Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wir hatten mal ein Kind

Wir hatten mal ein Kind

Titel: Wir hatten mal ein Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
Vom Netzwerk:
habe?
    Haben Sie Geld besorgt, wie ich Ihnen gesagt habe? fragt die Frau dagegen.
    Geld, Geld … Sie werden Ihr Geld schon kriegen.
    Fleisch, Fleisch, äfft die Frau böse nach und steht hastig auf, Sie werden Ihr Fleisch schon kriegen.
    Die Emailleschüssel mit den Bohnen ist ins Fallen geraten, und nun liegen die Bohnen im Gartensand. Die Frau starrt etwas fassungslos auf das Ergebnis ihrer Arbeit. Da liegt unser Mittagessen, sagt sie.
    Und da soll es liegenbleiben! schreit Gäntschow. Es ist das dritte Mal in dieser Woche, daß wir Schnitzelbohnen haben sollen! Er trampelt wild auf den Bohnen herum.
    Sie sollen das nicht! schreit die Frau. Frau Gäntschow! Sehen Sie, was Ihr Mann …
    Aus dem Hause kommt langsam Christiane. Sie ist sehr |493| weiß, sie hat dunkle Schatten um die Augen. Sei nicht kindisch, Hannes, sagt sie ruhig. Geh jetzt spazieren.
    Die aufgeregten Gemüter der beiden haben sich sofort beruhigt. Sie sehen beide auf die Frau.
    Aber sagen Sie ihm, daß er nicht zu meinem Mann geht, sagt die Wirtin. Er hält ihn nur von der Arbeit ab, oder macht ihn wieder besoffen.
    Christiane lächelt: Also geh schon, Hannes, und tu, was die Häsin sagt. Deine Laune ist heute wirklich nicht erfreulich.
    Wie wenn ich ein Kind wäre, werde ich behandelt, murrt Gäntschow. Ich habe genau die Launen, die ihr verdient.
    Die du verdienst, mein Freund, verbessert Christiane. Also, lauf dich aus.
    Ich muß Geld haben, Frau Gäntschow, sagt die Wirtin entschlossen. Sie müssen was Vernünftiges zu essen kriegen in Ihrem Zustand, und ich kann nichts kaufen.
    Nun? fragt Christiane und sieht Gäntschow an. Wie steht es mit unserer Kriegs- und Wanderkasse?
    Wie steht es mit dem Schnee vom vorigen Jahr? fragt er zurück.
    Du mußt einsehen, Hannes, sagt Christiane nachdrücklich, daß Frau Haase Geld haben muß.
    Frau Haase hat zwei ganz gute Schweine im Stall, sagt Gäntschow böse. Sie kann das eine an den Fleischer verkaufen und das andere schlachten. Dann hat sie Geld, und wir haben Fleisch.
    Frau Haase sieht dunkelrot aus, wie ein Vulkan vor dem Ausbruch. Aber sie blickt nur auf Christiane.
    Ich fürchte, du überschätzt die Liebe der Menschen für dich, Hannes, sagt Christiane kühl. Wenn heute wieder kein Geld kommt, wirst du rauffahren müssen.
    Ich fahre nicht auf diese verdammte Insel, sagt er hitzig.
    Dann muß
ich
schreiben, sagt Christiane.
    Du? Nie! sagt er.
    Dann fährst du.
    Nie!
    |494| Also muß ich …
    Nein, du mußt nicht! schreit er. Frau Haase kann warten. Schämen Sie sich nicht, wenn Sie sehen, was Sie da anrichten?
    Ich mich schämen, sagt die Frau, Sie sich, wollten Sie sagen. Sie sind überhaupt kein Mann, Sie sind …
    Sie fahren alle herum, denn der Hofhund hat angeschlagen. Nun kommt der Briefträger den Gartensteig herunter. Er hat nur einen Brief für Frau Gäntschow.
    Kein Geld? fragt Gäntschow.
    Nichts sonst, sagt der Bote.
    Noch etwas mitzunehmen? Nein? Guten Morgen!
    Sie stehen alle und sehen auf den Brief, den Christiane in der Hand hält.
    Von Stupps, sagt sie erklärend und sieht nachdenklich auf die Adresse.
    Auch Gäntschows Gesicht ist nachdenklich geworden. Also, Tia, sagt er plötzlich sanft, ich fahre dann morgen.
    Er nickt ihr noch einmal zu und geht rasch aus dem Garten in den Wald. Er geht und geht. Er geht mit seinem großen, räumigen Schritt durch Schonungen und Hochwald. Er ist tief in Gedanken. Manchmal bleibt er wohl stehen und sieht einem Specht zu, der mit seinem Hämmern das Gewürm im morschen Baum freßreif erschreckt. Aber er sieht es doch nicht, sondern denkt immer weiter nach.
    Er hat heute nacht im Traum eine Sandgrube gesehen, in dieser Sandgrube liegt etwas, das für ihn bestimmt ist, das dort für ihn niedergelegt ist, und nun überlegt er, welche Sandgrube es wohl sein könnte. So geht es ihm jetzt, er ist zum erstenmal in seinem Leben beschäftigungslos, da fallen ihm solche Dinge ein. Er träumt von ihnen sogar.
    Er kennt sie, diese Sandgrube aus dem Traum. Er hat sie bestimmt schon einmal gesehen, mit ihren Ginsterbüschen am abgebrochenen Rand und der Krüppelkiefer rechts – aber er weiß nicht mehr, wo er sie gesehen hat. Nun, das wird er schon herausbekommen. Vielleicht ist es wirklich die Grube bei der Försterei. Davon will er sich jetzt überzeugen. Aber |495| vielleicht ist es auch eine ganz andere Sandgrube, in einem ganz andern Lande: es war nicht nur der Brief von Stupps, der ihn so rasch die Reise hatte versprechen lassen.
    Wie er da so

Weitere Kostenlose Bücher