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Wintersturm

Titel: Wintersturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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Geld zu sparen. Und Rob kehrte am nächsten Tag zurück und am übernächsten. Harmon machte ihn darauf aufmerksam, daß seine Frau sehr nervös sei und viel ruhen müsse und daß er ihr bitte fernbleiben möge. Aber Rob fand nicht, daß sie nervös war. Ängstlich, vielleicht, und eingeschüchtert. Er hatte sie zum Reden gebracht. Sie erzählte ihm, daß sie nach dem Tode ihrer Mutter einen Nervenzusammenbruch gehabt hätte. »Ich glaube, ich bin immer noch schrecklich niedergeschlagen«, sagte sie. »Aber ich werde ganz bestimmt wieder gesund. Den größten Teil meiner Medizin habe ich sogar abgesetzt. Mein Mann weiß das gar nicht. Er wäre wahrscheinlich böse. Aber ohne Medikamente geht’s mir viel besser.«
    Rob hatte ihr gesagt, daß sie sehr hübsch sei. Er wollte mal ein bißchen vorfühlen, denn allmählich glaubte er, daß er sie herumkriegen konnte. Es war doch klar, daß sie sich mit dem alten Harmon ganz schön langweilte und allmählich unruhig wurde. Er sagte, vielleicht sollte sie öfter ausgehen. Sie erwiderte: »Mein Mann hat für Geselligkeit nicht viel übrig. Er sagt immer, wenn der Tag vorbei sei, habe er keine Lust mehr, noch mit anderen Menschen zusammenzukommen – jedenfalls nicht, wenn er sich den ganzen Tag mit Studenten herumgeschlagen habe.«
    Das war der Augenblick gewesen, in dem er sich darüber klar geworden war, daß er einen Annäherungsversuch wagen wollte.
    Für den Morgen, an dem die Harmon-Kinder verschwanden, hatte Rob ein todsicheres Alibi. Er war in einer Klasse mit nur sechs Kommilitonen gewesen. Aber der Staatsanwalt hatte ihm erklärt, daß er ihm eine Anklage wegen Beihilfe anhängen werde, wenn er auch nur die Spur eines Beweises finden könnte, und daß er das mit dem allergrößten Vergnügen tun werde. Rob hatte einen Anwalt verpflichtet. Der Schrecken saß ihm in den Gliedern, und er wollte vermeiden, daß der Staatsanwalt in seiner Vergangenheit herumstocherte und etwas aus der Zeit herauskramte, in der er in Cooperstown in eine Vaterschaftsklage verwickelt gewesen war. Der Anwalt hatte ihm geraten, sich wie der ehrerbietige Student eines berühmten Professors zu verhalten; er wäre darauf bedacht gewesen, ihm einen Gefallen zu erweisen; er hätte versucht, sich von dessen Frau fernzuhalten, sie wäre ihm aber überallhin nachgegangen. Er habe es nicht ernst genommen, als sie davon sprach, daß sie die Kinder ersticken würde. Er hätte tatsächlich angenommen, daß sie nervös und krank sei, genau wie es ihm der Professor zuvor angekündigt hatte.
    Aber vor Gericht hatte es nicht so richtig geklappt. »Fühlten Sie sich zu dieser jungen Frau hingezogen?« fragte der Staatsanwalt aalglatt.
    Rob schaute zu Nancy hinüber, die neben ihrem Anwalt auf der Anklagebank saß und ihn mit leeren, ausdruckslosen Augen ansah. »Ich habe nicht in diesen Begriffen gedacht, Sir«, entgegnete er. »Für mich war Nancy Harmon die Gattin eines Lehrers, den ich sehr bewunderte. Ich wollte lediglich die Heizungsanlage in Ordnung bringen, so wie ich es ihm angeboten hatte, und dann in mein Zimmer zurückkehren. Ich mußte ein Referat schreiben, und überhaupt, eine überspannte Frau mit zwei Kindern ist einfach ›nicht mein Bier‹.« Es war diese Bemerkung gewesen, diese verdammte letzte Bemerkung, auf die sich der Staatsanwalt gestürzt hatte. Rob war klatschnaß geschwitzt, als das Verhör schließlich zu Ende war.
    Ja, er hatte gehört, daß die Frau des Professors eine hübsche Puppe war… Nein, es war nicht seine Art, aus freien Stücken seine Hilfe anzubieten… Ja, er sei neugierig gewesen, sie mal zu sehen… Ja, er hatte einen Annäherungsversuch gemacht…
    »Aber das war alles!« hatte Rob aus dem Zeugenstand gerufen. »Bei zweitausend Studentinnen an der Uni hatte ich es doch nicht nötig, mir Probleme aufzuladen.« Dann hatte er zugegeben, daß er zu Nancy gesagt hatte, er sei ganz verrückt nach ihr und würde sie gern verführen.
    Der Staatsanwalt hatte ihn voller Verachtung angeblickt.
    Dann las er aus der Gerichtsakte vor, wie Rob einmal von einem wütenden Ehemann verprügelt worden war – diese Geschichte in Cooperstown, als er in der Vaterschaftsklage benannt worden war.
    Der Staatsanwalt sagte: »Dieser Schürzenjäger war kein freundlicher Helfer. Er ging in jenes Haus, um sich an eine hübsche junge Frau heranzumachen, von der er gehört hatte. Er spielte mit ihr. Sein Erfolg war größer, als er es in seinen kühnsten Träumen erwartet hatte. Meine Damen

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