Wofuer die Worte fehlen
ist so böse, wie Kristian ihn noch niemals vorher gesehen hat. »Ich habe selber zwei Töchter, und wenn ich mir vorstelle ⦠Nicht auszudenken!«
»Ich war das nicht!«
»Wer soll dir das denn noch glauben?« Er wedelt mit dem Handy vor Kristians Gesicht herum. »Du besitzt die Unverschämtheit, immer noch zu leugnen, und gleichzeitig befinden sich auf diesem Handy Beweise? Sogar als Videofilm! Beate nackt unter der Dusche! Bist du von allen guten Geistern verlassen? Was hattest du damit vor? Wolltest du das auch ins Internet stellen?«
Kristian schüttelt den Kopf. »Das war ich nicht!«, wiederholt er verzweifelt. Krampfhaft sucht er nach einer Lösung, ohne den Freund zu verraten. Aber hier geht es nicht um verbotenes Rauchen auf dem Schulhof. Die Eltern von Beate haben schon wegen der Klofotos einen Anwalt eingeschaltet. Was werden sie jetzt wegen des Duschvideos machen? Nicht auszudenken.
»Es war Nils!«
Der Lehrer schaut ihn ungläubig an: »Nils? Ach Kristian! Wer soll dir das denn glauben? Immer sind die anderen schuld. Es ist doch dein Handy, oder?«
Kristian senkt den Kopf. Er hat noch versucht, Nils davon abzubringen. Aber der hat das Handy einfach genommen und ist zur Dusche geschlichen.
Vielleicht war es auch Nils, der die Klofotos gemacht und ins Internet gestellt hat.
»Wenn sich herausstellt, dass du es warst, und jetzt dieser Videofilm â¦Â« Herr Malert sieht Kristian kopfschüttelnd an. »Ich weià nicht einmal, ob du auf unserer Schule bleiben kannst. Wenn wir morgen nicht ohnehin nach Hause führen, würde ich jetzt deine Eltern anrufen und dich dann in den nächsten Zug setzen.«
Kristian hält die Luft an, er legt seine Hände auf den Bauch.
»Kann ich jetzt gehen?«, fragt er leise.
»Nein!« Das Wort kommt so plötzlich laut aus dem Mund des Lehrers geschossen, dass Kristian vor Schreck zusammenzuckt. »Es sind ja nicht nur die Fotos von deinen Mitschülerinnen. Da ist ein weiterer Filmausschnitt. Wo hast du diese perversen Bilder her?«
Im ersten Moment weià Kristian gar nicht, wovon der Lehrer redet. »Was für ein Film?«
Herr Malert hält ihm das Handy hin. Ein kurzer Blick genügt und in Kristians Bauch fangen die Schmerzen an wildzu tanzen. Mit kreidebleichem Gesicht stammelt er: »Die hab ich nicht selber gemacht. Das ist von einem Film.«
»Ein Film? Du schaust solche Filme an? Pornofilme? Die sind doch erst ab achtzehn erlaubt! Wie kommst du an Pornofilme? Los, Kristian, jetzt mach endlich den Mund auf. Entweder du redest oder ich rufe gleich deine Mutter an!«
»Die haben wir zu Hause«, sagt Kristian leise.
»Zu Hause? Und wenn deine Eltern bei der Arbeit sind, schaust du sie dir an, oder wie soll ich das verstehen? Ich kann mir kaum vorstellen, dass deine Mutter davon weiÃ!«
Damit hat der Lehrer natürlich recht. Der Vater versteckt die Pornos in einer Schachtel hinten in seinem Kleiderschrank. Als er Kristian sein neues Handy geschenkt hat, hat er ihm gezeigt, wie man damit Videos speichern kann, und einen Filmausschnitt des Pornos aufgenommen, den sie gerade angesehen haben. Kristian hat diese Funktion seitdem nie wieder benutzt und vergessen, dass der Pornoausschnitt immer noch darauf gespeichert ist.
»Nicht meine Mutter anrufen! Sie weià davon nichts. Sie hat damit nichts zu tun.«
»Na, das will ich doch ganz stark hoffen, dass sie nichts davon weiÃ! Aber jetzt muss sie es erfahren.«
Kristian sucht fieberhaft nach einer Lösung. »Mein Vater weià es!«
»Ach, dein Vater weià das? Und was hat er gesagt?«
»Ich hab sie doch mit ihm geguckt!«
Als die Worte heraus sind, weià er, dass es keine gute Idee war, den Vater ins Spiel zu bringen. Warum hat er nicht gesagt, er hat sie mit einem Freund gesehen oder im Kino? Zu spät!
Der Lehrer geht vor Empörung ab wie eine Rakete.
»Dein Vater sieht mit dir zusammen Pornofilme? Kristian, du lügst!«
Kristian schweigt. Der Lehrer schaut ihn kopfschüttelnd an. »Deine Lügen machen alles noch schlimmer. Wahrscheinlich siehst du dir die Filme an, wenn deine Eltern nicht zu Hause sind. Junge, wie kannst du dich mit solchem Zeug vollpumpen? In deinem Alter sollte man die Liebe als etwas Romantisches kennenlernen, etwas, von dem man träumen kann.«
Kristian legt seine Hände auf seinen Bauch, versucht ihn zu beruhigen. »Kann ich
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