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Wille zur Macht

Wille zur Macht

Titel: Wille zur Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Schlosser
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ausgeschrieben worden. Haushaltsprobleme, erklärte der PP jedes Mal, wenn sie nachfragte. Aber nun fehlte einer im Team, der die Schnittstelle zwischen Gerichtsmedizin und ihr ausfüllen müsste, während die anderen die Ermittlungen am Tatort führten.
    „Erklären Sie ihm alles möglichst genau. Ich brauche heute Abend schon ein paar Fakten. Wann kann der Mann denn bei uns sein?“
    Von Sülzen überlegte. „Genaue Todeszeit geht nicht vor morgen Abend. Aber wenn es sich um bloße Gewalteinwirkungen handeln sollte, haben Sie heute Abend um neun Uhr schon einiges auf dem Tisch. Vorabbericht kommt dann morgen früh per E-Mail.“
    „Sie sind ein Schatz, von Sülzen“, freute sich Mechthild, die sich darüber im Klaren war, dass der Gerichtsmediziner eine Nachtschicht einzulegen gedachte. Anderenorts gab es Pathologen, die sich ziemlich streng an ihre vereinbarten Arbeitszeiten hielten und die Mordkommissionen warten ließen. Aber von Sülzen war glücklicherweise anders.
    Ayse Günher kam mit Harald Strehlow die Treppenstufen hinauf.
    „Im Haus war die Ratzenow die Einzige, die mit dem Toten näher Kontakt hatte. Die anderen hielten sich von ihm fern. Jedenfalls die, die wir sprechen konnten.“ Ayse blätterte in ihren Notizen. „Er passte irgendwie nicht so recht ins Haus.“
    „Er war nicht so spießig wie der Rest“, ergänzte Harald Strehlow.
    „Was ist mit Heller?“ wollte Ayse wissen.
    „Er hat gerade erst angefangen. Das kann noch dauern“, antwortete Mechthild. „Ich fahre jetzt zurück ins Büro. Ihr geht in die Nachbarschaft. Und wenn Heller fertig ist, kommt ihr mit ihm zusammen zurück. Meeting ist spätestens um 21 Uhr, okay?“
    Beide nickten. Mechthild ließ sich von Harald Strehlow die Autoschlüssel geben und verließ das Haus. Draußen auf dem Trottoir stand noch immer eine kleine Menschenmenge versammelt, deren Mitglieder neugierig in das Treppenhaus starrten, in der Erwartung, etwas Entscheidendes sehen zu können, über das sie dann später bei irgendeiner Gelegenheit erzählen konnten. Aufmerksame Blicke verfolgten Mechthild, bis sie mit ihrem Dienstwagen davonfuhr.
    Zurück im Polizeipräsidium tauchte sie gleich im Vorzimmer des Polizeipräsidenten auf und wünschte ihn zu sprechen. Noch immer war die Stelle des Leiters der Kriminalpolizei nicht besetzt worden, und der PP hatte kommissarisch diese Funktion inne. Bald, dachte Mechthild, würden sie alle mehr kommissarische Funktionen wahrnehmen, als ihre eigentlichen Jobs hergaben. Die bevorstehende Polizeireform, die von der Politik angekündigt worden war, wurde immer häufiger als Vorwand dafür genutzt, vakante Stellen nicht mehr zu besetzen. Und jedem Beamten war klar, dass es nicht um die Aufstellung einer organisatorisch schlagkräftigeren Behörde ging, sondern ausschließlich um die Durchsetzung von weiteren Sparmaßnahmen. Aber jetzt, im Wahlkampf, mochte keine der Parteien zugeben, dass es nicht die Haushaltsnotlage war, die sie trieb. Eifrig wurde von allen beteuert, dass es mit ihnen zukünftig wieder besser werden würde. Lediglich eine populistische Partei, die sich den wunderbaren Namen „Bremen nach vorn“ gegeben hatte, spielte ihr Spiel mit den Ängsten der Bürger, die sie heftig schürte, und versprach deutlich mehr Sicherheit auf den Bremer Straßen.
    „Sie können jetzt rein, Frau Kayser. Der Herr Präsident erwartet Sie schon“, sagte die Sekretärin wie immer in einem Stil, der den PP in alle Höhen hob und seine Autorität unterstreichen sollte. Dabei lag dem Polizeipräsidenten Ernst Logemann nur sehr wenig an einer solchen Abgehobenheit. Er war ein kluger, aber zurückhaltender Beamter, der lieber im Hintergrund und vor allem mit möglichst wenig Öffentlichkeit seine Behörde führte. Im engeren Sinne war er kein Polizeiführer, sondern ein klassischer Verwaltungsbeamter, der die Tücken kannte, aber auch die Macht des Verwaltungsrechtes in seinem Apparat zu nutzen wusste.
    Mechthild trat in das von dunklem Holz dominierte Büro ein.
    Der PP kam ihr schon entgegen. „Ah, Frau Kayser. Ich habe schon ein wenig vom Dauerdienst gehört. Ist ja eine schreckliche Geschichte.“
    Ernst Logemann schätzte die Leiterin der Mordkommission. Schließlich hatte er sie gegen alle Widerstände männlicher Bewerber zu dieser gemacht, und ihre Erfolge hatten gezeigt, dass seine Wahl die richtige gewesen war. Er hielt sie für fähig, auch noch größere Aufgaben übernehmen zu können und hoffte, sie während

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