Willküra (German Edition)
Blende, damit das geht, das werde ich mal prüfen«, murmelte sie und wurde dann wieder präsent.
»Und außerdem lasse ich die Grenzen mit Sensoren ausstatten. Erst mal natürlich die Grenzen der Stadt, die müssen wir ja ohnehin abgrenzen wegen der Milieuänderung, die ich vornehmen lasse, um das Volk schneller verfallen zu lassen, und dann grenze ich natürlich auch die Staatsgrenzen ab. Ich habe das Gefühl, die unüberwindbaren Staatsgrenzen sind gar nicht mehr so unüberwindbar.«
Sie erinnerte sich an die schönsten zwei Tage ihres Lebens, als sie General Faulidös kennen gelernt hatte und sie sich ewiges gemeinsames Zukunftsstreben versprochen hatten.
Schluss mit Nostalgie, riss sie sich zusammen.
»Das Willkürherrschaftliche Schloss bekommt auch noch eigene, spezielle Sensoren. Die Sensoren habe ich bereits anbringen lassen, sie werden ab Mitternacht aktiv sein, dann weiß ich sofort, wer und wie viele von wo her kommend die Grenzen überschreiten. Und wer wo wie wann durch den Staat läuft. Das sind Sensoren, die können auf Grundlage irgendwelcher Daten, die sie aus der Luftverdrängung berechnen, oder so ähnlich, Bilder generieren. Signalfänger nennt man die Dinger. Man braucht da heutzutage keine Kameras mehr, hab ich mich beraten lassen.«
»Von wem, Willküra?«, fragte Fürchtedich IX., den das wirklich interessierte, denn aus dem Volk konnte so was bestimmt keiner wissen, General Faulidös traute er so ein Wissen nicht zu, und hier im Schloss gab es sicherlich auch niemanden, der sich damit auskannte.
»Ist doch egal, wir brauchen auch unsere kleinen Geheimnisse voreinander«, sie küsste ihm auf die Wange.
»Also, neue Umgebung zur schnelleren Evolution, Sender im Körper und Signalfänger – Willküra wird bald die Herrscherin über Raum und Zeit!«
Sie schaute Fürchtedich IX. wieder an und war enttäuscht, dass er nicht genauso enthusiastisch war, wie General Faulidös es immer gewesen war. Vielleicht sollte sie mal den Chef von der ERGA kennen lernen, das könnte der nächste, höhere Plan werden, dachte sie, und freute sich, dass es bei ihr nie einen Stillstand gab.
»Es ist alles vorbereitet, Fürchtedich IX. Morgen werde ich alle Veränderungen für die Stadt veranlassen. Heute werden sie also ihren letzten normalen Tag haben, da unten.«
Das Gehirn von Fürchtedich IX. lief auf Hochtouren. Er musste sich das alles merken.
Amanus und Raja waren in Gefahr, fiel ihm auf die Schnelle ein. Alle sind in Gefahr. Wenn wir das alles, was Willküra sich ausgedacht hat nicht schnellstens verhindern, sind wir alle bald unter ihrer Kontrolle.
Er dachte noch mal darüber nach, sie jetzt zu eliminieren. Ihren Hals zu packen und so lange fest zu drücken, bis sie leblos runter sinken würde.
Jetzt, hier, sofort, und alles wird gut in diesem Staat.
Er schaute ihren Hals an, seine Finger zuckten kurz. Doch dann musste er wieder feststellen, dass er einfach nicht der Typ dafür war.
Er wollte sie dann zumindest schnell loswerden, damit er handeln konnte, aber er durfte sich jetzt auf keinen Fall verraten.
»Und was hast du heute noch so vor, Willküra?«, fragte er, stand auf, streckte sich und ging wieder rüber zu den Bohnenpflanzen, bei denen er zuletzt gestanden hatte.
»Ich hab nachher noch einen Termin bei Dr. Triddl, damit er meine Gesundheit checkt, dann wollte ich noch ein Mal durch die Stadt spazieren, die zum letzten Mal so sein wird, wie ich sie seit der Kindheit kenne, und dann wollte ich mich noch ein bisschen um unsere Hochzeit kümmern. Was hältst du von nächster Woche?«
»Klingt gut, Willküra. Ist denn dein Bruder bis dahin zurück, Willküra? Vielleicht will er ja unser Trauzeuge sein, Willküra.«
»Ja, bestimmt ist er dann zurück. So lange dauern diese Treffen ja auch nicht«, sagte sie und erinnerte sich bei der Gelegenheit wieder daran, dass sie das Problem ‚Bruder’ ja auch noch lösen müsste.
Sie schnippte mit ihrem Finger.
Der Persönliche Assistent und TBGV kamen aus den Bohnenpflanzen heraus, und gingen hinter ihr her.
»PA, gib den Thesenschlägerinnen Bescheid, dass ich heute nicht mehr zu Ihnen stoßen werde. Sie sollen mich morgen über alles informieren, wenn ich sie wieder rufen lasse.«
Willküra verließ mit ihrer neuen Eskorte den Bohnengarten, hob weiter geradeaus gehend und ohne sich zurück zu drehen ihre Hand, und winkte Fürchtedich IX. zum Abschied.
71
Die Demonstration vom Faulen Staat lief auf allen drei Demonstratoren
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