Wilsberg 15 - Wilsberg und die Malerin
Journalistin, die sich in Guber verbissen hatte. Sie wollte sogar ein Buch über ihn schreiben.«
»Wieso hatte und wollte?«
»Sie ist gegen einen Baum gefahren.«
Ein paar Momente lang verstärkte sich der im Café herumwabernde Gesprächsbrei zu einem bedrohlichen Rauschen.
»Ich weiß, was Sie jetzt denken«, sagte Olpitz. »Das war auch unser erster Gedanke. Aber die Polizei hat den Unfall untersucht. Es gab keinerlei Hinweise auf ein Fremdverschulden.«
Der Satz kam mir irgendwie bekannt vor.
Mein Handy klingelte. Es war Nora. »Lena sagt, dass man sie eingesperrt hat.«
»Wer?«
»Sie erinnert sich an zwei Männer.«
»Was wollten die Männer von ihr?«
»So weit bin ich noch nicht. Lena ist sehr müde und konfus.«
»Ich komme sofort.«
Tobias Olpitz schaute mich fragend an.
Ich steckte das Handy in die Tasche. »Möglicherweise habe ich bald Beweise.«
»Denken Sie an unsere Vereinbarung!«
Ich legte einige Euromünzen auf den Tisch und klopfte ihm zum Abschied auf die Schulter.
Bevor ich nach Marienthal fuhr, rief ich Stürzenbecher an. Wie vorauszusehen, war er von meinem Anliegen nicht begeistert.
»Willst du dir ihre Aussage entgehen lassen?«, fragte ich.
»Ihre Aussage ist nichts wert, solange sie in der Klinik liegt. Das weißt du genau, Wilsberg.«
»Aber wir bekommen vielleicht Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen.«
»Wir?«, höhnte er. »Ob Ermittlungen angestellt werden, entscheide ich immer noch selbst.«
»Komm schon! Für dich ist es nur ein kleiner Spaziergang.« Die Westfälische Klinik für Psychiatrie lag direkt hinter dem Polizeipräsidium.
Stürzenbecher grunzte und legte auf.
Der Hauptkommissar und ich trafen gleichzeitig vor dem pastellfarbenen Gebäude ein.
»Ich mache das nur dir zuliebe«, knurrte Stürzenbecher.
»Würde es dich nicht wurmen, wenn Simon Konrads Tod kein Unfall war?«
»Weißt du auch schon, wer ihn ermordet hat?«
»Hören wir uns doch erst mal an, was Lena Gessner zu sagen hat«, schlug ich vor.
Wir stiegen die Treppe hinauf und gingen über den Flur zu Lenas Zimmer. Ich klopfte.
»Herein!«, rief Nora.
Lena war noch schmaler und bleicher, als ich sie in Erinnerung hatte. Falls sie sich freute, mich zu sehen, ließ sie es nicht erkennen. Sie drehte sich wieder auf den Rücken und schaute apathisch zur Decke.
»Das ist Hauptkommissar Stürzenbecher von der münsterschen Kripo«, sagte ich.
Ihre Stimmbänder kratzten: »Scheiße. Was wird das hier? Eine Fete?«
»Wir möchten, dass Sie uns erzählen, was gestern passiert ist.«
»Das habe ich doch schon.«
Nora, die auf einem Stuhl neben dem Bett saß, beugte sich vor und streichelte die Hand ihrer Schwester. »Lena, es ist wichtig.«
Lena kaute auf ihrer Unterlippe.
»Erinnern Sie sich daran, dass Sie das Ateliergebäude am Hawerkamp verlassen haben?«, fragte ich.
»Ja.«
»Sie sind dann einem Wagen begegnet, einem blauen Kombi.«
Stürzenbecher warf mir einen wütenden Blick zu und zischte: »Wenn du ihr die Antworten vorgibst, kannst du es gleich vergessen.«
»Sind Sie in den Wagen eingestiegen?«, fragte ich.
»Nein.«
»Hat man Sie gezwungen, in den Wagen zu steigen?«
»Da war jemand hinter mir. Er hat mir irgendwas ins Gesicht gedrückt, so ein stinkendes Zeug. Mehr weiß ich nicht.«
»Waren Sie bewusstlos?«
»Muss wohl.«
»Und dann? Wo sind Sie aufgewacht?«
»In einem Keller. So einem scheißdunklen Raum.«
»Waren Sie allein?«
»Nein. Da waren zwei Männer.«
»Wie sahen die aus?«
»Weiß ich nicht. Ich hab doch gesagt, es war dunkel. Die haben mich mit einer Taschenlampe geblendet.«
»Was wollten die Männer von Ihnen?«
»Weiß ich nicht.«
»Bitte, Lena!«, beschwor ich sie. »Haben Ihnen die Männer Fragen gestellt?«
»Schon möglich.«
»Wonach haben die Männer gefragt?«
»Ich kann mich nicht erinnern.«
Ein junger Arzt kam herein. »Wer sind Sie denn?«
Stürzenbecher und ich stellten uns vor.
Der Arzt schüttelte genervt den Kopf. »So geht das nicht, meine Herren. Die Patientin braucht Ruhe.«
»Sag ich doch«, murmelte Lena.
Der Arzt öffnete die Tür. »Bitte verlassen Sie das Zimmer!«
»Nur noch zwei Minuten«, bat ich.
»Auf keinen Fall.« Er machte eine energische Handbewegung. »Die Schwester von Frau Gessner kann hier bleiben. Aber Sie beide müssen gehen.«
Auf dem Flur wurde der Arzt deutlicher: »Was Sie hier machen, ist unverantwortlich. Die Patientin in diesem Zustand mit Fragen zu bedrängen, gefährdet
Weitere Kostenlose Bücher