Wogen der Sehnsucht
Regisseur des Parfümwerbespots sicher bestätigen würde. Aber in dieser Sache befürchtete sie, dass sie es auch gar nicht musste.
„Was ist hier eigentlich los?“
Toms Tonfall war heiter wie immer, aber Tristan kannte ihn gut genug, um sich nicht täuschen zu lassen. Hinter Toms freundlicher, selbstironischer Fassade steckte ein scharfer Verstand, der ihm einen glanzvollen Oxford-Abschluss eingetragen hatte. Er war nicht leicht hinters Licht zu führen.
Tristan lehnte an dem massiven Steinkamin und trank nachdenklich einen Schluck aus seinem Glas, während er sich im Raum umsah. „Nichts. Wieso?“
Die Reden, bei denen die Verlobung offiziell verkündet worden war und in denen man Scarlet in Toms illustrer Familie willkommen geheißen hatte, waren vorbei, und die Gäste liefen wieder herum, unterhielten sich und tranken den Champagner, der herumgereicht wurde. Lily stand drüben am Fenster und sprach mit Scarlets Eltern. Das dämmrige flammend rote Abendlicht, das von draußen hereinfiel, ließ ihre Wangen rosig schimmern.
„Deswegen“, sagte Tom sanft. „Du hast sie seit zwei Stunden keine Sekunde aus den Augen gelassen.“
Tristans Hand umklammerte sein Glas fester. Nur mit Mühe konnte er den Blick von Lily lösen. Er sah Tom ruhig an.
„Komm schon, Tom. Du bist verlobt, aber nicht blind. Sie ist wunderschön. Es wäre jedem Mann zu verzeihen, dass er sie ansieht.“
„Solange das alles ist, was du tust.“ Tom milderte seine Warnung mit einem Lächeln ab. „Lily ist süß. Sie verdient einen netten, verlässlichen Mann, der ihr Blumen schenkt und ihr das Frühstück ans Bett bringt, nicht einen wie dich, der …“
„Ihr Diamanten schenkt und Orgasmen im Bett?“, fiel ihm Tristan brutal ins Wort. „Für mich klingt das gar nicht so übel.“
„Das liegt nur daran, dass du nicht einsehen willst, dass das Leben mehr zu bieten hat als Geld und Sex.“
„Wie wenig Vertrauen du in mich hast.“ Tristan nahm einen Schluck aus seinem Glas und verzog das Gesicht. „Was, wenn ich dir sage, dass ich beschlossen habe, die One-Night-Stands aufzugeben und sesshaft zu werden?“
Tom lachte. „Dann würde ich dich fragen, ob das nur Orangensaft in deinem Glas ist oder ob du ihn mit Wodka gemischt hast wie damals in der Schule. Und dann würde ich vermutlich aus dem Fenster sehen, ob dort Schweine vorbeifliegen, und mich fragen, ob heute der erste April ist.“ Er legte einen Arm um Tristan und klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter, bevor er zurück zu den anderen Gästen ging. „An dem Tag, an dem du heiratest, schwimme ich nackt durch den Burggraben“, fügte er grinsend hinzu.
Tristan lächelte nicht.
„Die Wette gilt.“
In diesem Moment wünschte er sich sehnsüchtig, dass tatsächlich Wodka in seinem Glas wäre. Und kein Orangensaft. Er wollte nichts lieber als etwas, das seine Gedanken endlich davon abhielt, sich im Kreis zu drehen, und das die eingefrorenen Stellen in ihm wieder auftaute.
Ein Baby.
Sein Blick wanderte wie ferngesteuert zu Lily zurück. Sie saß jetzt vor dem Fenster und unterhielt sich mit Scarlets Mutter. Oder besser gesagt unterhielt sich, wie er bemerkte, Scarlets Mutter mit ihr. Lily hielt den Kopf leicht gesenkt, während sie zuhörte, und ihr Gesicht wirkte nachdenklich. Der sanfte, müde Ausdruck, den er schon beim ersten Mal darin bemerkt hatte, traf ihn erneut, während er die anmutige Bewegung ihrer Hand beobachtete, mit der sie sich das Haar aus der Stirn strich.
Es fühlte sich an, als würde etwas in seiner Brust zerspringen.
Aber es war nicht ihre Schönheit, die ihm die Kehle zuschnürte und ihm die Luft nahm. Es war ihre Güte. Tom hatte recht. Sie brauchte einen anständigen Mann, einen netten Ehemann, der sie lieben würde, so wie sie es verdiente.
Tristan Romero de Losada Montalvo wusste mit kalter, freudloser Sicherheit, dass er niemals dieser Mann sein konnte.
Er war ein Mann, der ohne viel Mühe in allem gut war, was er tat, das wusste sie. Deshalb war Lily nicht überrascht über Tristans exzellente schauspielerische Fähigkeiten.
Es war keine Überraschung. Aber es war dennoch schockierend.
Sie war sich seiner Anwesenheit so intensiv bewusst, als würde irgendein internes Satellitensystem ihr ständig seinen Standort funken und sie zu ihm hinziehen und es ihr unmöglich machen, nicht zu ihm zu sehen. Jedes Mal, wenn sie es tat, stellte sie fest, dass er sie auch ansah und leicht lächelte und dass in seinen Augen
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