Wo der Elch begraben liegt
ging hinunter zu Agnes, die den Tisch vor dem Fernseher mit zwei Kaffeetassen gedeckt hatte. Die wohlbekannte Stimme der Nachrichtensprecherin Katarina Sandström hatte eine beruhigende Wirkung.
» Haben Sie heute in der Zeitung meine Reportage gesehen?«, fragte Frida nach der Wettervorhersage, die weiterhin Bewölkung und Temperaturen um null Grad ankündigte.
» Aber ja. Ich habe sie sogar gelesen. Es war interessant. Ich habe den Mann noch nie gesehen. Kebab im Frühling ist vielleicht gar nicht so schlecht. Das habe ich noch nie probiert.«
» Ich dachte, hier auf dem Land hätten die Menschen immer einen Adlerblick aufeinander.«
» Das war vielleicht früher einmal so, aber jetzt gibt es ja keine Treffpunkte mehr. Wir haben keine Läden, kein Postamt, kein Café… Vielleicht wäre es anders, wenn alle einen Hund hätten«, sagte Agnes.
» Dann könnten alle zu einer bestimmten Zeit über die Landstraße spazieren und sich einen guten Tag wünschen, meinen Sie das?«
» Ja. Das wäre doch nett, oder?«
Im Fernsehen lief das Nachrichtenmagazin Uppdrag granskning. Die Sendung befasste sich mit dem schwedischen Mobilfunknetz und hinterfragte, wieso sich bestimmte Landesteile mit einem so schlechten Empfang begnügen mussten. Alle Befragten waren aufgeregt und wütend.
» Wissen Sie was von dem Mann, der in dem roten Holzhaus auf der anderen Seite des Ackers wohnt?«
» Wohnt da jetzt jemand? Das wusste ich gar nicht. Das Haus hat lange leer gestanden. Wer ist er denn?«
» Agnes? Hallo? Ich bin doch diejenige, die hier neu ist«, sagte Frida und lachte.
Als es an der Zeit war, wieder auf den Dachboden zu klettern, fragte Frida, ob Agnes sich vielleicht vorstellen könnte, am Wochenende mit ihr zu kommen und einen Blick auf das Sommerhaus zu werfen.
» Ich dachte schon, Sie würden mich nie fragen«, entgegnete Agnes lachend.
Frida hatte endlich das Gefühl, dass alles stimmte, als sie rechtzeitig vor Beginn der Redaktionskonferenz den weißen Volvo in Richtung Eksjö lenkte. Sie winkte, als sie an Gunnel auf ihrem Stein vorbeikam, und Gunnel hob zumindest andeutungsweise die Hand zu einer Art Geste.
Um Viertel vor zehn klingelte das Handy. Die Nummer auf dem Display kam Frida bekannt vor.
» Hallo Frida. Hier ist Harriet. Läuft alles gut?«
» Ja, danke. Ich bin gerade auf dem Weg zur Redaktionskonferenz in Eksjö. Wie geht es Ihnen?«
» Ach, lassen wir das lieber. Aber ich habe gesehen, was Sie gestern zustande gebracht haben. Wirklich gut. Schön, einen Iraker im Ort zu haben. Ich hätte diesen Job wohl schon vor langem machen sollen, aber gut, dass Sie es jetzt getan haben… Es tut mir leid, dass ich nicht da sein und Sie anleiten kann. Das ist mir alles sehr peinlich, aber mit einigen Dingen wird man manchmal einfach nicht fertig.«
» Kein Problem«, sagte Frida. » Ich komme schon klar.«
» Aber«, warf Harriet ein, » heute gab’s überhaupt nichts aus Bruseryd in der Zeitung. Wie kommt das denn?«
» Åke hat gesagt, dass Inger eine Anzeige verkauft hat und das für heute so in Ordnung war.«
Plötzlich veränderte sich Harriets Stimme und klang metallisch und scharf. »Verstehen Sie, was passiert, wenn man so ein Verhalten der Redaktionsleitung akzeptiert? Bruseryd einfach ignorieren? Wenn Sie das ein paar Tage so machen, stirbt die kleine Redaktion, und ich habe dann keinen Job, zu dem ich zurückkehren kann. Was glauben Sie, wie ich mich da fühle? Denken Sie, dass ich wieder gesund werden kann, wenn ich befürchten muss, den letzten Fixpunkt in meinem Leben zu verlieren?«
» Das verstehe ich, aber Åke ist nun mal mein Chef«, antwortete Frida und verspürte ein unbehagliches Gefühl. » Ich muss doch tun, was er sagt, oder?«
» Wenn ich nur nicht durch Sie meinen Job verliere!«
» Ich werde natürlich mein Bestes geben. Ganz bestimmt…«
» Selbstverständlich werden Sie das tun. Verzeihen Sie bitte, wenn ich mich hier so aufrege«, sagte Harriet, jetzt wieder mit sanfter Stimme. » Ich bin sonst nicht so. Ich bin nur sehr unruhig. Es wird schon alles gut werden. Grüßen Sie alle in der Redaktion. Schönen Tag noch.«
Frida war nach dem Gespräch völlig erschüttert. Harriet schien ziemlich labil zu sein. Einen Moment lang hatte sie das Gespräch als wirklich unangenehm empfunden. Sie versuchte, den Gedanken daran abzuschütteln und sich darauf zu konzentrieren, dass sie jetzt auf dem Weg in die echte Zeitung war. Endlich eine Redaktion, ein Arbeitszusammenhang
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