachzugrübeln, kletterte Tabitha schließlich aus dem großen Bett und trottete in Richtung Fenster, wobei der Saum ihres ärmellosen Hemdes wehend über den Boden strich. Lyssandra war schockiert, als die neue Freundin im Hemd zu Bett ging - denn bei

Weitere Kostenlose Bücher