Willküra (German Edition)
Beginn seiner Karriere. Er war Arzt geworden, um Menschen zu helfen. Um Leid zu lindern. Um Leben zu verlängern. Das wollte er am liebsten auch wieder tun: Helfen und Gutes tun. Und das Schlechte wollte er aus seinem Leben wieder eliminieren. Das war ihm genau jetzt klar.
Aber er traute sich nicht, Willküra zu widersprechen. Er hatte Angst vor ihr und er wusste nicht, was er danach machen sollte, wenn er jetzt seinen Gefühlen folgte und den Posten ablehnte.
Willküra würde ihn dann sicher nicht mehr heiraten, und sie könnten keine glückliche Familie werden. Und Willküra würde sicher dafür sorgen, dass er nicht mal mehr ein normaler Arzt sein könnte. Nicht hier am Hof, und auch nicht in der Stadt.
»Der zweite Grund, warum ich dich sehen wollte, ist nicht ganz so erfreulich. Zumindest nach herrschender Meinung nicht ganz so erfreulich«, unterbracht Willküra Dr. Triddls Gedanken. »Nach meiner letzten Untersuchung hast du mir ja gesagt, dass ich schwanger bin. Nun, ich habe mich dazu entschieden, dass du eine Abtreibung an mir vornehmen sollst.«
Dr. Triddl erstarrte. Doch Willküra änderte weder ihren Tonfall noch ihre beherrschende Art. »Du hast doch jetzt grad nichts anderes vor?!?«
Dr. Triddl begann innerlich vor Ekel, Scham und Angst zu zittern. Seine Ohren schienen sich mit heißer Watte zu füllen. Sein Atem setzte aus. Nie und nimmer würde er jetzt diese Abtreibung vornehmen. Wie konnte sie das so herzlos von ihm verlangen?
Er würde doch nicht sein eigenes Kind abtreiben!
Das konnte sie ihm nicht befehlen. Das nicht!
»Können wir das auch hier machen?«, fragte Willküra, schaute sich im neuen Arbeitszimmer um und zeigte auf den großen Tisch.
Dr. Triddl stand auf.
»Nein, das können wir nicht hier machen«, sagte er in seiner gewohnten Tonart und erstaunlich ruhig.
»Wo können wir es denn eben schnell machen?«, fragte Willküra und verkniff sich auch dieses Mal ihr zweideutiges Grinsen nicht.
Dr. Triddls Mund wurde ganz trocken, doch er konnte sich gerade noch zusammenreißen, seine Meinung noch zu äußern.
»Ich werde die Abtreibung gar nicht machen«, sagte er und schaute Willküra direkt in die Augen.
Sie lachte, als hätte er sich einen Spaß erlaubt. Aber Dr. Triddl ging schon langsam zur Tür.
»Du kannst nicht einfach weggehen, komm zurück und treib mir das Kind ab!«, bellte Willküra auf ihrer Forderung fast.
Dr. Triddl blieb stehen und drehte sich zu Willküra um.
»Wenn du es jetzt nicht sofort aus mir rausholst, dieses unerwünschte Kind, dann wirst du nicht der Leiter der NegEm-Initiative werden können!«, drohte sie ihm an. »Und auch sonst nichts anderes mehr an diesem Hofe!«
Dr. Triddl schaute Willküra an, ohne sie anzuschauen. Sie schaute zurück, als könne sie ihn mit ihrem Blick manipulieren und begann plötzlich dabei an ihren Fingernägeln zu kauen.
Dann zog sie die Hand plötzlich von ihrem Mund weg.
»Dann kannst du froh sein, wenn ich dich wenigstens unten in der Stadt noch etwas werden lasse, und dich nicht sofort eliminiere!«
Dr. Triddl war erschüttert. Er konnte doch nicht sein eigenes Kind abtreiben. Er starrte Willküra weiter an. Das konnte sie ihm doch nicht befehlen!
Er dachte nach.
Aber was sollte er sonst tun?
77
»Kommen wir jetzt zu unserem nächsten Planeten«, sagte der Leiter der Erfindungsabteilung in einer Hängematte liegend.
»Planet 346«, ergänzte der Leiter der Entwicklungsabteilung, der neben der Hängematte stand. »Rück mal ein Stück, ich möchte auch mit rein«, sagte er noch auswendig gelernt und merklich unspontan, und der Leiter der Erfindungsabteilung spielte, als komme ihm das ungelegen, bevor der nächste Film begann.
General Faulidös schlief, auch Jamel fielen immer wieder die Augen zu, der Willkürherrscher schaute mittlerweile eher aus Höflichkeit interessiert auf seinen Diamant, um, nach den vielen anderen, nun auch Planet 346 kennen zu lernen, und Gesandter 6574 schmunzelte über die Hängematten-Szene.
Er hatte sich im Vorfeld mit den beiden Leitern darauf verständigt, dass sie ein so vollständiges Bild wie möglich von der ERGA zeigen wollten, und deshalb viele Planeten, Staaten und Versuchswelten zeigen würden. Aber sie waren sich auch einig gewesen, dass sie nicht alles preisgeben müssten, und hatten deshalb einiges auch ausgespart.
Der Arbeiterplanet zum Beispiel war zwar innerhalb der ERGA sicherlich ein Prestigeprojekt, aber nach außen wollten sie sich damit nicht zeigen.
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