Wo der Elch begraben liegt
Hause und passt den ganzen Tag auf meinen Vater und meine Geschwister auf. Und was bekommt sie dafür? Nur Dreck. Ich will nicht wie mein Vater werden, ich will nicht wie meine Mutter werden, und ich will auch nicht wie meine Kumpel werden. Aber wie kann ich meine Art zu leben finden, wenn ich diese altmodische Art jeden Tag vor Augen habe? Deshalb musste ich weg. Eine Anzeige, und so bin ich hier gelandet.«
» Hast du den Kiosk gekauft, ohne ihn dir vorher anzusehen?«, fragte Frida.
» Ich hab ihn ja auf dem Foto gesehen.«
» Ja, aber trotzdem. Dass du dich das getraut hast…«
» Ich konnte einfach nicht anders.«
» Und wovon lebst du jetzt? Sieht ja nicht gerade aus, als gäbe es hier großen Andrang.«
» Ich mache das in erster Linie aus sozialen Gründen. Ich hoffe, dass hier im Frühjahr etwas mehr Trubel ist. Aber ich kann ja auch nicht den ganzen Tag schweigen. Ab und zu muss ich mich mal mit jemandem unterhalten.«
» Aber wie finanzierst du das?«
Dani lachte etwas verlegen. »Auf jeden Fall nicht mit wahnsinnig tollen Entdeckungen in Chemie. Online-Poker. Wenn man erst mal die Wahrscheinlichkeitsverteilung begriffen hat, ist es ziemlich leicht, gutes Geld zu verdienen. Und ich habe so gut wie keine Ausgaben.«
Dani erging sich in einer langen Erklärung, wie man aufgrund der Wahrscheinlichkeitsverteilung ahnen konnte, welche Karten die Mitspieler hatten, und wie man berechnen konnte, welche Karte voraussichtlich als nächste kommen würde. Frida verstand nicht viel, doch er schien den Durchblick zu haben.
» Wie viel gewinnt man dabei?«
» Verschieden. Manchmal dreißigtausend, manchmal hunderttausend. Manchmal auch mehrere Wochen lang gar nichts. Aber ich komme klar.«
» Was musstest du für den Laden hier bezahlen?«
» Fast gar nichts. Ich habe meine Einzimmerwohnung in Södertälje verkauft, gleich nachdem sie in eine Genossenschaftswohnung verwandelt wurde, und das reichte dann für den Kiosk, ein Haus und einen großen Garten, wo ich was anbauen und meinen Grill hinstellen kann. Klingt das nicht unglaublich? In gewisser Weise ist es ein Traum. Ein bisschen ab vom Schuss, aber immerhin.«
» Wohnst du ganz allein in dem Haus?«
» Wer sollte da sonst noch wohnen? Aber ich werde mir eine Katze anschaffen, zur Gesellschaft und für die Mäuse.«
» Wird das nicht zu einsam?«
» Ich hatte hier gestern einen Kunden, und heute bist du hier. Und über die Computer habe ich Kontakt zu Menschen in aller Welt. Ich komme schon zurecht. Aber ich sehne mich nach dem Frühling, dann kann ich endlich die Luke aufmachen.«
Sie redeten noch eine Weile, und Frida einigte sich mit Dani darauf, welche Teile der Geschichte in den Artikel kommen sollten. Sie hatte ihren Ansatz klar vor Augen: Dani tauschte Studium in der Großstadt gegen Kiosk in Bruseryd. Frida machte ein Bild, auf dem er sich mit einer Espressotasse in den Händen aus der Luke lehnte. Frida bedankte sich und machte sich auf den Weg.
Dani rief ihr hinterher: » Wann kommt der Artikel in die Zeitung?«
» Morgen. Dann kannst du ihn lesen.«
» Komm doch dann vorbei und iss Kebab mit mir. Meine Gefriertruhe ist voll davon.«
» Vielleicht«, rief Frida und bahnte sich ihren Weg durch den Schneematsch.
Draußen war es dunkel geworden. Frida hatte in der Redaktion angerufen, um sich zu vergewissern, dass das Material angekommen war. Annika hatte etwas säuerlich geantwortet, dass es wirklich toll war, wie schnell sie arbeitete. Frida war sich blöd vorgekommen. Sie hatte doch nur versucht, alles richtig zu machen. Immerhin hatte Mats zufrieden gewirkt, als er den Hörer übernahm. Frida hatte sich auf Kritik und Änderungen eingestellt und war sehr erstaunt, dass ihr Text ohne Weiteres durchgewunken wurde.
Auf der Schule hatten ständig Horrorgeschichten von Praktikanten kursiert, deren Artikel bis zur Unkenntlichkeit umgeschrieben wurden, oder anderen, deren Artikel gar nicht erst herauskamen. Frida hatte mit einer gewissen Erleichterung festgestellt, dass sie die erste schwierige Hürde– veröffentlicht zu werden– genommen hatte.
Sie lief hinunter zu Agnes, die eine Weile mit dem Essen gewartet hatte, damit Frida es rechtzeitig schaffen konnte. Das Essen war jedoch kalt geworden. Frida verspürte ein schlechtes Gewissen und hatte sich schon verschiedene Möglichkeiten ausgedacht, wie sie die Verspätung wiedergutmachen könnte, doch Agnes schien nicht im Mindesten verärgert oder enttäuscht.
Sie aßen Frikadellen mit
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