Wo die Toten ruhen - Psychothriller
Türschlössern passen.«
»Das kann doch nicht alles sein.«
»Es reicht jetzt.«
Kat hatte das Gefühl, sie wären beinahe in eine Sackgasse geraten und hätten gerade noch die Kurve gekriegt. Auch Ray wirkte erleichtert - er pfiff jetzt kaum hörbar vor sich hin. Sie beschloss zum tausendsten Mal, sehr genau auf sämtliche Körperöffnungen zu achten. Bewach den Mund, bewache … uuh … bewache alle Öffnungen, lautete der Auftrag. Sie trug ein Geheimnis mit sich herum. Ein Geheimnis, das ihr Liebesleben betraf und von dem sie Ray trotz aller Verlockung nichts erzählen würde.
»Ich glaube, er hieß Pablo«, sagte Ray plötzlich. »Natürlich könnte ich das auch erfinden, um dich weiter von der Fährte abzubringen.«
»Okay. Baños Calientes, wir kommen!«, antwortete sie bewusst vorsichtig. »Wir haben noch ein paar Stunden, bevor wir umkehren und zur Polizei fahren müssen. Wie weit sind wir von Topanga entfernt?«
»Zweieinhalb, knapp drei Stunden, kommt auf den Verkehr an. Ich bringe uns zurück.«
Hinter ihnen ragten die San Jacinto Mountains auf, deren zerklüftete Spitzen wie Vampirzähne in den Himmel stachen. Blöcke von Sedimentgestein tauchten auf. Auf einem sanften Hügel
war etwas zu erkennen, das eine Siedlung sein konnte - flache undefinierbare Gebäude, Wohnwagen, eine Oase aus Weiden.
Um halb fünf am Nachmittag erreichten sie die Siedlung. Auf einem Telefonmast hockte ein junger Falke, seine Federn bewegten sich kaum; Frauen in Sonntagskleidern standen plaudernd auf dem Parkplatz des Trading Post, der eigentlich eher ein Lebensmittelgeschäft war; ein zäher alter Mann mit wei ßem Hut und in speckiger Jeans tankte an der Zapfsäule seinen Range Rover voll. Ray parkte. Er sperrte das Auto mit einem Klick der ferngesteuerten Zentralverriegelung ab. Kat folgte ihm in das Geschäft.
Neben Gestellen mit Ködern fanden sich frische Lebensmittel, verschiedenste Kräuter und vor allem Unmengen an Gewürzen. Offenbar wurde hier sehr viel mit Gewürzen gekocht. Auch seltene Bierteigsorten gab es und ungewöhnliche Saucen aus besonderen Wurzeln. Anders als in den Lebensmittelläden in Hermosa Beach waren die Gänge hier nicht mit Plastikrasen ausgelegt oder mit Halogenscheinwerfern beleuchtet, um die Illusion eines Gourmettempels zu erzeugen. Dieses Geschäft erinnerte sie an eines aus ihrer Kindheit in Whittier, am Fuß des Hügels die Franklin Street hinunter, das sie als Kinder »kleinen Laden« genannt hatten.
Muffige Süßigkeiten in modrigen Körben schmückten das Regalbrett vor der Verkaufstheke. Ansonsten gab es Artikel für den täglichen Bedarf zu kaufen - Toilettenpapier, Tampons, Erdnussbutter -, die sich problemlos bis unter die schwarz gestrichene Decke stapelten.
Ein Kaugummi kauender Teenager saß hinter der Kasse. Ray tat gar nicht erst so, als wolle er etwas kaufen, sondern fragte direkt: »Ist Pablo da?«
Intensives Kauen. Der Kaugummi ploppte. Einmal, ein zweites Mal.
»Hab ihn heut noch nicht gesehen.«
»Ich muss mit ihm sprechen.«
Der Junge starrte ihn völlig teilnahmslos an.
»Ich kenne ihn«, sagte Ray.
»Wer sind Sie?«
»Ich heiße Ray Jackson. Meine Frau heißt Leigh. Leigh Jackson.«
Der Kaugummi ploppte erneut. Der Junge nahm einen schmutzigen Lappen und wischte die Kasse ab. Sie war noch immer etwas fleckig, also spuckte er auf den Lumpen und wischte noch einmal darüber. »Ich kenne Sie nicht.«
»Sie haben meiner Frau Manzanita verkauft.«
Sein trüber Blick hellte sich kurz auf. »Kommt mir irgendwie bekannt vor.«
»Sie baut Möbel, und manchmal nimmt sie Manzanita als Basis für Glastische.«
»Es wächst wild hier draußen.«
»Ja.«
»Er stiehlt es nicht, müssen Sie wissen.«
»Niemand hat das behauptet.« Als der Junge sich daran machte, Zeitungen glatt zu streichen, meinte Ray ruhig: »Es ist ja nicht so, als würde er Drogen verkaufen.«
»Das würde er nie tun.«
»Ist er da?«
»Nein. Möchten Sie etwas kaufen?«
Kat hatte eine Handvoll verschiedener Süßigkeiten zusammengesucht. Sie breitete sie vor dem Jungen aus. Ray sah die Schokoriegel an und meinte: »Das ist nicht dein Mittagessen.«
»Nein, das Mittagessen habe ich versäumt. Dies ist ein frühes Abendessen.«
Der Junge grinste blöde und ließ ein paar Goldzähne blinken. Er tippte und brachte die Kasse zum Klingeln.
»Wo können wir Pablo finden?«
Tipp, tipp tipp - kling. »Pablo ist mein Großvater. Möchten Sie Manzanita kaufen?«
»Vielleicht.«
»Wir
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