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Wind (German Edition)

Wind (German Edition)

Titel: Wind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Tim. Es hat meinem Bruder gehört, der vor fast zwanzig Jahren im Endlosen Wald umgekommen ist. Er hat es von einem Hausierer gekauft, und als ich ihn deswegen gescholten und einen Narren genannt habe, der leicht zu betrügen ist, hat er mich auf die Felder westlich der Stadt mitgenommen und mir vorgeführt, dass das Ding funktioniert. O Götter, dieser Krach! Meine Ohren haben noch stundenlang gesummt!«
    Sie zog eine Schusswaffe aus dem Beutel.
    Tim starrte sie mit großen Augen an. Bilder von Schusswaffen kannte er aus Büchern der Witwe, und der alte Destry hatte in seinem Wohnzimmer einen gerahmten Stich, der nach seinen Worten eine Flinte zeigte, aber Tim hätte nie erwartet, einmal ein Original zu sehen. Die Waffe war ungefähr anderthalb Handspannen lang, hatte einen Holzgriff und bestand im Wesentlichen aus mattgrauem Metall. Sie hatte ein Bündel mit vier Läufen, die von Messingbändern zusammengehalten wurden. Diese Läufe hatten einen quadratischen Umriss.
    »Damit hat er zweimal geschossen, bevor er die Waffe mir vorgeführt hat, aber sie ist seither nie mehr benutzt worden, weil er wenig später umgekommen ist. Ich weiß nicht, ob sie noch schießt, aber ich habe sie trocken aufbewahrt und jährlich einmal – an seinem Geburtstag – geölt, so wie er es mir gezeigt hat. Die Kammern sind voll, und es gibt fünf zusätzliche Kugeln. Sie werden Patronen genannt.«
    »Padrohnen?«, sagte Tim stirnrunzelnd.
    »Nay, nay, Patronen . Sieh her.«
    Sie gab ihm den Beutel, um beide von Arthritis entstellten Hände frei zu haben, und drehte sich dann in der Haustür zur Seite. »Joshua hat gesagt, dass eine Schusswaffe niemals auf einen Menschen gerichtet sein darf, wenn man ihn nicht töten oder verletzen will. Weil Waffen gierige Herzen haben, hat er gesagt. Oder hat er garstige Herzen gesagt? Nach all diesen Jahren weiß ich das nicht mehr so genau. Hier an der Seite gibt es einen kleinen Hebel … Sieh her …«
    Tim hörte ein Klicken, dann klappte die Waffe zwischen Lauf und Griff auf. Die Witwe zeigte ihm vier quadratische Messingplatten. Als sie eine aus der Kammer zog, in der sie steckte, sah Tim, dass sie in Wirklichkeit der Boden eines Projektils war – einer Patrone .
    »Wenn du schießt, bleibt die Messinghülse darin stecken«, sagte sie. »Du musst sie herausziehen, damit du nachladen kannst. Siehst du, was ich meine?«
    »Aye.« Er sehnte sich danach, die Patronen selbst anfassen zu dürfen. Mehr noch; er sehnte sich danach, die Waffe in der Hand zu halten und den Abzug zu betätigen und den Knall zu hören.
    Die Witwe klappte den Lauf wieder hoch (wieder mit diesem präzisen kleinen Klicken), dann zeigte sie ihm den Griff. Er sah vier kleine Hebel, die offenbar mit dem Daumen zurückgezogen werden konnten. »Das sind die Hämmer. Jeder zündet eine einzelne Patrone – falls das verfluchte Ding überhaupt noch schießt. Siehst du, was ich meine?«
    »Aye.«
    »Diese Art Waffe heißt Vierschüsser. Joshua hat gesagt, sie sei ungefährlich, solange die vier Hämmer unten sind.« Sie schwankte leicht, als hätte sie einen kleinen Schwindelanfall. »Einem Kind eine Waffe zu geben! Noch dazu einem, das in den Endlosen Wald will, um dort einen Teufel zu treffen! Aber was bleibt mir schon anderes übrig?« Dann sprach sie wie zu sich selbst: »Aber er wird nicht erwarten, dass ein Kind eine Schusswaffe hat, nicht wahr? Vielleicht gibt’s doch noch Weißes auf der Welt, und eine dieser alten Kugeln wird sein schwarzes Herz durchschlagen. Steck ihn in den Beutel, ja?«
    Die Witwe hielt ihm den Vierschüsser mit dem Griff voran hin. Tim hätte ihn beinahe fallen lassen. Er staunte darüber, wie schwer ein solch kleines Ding sein konnte. Und wie der Zauberstab des Zöllners es getan hatte, als er ihn über dem Wassereimer geschwenkt hatte, schien die Waffe zu vibrieren .
    »Die zusätzlichen Patronen sind in ein Baumwolltuch gewickelt. Mit den vieren in der Trommel hast du neun Schuss. Mögen sie dir nützlich sein, damit ich mich nicht auf der Lichtung dafür verfluchen muss, sie dir gegeben zu haben.«
    »Danke … danke -sai!« Mehr brachte Tim nicht heraus. Er steckte die Waffe wieder in den Beutel.
    Sie hielt sich mit beiden Händen den Kopf und ließ ein verbittertes Lachen hören. »Du bist ein Narr, und ich bin eine ebenso große Närrin. Statt dir den Vierschüsser meines Bruders zu bringen, hätte ich mit dem Besen kommen und ihn dir über den Schädel ziehen sollen.« Sie lachte noch einmal

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