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Wölfe der Nacht

Wölfe der Nacht

Titel: Wölfe der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benjamin Percy
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in der Stimme seines Sohnes neben ihm vor. »Was hast du denn jetzt vor?«, würde er wohl fragen.
    »Ich werde ihn ausräuchern«, würde Paul zu seinem Sohn oder zu niemandem im Besonderen sagen.
    »Du bist verrückt. Und dann? Was sollen wir dann –?«
    »Wir werden ihn töten. Genau das werden wir tun.«
    Darauf kommt keine Antwort. Denn er ist alleine. Den Kopf nach links und nach rechts drehend geht er auf dem Pfad ein Stück zurück, bis er sieht, was er sucht, eine verfaulte Kiefer, deren Rinde grau vom Stamm hängt wie ein schlecht sitzender Mantel. Ein Specht fliegt aus einer Höhlung im Stamm, als er darauf zugeht. Er packt einen tief hängenden Ast, der seine Nadeln verliert, als er daran reißt, und schließlich abbricht. Das Krachen lässt ihn hochschrecken, und er legt den Sicherungshebel um und hebt das Gewehr und hält den Atem an, weil er sicher ist, dass der Bär aus der Höhle gerannt kommt und ihn mit klauenbewehrter Pranke umfasst und hinunter in eine Dunkelheit schleift, die dröhnend den Geruch von nassem Fell und Tierscheiße und altem wie frischem Blut trägt. Es ist der Geruch von etwas Wildem – und genau in diesem Augenblick erfüllt er in seinem Bewusstsein die Welt und wird zum einzigen Geruch.
    Aber die Dunkelheit der Höhle bleibt ungestört. Doch die Vorstellung bleibt und scheint sich sogar noch zu verstärken, als er sich langsam vorwärts bewegt, mit unsicheren Schritten auf dem steinigen Untergrund. Mit einer Hand hält er das Gewehr umklammert, mit der anderen den Ast. Sein Kopf fühlt sich heiß an und seine Hände kalt und steif und zu langsamer Reaktion verdammt, jetzt, da er ihre Schnelligkeit am dringendsten braucht.
    Gute drei Meter von der Höhle entfernt kniet er sich langsam hin und legt Gewehr und Ast auf den Boden. Er zieht das Streichholzbriefchen wieder heraus, reißt eins ab und zündet es an. Die Flamme flackert, wird blau und verlöscht in einem schwarzen Wölkchen, als der Wind sie von dem Hölzchen reißt. Er reißt ein zweites an und schützt es mit der Hand. Die Flamme tanzt, als er sie senkt, bleibt aber auf dem Holz und leckt an dem Ast, als er sie an ein Nadelbüschel hält, wo sie auflodert und ein Geräusch macht wie reißender Stoff. Eine blau-gelbe Farbe knistert und kriecht den Ast entlang.
    Er nimmt sein Gewehr und den Ast und steht auf und rennt auf den Höhleneingang zu. Im letzten Augenblick wirft er den Ast hinein und schlägt dann einen Haken, um stolpernd an der Felsflanke entlangzulaufen, bevor er zurückkehrt zu seinem ursprünglichen Standpunkt, um die Höhle zu beobachten.
    Sein Herz schlägt wie ein Hammer in seiner Kehle. Die Höhle glüht orange. Schatten tanzen über die Wände. Es ist ein Ort, an dem Hexen sich versammeln würden, um in ih rem Kessel zu rühren und die düstersten Prophezeiungen auszusprechen. Er ist froh, dass Graham nicht hier ist, diese Albtraum-Szenerie nicht sehen muss. Der Rest der Welt versinkt, seine Aufmerksamkeit ist nur auf diesen einzigen Punkt gerichtet, so dass er einen Schwarm Gänse, der am Himmel vorbeizieht, nur ganz vage wahrnimmt, ihr Schreien klingt für ihn wie Musik aus einer anderen Welt, wie das Läuten einer fernen Boje für einen erschöpften Schwimmer klingen muss, der von der Strömung weit vom Ufer weggerissen wurde.
    Er erwartet, dass jeden Augenblick der Bär aus der Höhle stürzt, vom Rauch umwirbelt wie von einer Girlande. Er ist bereit zu schießen. Aber er ist auch bereit zu rennen.
    Eine Minute vergeht. Noch eine. Aber noch immer kommt der Bär nicht. Die Flammen sind erloschen. Noch quillt Rauch aus der Höhle, aber nur schwach, wie Dampf aus grauen Lippen an einem Wintertag. Er seufzt und geht vorwärts, diesmal mit der Absicht, die Höhle zu betreten.
    Er bewegt sich nun nicht mehr mit der Vorsicht von zuvor, er hat das Gewehr in der Hand, hält es aber nachlässig, wie einen Regenschirm an einem Sonnentag. Am Höhleneingang bleibt er stehen und sieht über die Schulter. Dann steigt er in die rauchige Dunkelheit hinunter.
    Er tastet im Rauch umher, die glühenden Holzreste geben ein gewisses Licht, aber nicht genug. Seine Füße stoßen gegen Steine und seine Hände scharren über den Boden, bis sie etwas Feuchtes entdecken, eine Mischung aus Knochen und Blut, Boos Überreste. Er greift sich, was er kann. Inzwischen hat er den Atem bis zum Äußersten angehalten. Seine Lunge verlangt nach Luft, und er atmet einen großen Schwall Rauch ein und fängt an zu husten, zuerst

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