Woge der Begierde
einmal den Grund. Und wenn ich weder weiß was noch warum, wie soll ich das Problem da beheben können?
Ihr Blick blieb auf sein Profil gerichtet, als sie ruhig fragte: »Was stimmt zwischen uns nicht? Etwas ist … Ich kann es spüren. Ich weiß, dass unsere Ehe nicht das war, was wir beide uns eigentlich gewünscht haben, aber ich dachte … wir kämen sehr gut miteinander aus.« Tränen brannten unter ihren Augenlidern, als sie mit erstickter Stimme fragte: »Habe ich etwas getan, was dich gekränkt hat?«
Ihre Worte trafen ihn wie der Prankenhieb eines Löwen. Wie konnte er ihr daraus einen Vorwurf machen, wenn sie April und Adrian vor ihn setzte? Sie hatte Jahre voller Erinnerungen mit ihren Geschwistern, ihn aber kannte sie erst … wie lange? Einen Monat? Weniger? Es war nicht ihre Schuld, dass er sich praktisch auf den ersten Blick Hals über Kopf in sie verliebt hatte. Und ebenso wenig, dass sie ihn nicht so liebte wie er sie … noch nicht, verbesserte er sich heftig. Sie würde ihn lieben! Aber nicht, erkannte er, wenn er zuließ, dass seine eigene Verzweiflung und Eifersucht zwischen ihnen wie ein Geschwür wucherte.
»Oh, Liebling«, erwiderte Charles mit erstickter Stimme, »du könntest mich nie kränken.« Damit zog er sie auf seinen Schoß und fügte hinzu: »Und zwischen uns ist nichts falsch oder sonstwie nicht in Ordnung.« Er machte sich an den Bändern ihres Hutes zu schaffen und befreite sie von der reizenden grünen Hutkreation, die perfekt zu ihrer Pelisse passte, und warf sie neben sich auf den Sitz. Dann hauchte er einen Kuss auf die weichen, duftenden schwarzen Locken, die ihn am Kinn kitzelten, während er murmelte: »Das … die Sache mit Raoul, das macht, dass ich mich wie ein verwundeter Bär benehme. Es tut mir leid, wenn ich zugelassen habe, dass es zwischen uns steht.« Mit einem Finger hob er ihr Kinn an und lächelte. »Wenn ich
die Stirn runzle oder barsch bin oder gedankenverloren scheine, dann glaube bitte nie, dass es an etwas liegt, was du getan hast.«
Seine wunderbare Entschuldigung traf nicht ganz den Kern des Problems, weil es nicht barsche Antworten oder sein Stirnrunzeln waren, die die Harmonie zwischen ihnen gestört hatten, aber Daphne war glücklich genug, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Außerdem war es herrlich, wieder in seinen Armen zu liegen, von ihm so angesehen zu werden, mit einem besonderen Licht in den Augen. Ihm musste an ihr liegen. Sie wusste, zwischen ihnen war Zuneigung und Achtung. Ihre Wangen röteten sich. Und Verlangen, davon schien es reichlich zu geben, gestand sie sich ein, und die Röte vertiefte sich. Aber würden diese Dinge ausreichen, um zusammen glücklich zu sein? Sie wünschte sich verzweifelt, dass er sie liebte, und sie wusste, wenn sie ihn nicht dazu bringen konnte, ihre Gefühle in gleichem Maße zu erwidern, steuerte sie unweigerlich auf ein gebrochenes Herz zu.
Sie zwang ihre Gedanken in eine andere Richtung, lächelte ihn an und erkundigte sich, um einen leichteren Tonfall bemüht: »Bedeutet das, dass, egal, was ich tue, wenn ich also zum Beispiel mein ganzes Nadelgeld verpulvere, lange vor der nächsten Zahlung, du nie die Stirn runzeln wirst, wenn die Händler an deine Tür klopfen kommen?«
Er lachte. »Nein, du kleine Hexe, das heißt das bestimmt nicht. Ich will damit nur sagen, dass, wenn ich mich über dich geärgert habe oder böse auf dich bin, du genau wissen wirst, weswegen.«
Für den Augenblick zufrieden lehnte sich Daphne gegen ihn, lauschte dem starken, stetigen Schlag seines Herzens. Hoffentlich, dachte sie schläfrig, wird eines Tages - und in
nicht allzu ferner Zukunft - dieses Herz für mich schlagen …
Da es noch nicht dunkel war, beschlossen sie, zu sehen, was sie über Raouls Yacht herausfinden konnten, die angeblich in dem Hafen der Stadt lag. Im Hafen von Poole herrschte gewöhnlich geschäftiges Treiben, aber um diese Tageszeit war es deutlich ruhiger. Dennoch waren noch genug Leute unterwegs, sodass sie nach nur wenigen Nachfragen die Stelle fanden, wo Raouls Yacht The Dark Hunter vertäut war. Charles hatte den Namen des Seglers immer für phantasievoll gehalten, aber inzwischen erfüllte er ihn nur mit Abscheu.
Sie gingen an Bord und machten sich auf die Suche nach einem Platz, der sich als Versteck eignete. Zwar war die Yacht klein, aber auch kompakt und hatte Dutzende Stellen, die durchsucht werden mussten, sodass Charles schon fast verzweifelte. So war auch niemand überraschter
Weitere Kostenlose Bücher