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Wo der Elch begraben liegt

Wo der Elch begraben liegt

Titel: Wo der Elch begraben liegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carin Hjulstroem
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ist. Das möchten Sie bestimmt wissen, oder? Also, hier steht: Orte mit weniger als hundert Einwohnern und einer negativen Bevölkerungsentwicklung werden bis auf Weiteres von der Karte genommen. Das müsste dann auch auf die Ortschaft zutreffen, von der Sie gesprochen haben. Die entfällt also bis auf Weiteres.«
    » Entfällt bis auf Weiteres? Das klingt ja ziemlich merkwürdig, muss ich sagen«, entgegnete Frida. » Können Sie mir das Dokument zumailen?«
    » Wenn Sie da draußen Internet haben, sollte das kein großes Problem sein«, gurrte Harald und versuchte lustig zu klingen.
    » Wer ist denn für diesen Beschluss verantwortlich? Können Sie das erkennen?«, fragte Frida.
    » Hier steht kein Name, nur die Bezeichnung einer Projektgruppe. Aber da sollte doch auch ein Projektleiter angegeben sein… Nun, den Namen hätte man schon kenntlich machen können. Ich gehöre ja hier nur zum Fußvolk, wie man so sagt.«
    » Wenn Sie da einen Namen und eine Durchwahl hätten, wäre ich sehr glücklich.«
    » Wie schön, dass ich mal eine Frau glücklich machen kann. Das gehört sonst nicht zu meinen Angewohnheiten, wenn ich mal so sagen darf«, erwiderte Harald und kicherte.
    » Sie haben mir wirklich sehr geholfen«, sagte Frida und beendete das Gespräch mit der Angabe ihrer Mail-Adresse in der Redaktion in Bruseryd.
    Frida saß eine Weile still da und rekapitulierte, was sich aus diesem Gespräch ergeben hatte. Sie überprüfte, ob sie auch alles richtig auf ihrem Block notiert hatte. Dann holte sie das Telefonbuch von Småland und schlug den Kartenteil auf. Es sah aus wie eine ganz gewöhnliche Landkarte. Jeder größere Ortsname war verzeichnet. Auch Bruseryd. Doch der sollte nun entfernt werden. Durch einen Projektgruppenbeschluss zu einem grafischen Profil würde jetzt also eine über fünfhundert Jahre alte Ortschaft ausradiert werden. Das war wirklich eine klasse Nachricht. Schlecht, aber klasse. Frida kramte ihre Sachen zusammen, legte ihren Mantel über den Arm und lief mit hastigen Schritten über den Marktplatz zur Pizzeria.
    Åke, Mats und Inger hatten schon fast aufgegessen, als Frida ihre Pizza bekam. Mit großer Zufriedenheit konnte sie sagen, dass sie von einem Arbeitstelefonat aufgehalten worden war. Bis dahin hatte sie gar nicht verstanden, welche Selbstbestätigung darin lag, eine feste Aufgabe zu haben. Nun spürte sie, dass ihre kleine, traurige Plattform dennoch eine gewisse Sicherheit und Identität für sie bereithielt, etwas, von dem sie ausgehen konnte und das sie vielleicht sogar verteidigen musste.
    Als die Capricciosa halb aufgegessen war, nutzte sie die Gelegenheit, von dem Gespräch mit Cartago zu erzählen, und befragte die anderen zu den Bevölkerungszahlen in der Gemeinde allgemein und in Bruseryd im Besonderen.
    » Zumindest gehen die Zahlen nicht nach oben«, sagte Mats.
    » Wieso ist das eigentlich so geworden?«, fragte Frida.
    » Wie kehrt man einen Strom um?«, erwiderte Mats.
    Eine weitere Gruppe betrat das Lokal und setzte sich an den Tisch nebenan. Stühle scharrten, und Jacken raschelten.
    » Du siehst doch selbst, wie das ist. Ich bin dort aufgewachsen, und nichts auf der Welt könnte mich dazu bringen, dorthin zurückzugehen.«
    » Aber soll das einfach immer so weitergehen? Müsste die Kommunalverwaltung nicht etwas unternehmen?«
    » Was sollen die machen? Die Leute zum Vögeln zwingen?«, sagte Mats scherzend und lachte.
    » Das Einzige, was den Ort retten könnte, wäre eine Industrieansiedlung, aber dazu braucht man neue Infrastruktur und neue Straßen. Und dafür fehlt definitiv das Geld«, sagte Åke.
    » Also soll der Ort langsam aussterben?«, fragte Frida.
    » Haben Sie einen anderen Vorschlag?«, entgegnete Åke.
    » Die Leute sind doch sonst immer so gut, wenn ’s ums Protestieren geht. Hier stirbt eine ganze Ortschaft, und niemand sagt etwas.«
    » Was sollen die denn sagen?«, fragte Mats. » Hilfe?! Wer sollte da zuhören? Wer sollte was ändern?«
    » Aber einfach aufgeben?«
    » Mein Vater hat im Metallwerk gearbeitet«, sagte Inger. » Da haben damals mehrere hundert Menschen ihr Geld verdient. Dort wurden immer Leute gebraucht. Ein starker junger Mann konnte im Werk anfangen, und die Frauen arbeiteten in den Büros. An den Sonntagen standen die Männer im Bach und angelten. Einmal im Monat gab es samstagabends Tanzunterhaltung. Es gab Läden, ein Restaurant, ein Café, ein Tuchgeschäft, eine Konditorei. Es war eine fantastische kleine Ortschaft.
    »

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