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Wintzenried: Roman (German Edition)

Wintzenried: Roman (German Edition)

Titel: Wintzenried: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Ott
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dafür gesorgt, dass außer der Welt der Salons so gut wie niemand erfährt, wo Jean-Jacques jetzt mit seiner Mätresse hingeht. Gegenüber den Mägden und Knechten, die für die beiden nun sorgen sollen, wurde nichts über ihre wahre Identität angedeutet oder, richtiger gesagt, gerade so viel, dass sie erst auf den Gedanken kommen mussten, es könnte mit diesen zweien etwas nicht stimmen.
    Durch schnurgerade Alleen geht es an endlosen Kornfeldern und Wiesen mit Mühlen und Schafherden vorbei, durch ein Land, das keine Berge und nicht einmal richtige Hügel kennt. Bei allem Glück der Einsamkeit, fürchtet Jean-Jacques, könnte man sich hier vielleicht doch ein bisschen zu verloren fühlen. So traulich die Namen der Winkel und Weiler auch klingen, und so beflissen der Kutscher immer wieder erklärt, dass man gerade durch den Rosentann oder das Tal der Heringe fährt, so wenig will Jean-Jacques sich vorstellen müssen, hier einmal zu sterben. Thérèse fragt schon gar nicht mehr, wohin es geht. Sie will nur endlich wieder einmal in einer Kammer schlafen, die sie nicht gleich am nächsten Morgen verlassen muss.
    Auf Schloss Trie geht es jedoch weit weniger ruhig zu, als Jean-Jacques auf der Fahrt hierher vermutet hat. An jeder Ecke lungert eine Köchin oder Spülmagd, ein Kammermädchen, Stallknecht oder Laufbursche herum, und von ihnen allen fühlt er sich von Anfang an beobachtet. Um vor ihren Blicken zu fliehen, streift er schon in der Früh in die Wiesen und Wälder hinaus. Abends sitzt er im Dorfwirtshaus, wo nach ein paar Tagen ein Gendarm auftaucht und von ihm wissen will, wer er ist. Er behauptet, ein Onkel von Prinz Conti zu sein und auf dem Schloss nach dem Rechten zu schauen. Kurz darauf kommt für ihn ein Brief aus Paris mit der Bitte, sich weniger auffällig zu verhalten und den Kaftan endlich zu Hause zu lassen.
    Ins Wirtshaus geht er von da an nicht mehr, sondern nur noch angeln. Am Abend kommt er meistens mit ein paar Fischen zurück und muss sich von Thérèse die immer gleichen Klagen anhören. Sie weiß genauso wenig wie in England, was sie hier den ganzen Tag mit sich anfangen soll. Die Mägde und Knechte gafften ihr ständig hinterher, behauptet sie, und auch Jean-Jacques ist überzeugt, dass Prinz Conti sie durch diese Leute überwachen lässt. Wenn er von seinen Wanderungen mit Gräsern und Blumen heimkehrt, fängt sofort das Gemauschel an. Eines dieser Weiber wollte ihm sogar eines Tages das Fischen verbieten. Die Teiche hier in der Gegend gehörten nicht ihm, wies sie ihn zurecht, als er mit zwei, drei Forellen heimkam. Auch kann es kein Zufall sein, dass der Prinz einen neuen Verwalter bestellt hat. Einen Mann, der ständig wissen will, was man für ihn tun kann, morgens, mittags, abends und sogar nachts, wenn Jean-Jacques beim Kerzenschein an seinen Notizen sitzt und er ihm unter dem Vorwand, noch einen Schluck Wein bringen zu wollen, hinterherspioniert. Seit er im Haus ist, flüstern Jean-Jacques und Thérèse nur noch miteinander, selbst im Bett. Wenn Thérèse sich immer wieder fragt, warum Prinz Conti eigentlich so genau wissen will, was sie beide hier draußen auf verlorener Flur treiben, obwohl ihm bestens bekannt ist, dass sie weder Geschwister sind noch Renou heißen, muss ihr Jean-Jacques stets von neuem erklären, dass es überhaupt nicht darum geht, etwas über sie beide herauszufinden, sondern darum, ihn in den Wahnsinn zu treiben.
    Und deshalb schickt er DuPeyrou einen Brief, in dem er ihn wissen lässt, dass hier alle hinter ihm her sind. DuPeyrou schreibt zurück: Ertragen Sie die Schmach und verhalten Sie sich unauffällig, damit die Leute nicht auch noch überall herumschreien, man könne es mit Ihnen nicht aushalten.
    Ein paar Tage lang versuchen Thérèse und Jean-Jacques zum Gesinde besonders nett zu sein. Jean-Jacques fängt an, sich bei allen nach ihrer Verwandtschaft zu erkundigen, und will wissen, ob sie mit ihrer Arbeit zufrieden sind. Was die Sache überhaupt nicht besser macht. Man schüttelt über ihn jetzt ganz offen den Kopf.
    Eines Abends schreit Jean-Jacques über den Hof, er wisse ganz genau, was hier los sei.
    Mit der Begründung, so könne es nicht weitergehen, bringt der neue Verwalter die beiden in einem Gebäude außerhalb des Schlosses unter und legt ihnen nahe, sich nur noch auf engstem Raum um das Haus herum zu bewegen.
    Jean-Jacques schreibt dem Prinzen: Man hält mich wie einen Gefangenen. Auch verweigert mir der neue Verwalter Obst und Gemüse. Ich

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