Wo die Wahrheit ruht
Polizei konnte ich nicht rufen, denn dann hätte ich ihnen sagen müssen, dass ich Daddy aus der Galerie hatte rennen sehen. Deshalb kletterte ich wieder in meinen Wagen und fuhr drauflos bis nach Washington Crossing. Dort habe ich angehalten, doch dann fiel mir der Revolver wieder ein. Ich hätte mir dafür in den Hintern beißen können, dass ich ihn nicht mitgenommen habe. Also fuhr ich zurück, doch als ich bei der Galerie ankam, standen dort schon jede Menge Polizeiwagen; da bin ich nach Hause gefahren.”
“Oh, Lucy.” Er zog sie an sich. “Armes Kleines.”
Sie lehnte ihren Kopf an seine Schulter. “Verstehst du jetzt, warum ich nichts sagen konnte? Ich hätte ihn damit doch nur belastet.”
Er lächelte. “Es war nicht er, den du gesehen hast, Goldlöckchen, es war nur jemand, der aussehen
sollte
wie er
.
Es war alles Teil des Plans.”
Sie hob den Kopf. “Was für ein Plan? Wovon redest du?”
“Der Mörder – der
wahre
Mörder – hat den Verdacht bewusst auf Dad gelenkt. Er hat seinen Revolver gestohlen, ist zur Galerie gegangen, hat Steven umgebracht und Dads Waffe ins Blumenbeet geworfen, wo er sicher sein konnte, dass die Polizei sie finden würde.”
Empörung spiegelte sich in ihrem jungen Gesicht. “Aber das ist doch abscheulich!”
“Das ist es.” Er strich ihr sanft übers Haar. “Sind wir wieder Freunde?”
Sie warf sich in seine Arme. “Aber ja.” Einige Augenblicke später hob sie den Kopf. “Wie willst du beweisen, dass der Mann, den ich gesehen habe, nicht Daddy war?
“Das weiß ich noch nicht, aber während ich es herausfinde, möchte ich dich um einen Gefallen bitten.”
“Und das wäre?”
“Geh und rede mit Denise. Sie ist schon ganz krank vor Sorge um dich.”
27. KAPITEL
“W as kannst du mir über Ellie Colburn erzählen?”, fragte Matt seinen Vater, als er nach dem Treffen mit Lucy im Gefängnis vorbeischaute.
“Dustys Mutter?” Fred blickte ihn erstaunt an. “Warum interessiert du dich für sie?”
“Ich habe Grund zu der Annahme, dass Steven Hatfield nach Informationen über Felicias Verschwinden gegraben hat.”
“Was hat ihn denn an einem zwanzig Jahre alten, noch dazu abgeschlossenen Fall interessiert?”
Der Teil, der folgte, würde Fred nicht gefallen. “Er und Denise haben sich darüber unterhalten. Sie hat ihm erzählt, dass sie und ihre Familie noch immer nicht überzeugt sind, dass die Polizei alles in ihrer Macht Stehende getan hat, um Felicia oder den wahren Kidnapper zu finden.”
Fred schlug mit der Faust gegen die Gitterstäbe. “Und ob wir das getan haben! Meine Männer haben sich den Arsch aufgerissen, um das Mädchen und denjenigen, der sie entführt hat, zu finden. Sogar
dich
, meinen eigenen Sohn, habe ich zum Verhör aufs Revier geschleppt.”
“Aber Dusty wurde damals allein aufgrund von Indizienbeweisen angeklagt, nicht wahr?”
“Die reichen oft schon. Ich habe Denise das alles genau erklärt. Sie hat kein Recht dazu, schlecht über mich zu reden, schon gar nicht vor dir.”
“Moment, Dad. Sie hat nie ein böses Wort über dich verloren. Im Gegenteil.” Wieso verteidigte er Denise plötzlich?
Fred wedelte mit der Hand, um zu signalisieren, dass er genug gehört hatte. “Nun zurück zu Steven. Wonach hat er denn überhaupt gesucht?”
“Genau das versuche ich ja herauszufinden.”
“Indem du mit Ellie redest?” Er schmunzelte. “Erinnerst du dich noch an ihre alte Schrotflinte? Sie besitzt sie noch immer, und sie schreckt nicht davor zurück, sie auch zu benutzen.”
“Ich werde mein Glück versuchen. Wenn unsere Theorie stimmt …”
“
Unsere
Theorie?”
“Denise ist mit im Boot.”
“Das soll wohl ein Witz sein.”
“Sie hat mir wichtige Informationen über Steven und seine Gewohnheiten geliefert.”
“Halte sie lieber aus dem Fall raus, mein Junge, sonst vermasselt sie die Sache noch endgültig.”
“Pop, komm schon. Sie wünscht sich genauso sehr wie ich, dass du hier rauskommst.”
Fred überhörte die letzte Bemerkung. “Ellie ist schon in Ordnung”, sagte er und griff damit Matts vorherige Frage wieder auf. “Unter den Umständen hat sie ihr Bestes gegeben, Dusty großzuziehen. Ihr Mann war Trinker und hat seine Familie im Stich gelassen, als er erfuhr, dass Dusty geistig behindert war. Ellie hatte nicht genug Geld, um Dusty in einer Förderschule betreuen zu lassen, also hat sie ihn zu Hause unterrichtet. Er war ein liebes Kind, hat nie Schwierigkeiten gemacht. Als er in die
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