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Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)

Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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wir in Lappland gewohnt.«
    Nasrin schauderte. »Ich würde keinen Schritt vor die Tür machen.«
    Klara machte sich mit dem Messer an das Abtrennen des Halses. »Es ist halb so schlimm. Alles geht seinen gewohnten Gang, trotz der Kälte. An den Parkplätzen und vor den Häusern gibt es Stromanschlüsse für die Autos, damit heizt man den Motor und das Wageninnere. Es sieht aus, als wären die Autos wie Hunde an Parkuhren angeleint. Die Leute sitzen hemdsärmelig in den geheizten Autos und fahren mit Spikes über gefrorene Straßen. So was wie Salzstreuen gibt es nicht. Und wenn es einem im Haus zu warm wird, fährt man mit Eisbohrer und Angel auf einen zugefrorenen See zum Eisfischen. Man nimmt Proviant mit und macht Picknick.«
    »Aber stimmt es, daß es im Winter zwei Monate lang überhaupt nicht hell wird?«
    »Nur im Norden. Aber es ist nicht dunkel«, sagte Klara. »Es ist blau. Das Licht nimmt alle denkbaren Blautöne an, manchmal mit etwas Orange. Du würdest dich wundern, wie gut man sieht. Die Finnen nennen es das »andere Licht«. Klara gab Nasrin das Messer. »Jetzt die Keule, genauso wie vorhin die Schulter. Wenn du es richtig machst, löst sie sich fast von selbst.«
    Während Nasrin sich abmühte, setzte sich Klara auf die Bank und erzählte: »Der Winter ist nicht übel. Schlimm ist die Zeit unmittelbar davor. Wenn der Sommer geht, Anfang September, kommt Ruska . Ruska ist sozusagen der Indian Summer in Lappland. Das Laub und die Beeren bekommen mit einem Mal so wenig Licht, daß sich alles bunt verfärbt. Dann wird alles rot. Tausend verschiedene Rottöne, zwei Wochen lang.«
    »Ruska heißt doch auch dein Hund«, warf Nasrin ein.
    »Ja, genau. Weil sie am Rücken so ein rötliches Fell hat. Der Oktober heißt Lokakuu, Dreckmonat. Alles ist Lehm und Matsch. Besonders im Norden, wo nicht alle Straßen asphaltiert sind. Der November heißt toter Monat und ist genauso dreckig. Dasselbe geschieht im Frühjahr, wenn das Eis schmilzt. Man glaubt, es nimmt kein Ende mehr. Während der Dreckmonate geht man nicht gern aus dem Haus, und es kommt auch kaum Besuch.«
    »Klingt deprimierend«, meinte Nasrin.
    »Ist es auch. Aber es gibt ja auch noch den Sommer.« Klaras Stimme klang verträumt. »Im Norden, also in Lappland, geht die Sonne im Sommer zwei Monate lang gar nicht unter, und auch im Süden wird es nur dämmrig. Die Tage verschmelzen zu einem einzigen, das Licht ist golden und wie Samt. Der Sommer riecht nach Pilzen und Harz, es ist trocken und warm, es gibt keinen Tau, denn auch in der Nacht wird es nicht kühl, nicht so wie am Mittelmeer. Den Sommer verbringen die Finnen in ihrem Mökki , dem Sommerhaus. Mökki bedeutet: das wahre Paradies.«
    »Hast du in Finnland gelernt, wie man ein Reh zerlegt?« fragte Nasrin.
    »Rentier. Ist dasselbe, nur größer. Ich hatte sogar mal einen Ferienjob auf einer Rentierfarm.«
    »Warum bist du eigentlich nicht in Finnland geblieben?« fragte Nasrin.
    »Ich hatte hier in den neunziger Jahren die besseren beruflichen Möglichkeiten«, antwortete Klara. »Inzwischen hat sich das geändert. Vielleicht gehe ich tatsächlich wieder zurück. Oder nach Schweden.«
    »Barbara sagt, du hättest deinen Job wegen der Hunde gekündigt.«
    »Barbara«, wiederholte Klara in einem Ton herablassender Nachsicht. »Ich bin freie Mitarbeiterin des Instituts geworden und arbeite viel von zu Hause aus. Der Grund dafür war vor allen Dingen, daß sie unserem Institut drastisch die Mittel gekürzt haben. Hierzulande wird immer zuerst an der Bildung gespart.«
    »Du bist Biologin?«
    »Nein. Biometrie. Hat mehr mit Informatik zu tun. Oder auch Biomathematik. Wir entwickeln Methoden der Statistik und Mathematik zur Darstellung von biologischen Phänomenen in der Tiermedizin. Also ganz grob vereinfacht gesagt: Datenauswertung. Daten aus Labor und Klinik, dazu Beobachtungsstudien zu Erkrankungen und Bilanzierungen aus der Tierproduktion. Zum Beispiel die Verteilung von Krankheiten in einer Population. Wir untersuchen die Faktoren, die diese Verteilung beeinflussen, und die Krankheitsentwicklung. Daraus erstellen wir ein Modell.«
    »Und wozu ist das gut?«
    »Für Präventivmaßnahmen. Thema Verbraucherschutz. Nimm nur die Geflügelpest. Oder BSE.«
    »Aha«, sagte Nasrin, und verzichtete auf weitere Fragen. Sie hatte die zweite Keule gelöst und hielt sie Klara entgegen.
    »Gut gemacht. Du kannst den unteren Teil ablösen, am Kniegelenk. Welches Teil willst du denn heute abend für uns

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