Wo die Toten ruhen - Psychothriller
Pool, der von innen nach außen geht, und wir entwerfen ihn. Die Partys werden nie enden.«
Der potenzielle Kunde setzte seine Brille ab und polierte sie mit einem blitzsauberen, gebügelten Taschentuch.
Das heißt Nein, dachte Ray bei sich, ist aber kein Grund zur Sorge. Martin war Herr der Lage. »Oder einen japanischen Garten mit aus Kyoto importierten Kiefern und Nephritbrocken von der Küste von Big Sur. Auch das liefern wir.«
Der Bart bewegte sich, als sei der Typ kurz davor zu lächeln. Bingo. »Ein Teehaus«, schwärmte Martin. »Wabi-Sabi-Wände, goldener Bambus. Kieswege. Frieden. Ein wunderbares Torii-Tor. Wir können Ihnen das bauen.«
»Ich wollte schon immer die Tempel in Kyoto besuchen.«
»Sie könnten dort nach besonderen Accessoires für Ihren Garten schauen. Oder nach Teeschalen. Ich kenne einen Händler in der Ginza, der Schalen aus dem achtzehnten Jahrhundert aus einem Zenkloster hat. Ich rufe ihn an. Sie werden Ihre Nachbarn schwer beeindrucken. Nicht dass Ihnen das wichtig wäre.« Nun hatte Martin ihn wohl endgültig auf seiner Seite, der zuvor vorsichtige und skeptische Mann nickte ihm begeistert zu.
Martin war kein begnadeter Architekt, aber ein begnadeter Menschenkenner. Ray wohnte solchen Sitzungen mit Kunden oft ehrfürchtig bei. Diese Leute tanzten mit Martin, und sie tanzten nach Martins Musik, wie gewöhnlich oder unrhythmisch sie auch sein mochte.
»Sehen Sie, ich weiß, dass Sie auch mit einigen anderen Büros gesprochen haben. So macht das der kluge Geschäftsmann, und Sie haben Köpfchen, das weiß jeder. Bei solch einer Investition müssen Sie natürlich vorsichtig sein. Doch jetzt kommt das, was wir Ihnen geben können und die anderen nicht.«
Ray brannte darauf zu hören, was das wohl sein mochte.
»Die Chance, Gott zu spielen.«
Eine Augenbraue wurde leicht nach oben gezogen.
»Die Chance, Ihr eigenes privates Universum zu schaffen. Sie sind Teil der Schöpfung, bei jedem einzelnen Schritt.«
Der Typ kaufte Martin diesen kompletten Unsinn tatsächlich ab. Als Nächstes legte Martin dem Kunden diverse Papiere und Unterlagen vor, redete ihm, während er brav unterschrieb, gut zu und gluckste in sich hinein wie ein kleines Kind.
»Wie kommt es, dass er ein solches Glückskind ist?«, fragte Martin, nachdem der Regisseur gegangen war.
»Als ich das letzte Mal zugeschaut habe, hast du deine Sache gut gemacht.«
»Ja«, sagte Martin. »Danke, dass du gewartet hast. Ich warte nur äußerst ungern, und ich weiß, dass es dir nicht anders geht.«
»Nein, es ist ein seltenes Privileg, so aus nächster Nähe beobachten zu können, wie ein Seelöwe einen Otter verschlingt. Die Natur von ihrer bestialischsten Seite.« Ray schaute auf die Uhr. »Ich hab’s eilig. Ich muss los.«
»Was gibt’s?«
»Ich habe in ein paar Minuten eine Verabredung wegen des Museumsprojekts.« Der Termin war in Wirklichkeit erst am nächsten Morgen, doch er wollte nicht mit Martin reden, wollte keine Zeit mit ihm verbringen, wollte nichts mit ihm zu tun haben. Irgendwann würde er sich fragen müssen, was er mit Martin überhaupt wollte. »Einer der Direktoren hat um ein
neues Modell gebeten, weil unseres aus weißem Styropor gefertigt ist und man das auch sieht. Unser Konkurrent hat mindestens dreißig Riesen auf sein Modell verwendet, und das sieht man ebenfalls.«
Martin schüttelte den Kopf. »Ich verliere nur ungern einen Wettbewerb, aber das ist mehr Geld, als wir ins Blaue hinein investieren können. Diese Leute haben keine Ahnung, wie viel Zeit, Geld und Können man aufwenden muss, um so ein Modell zu bauen. Plus, sie haben keine Phantasie.«
»Mach dir keine Sorgen, wir können ihm das ausreden. Modelle sind ohnehin eine Sache der Vergangenheit.« Witzig, dass ich das sage, dachte Ray und unterbrach sich einen Moment. »Warte, bis er die Rohentwürfe auf dem Computer zu sehen bekommt. Ich nehme das Parks-Projekt auch mit, nur um dem Direktor das Maul zu stopfen. Denise sagt, die abschließende Präsentation komme gut rüber, obwohl, du kennst ja Denise. Panik kommt bei ihr erst in letzter Minute auf.«
Denise Bell, eine der Mitarbeiterinnen auf der dunkleren Seite des Flurs, konstruierte ihre Modelle durch und durch real, indem sie Fotografien computeranimierte. Daraus entwickelte sie Präsentationen, die es mit Hollywoodstreifen aufnehmen konnten, einschließlich Musik, Interviews, Schilderungen und Soundeffekten. Ihr Talent brachte ihnen viele Vertragsabschlüsse ein.
»Wir
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