Wolf inside (German Edition)
zu. Ich will dir nichts tun. Sag mir nur die Wahrheit. Du kennst doch die Wahrheit?“
Sandro schüttelte langsam den Kopf. Er fühlte sich in einer Zwickmühle. Was sollte er tun?
„ Äh nein, Sir? Was für eine Wahrheit? Ich weiß nichts.“ Er beschloss, sich dumm zu stellen, das hielt er noch für ungefährlicher, als die Wahrheit zu sagen. Treuherzig sah er jetzt zum Captain auf. Würde er ihm glauben? Bei Shane hatte es nur so halbwegs funktioniert, wie würde es bei seinem Dad wirken?
Nicht viel besser.
„ Du brauchst mich gar nicht so ansehen! Wenn ich für alle Kids, die etwas ausgefressen hatten und mich so ansahen, einen Dollar bekommen hätte, mein Junge, ich sag dir …!“
Immerhin lächelte er jetzt. Ein bisschen zumindest.
Sandro kam wieder näher, hob den Pulli auf und legte ihn zu den anderen auf das Sofa.
„ Sir, wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich mich gerne zurückziehen.“ Ohne die Antwort abzuwarten, klemmte er sich den Stapel Wäsche unter den Arm und verzog sich.
In dem Zimmer, in dem er die Nacht verbrachte, schmiss er den Stapel kurzerhand in den Schrank und warf sich auf das Bett.
Verdammter Mist! Woher wusste der Captain, dass was mit ihm nicht stimmte? Und was war das für ein Gerät? Ein Dämonenanzeiger? Er dachte, Shanes Dad war ein ganz normaler Bulle gewesen? Ob Cruiz wusste, dass es solche Geräte gab? Bestimmt nicht! Schnell zog er sein Handy aus der Tasche und wählte die Nummern.
Nur die Mailbox. Wie immer. Er hinterließ eine Nachricht und bat um Rückruf. Mehr konnte er nicht machen.
Seine Kopfschmerzen meldeten sich wieder. Noch nicht so schlimm wie in der Stadt, doch schon spürbar.
Er stand wieder auf, trat ans Fenster und riss es weit auf. Draußen war schon die Dämmerung hereingebrochen, die Luft war feucht, Nebel zog auf.
Sandro seufzte. Es war eigentlich ein schöner Tag gewesen. In der kleinen Stadt, in der sie einkaufen waren, sah es fast wie zu Hause aus. Lauter nette Leute, neugierig und geschwätzig, die gleichen Läden, nur die Besitzer waren andere. Der Captain kannte sie alle, mit jedem musste er ein paar Worte wechseln. Im Diner hatten sie einen Zwischenstopp eingelegt, die gebackenen Rippchen waren echt lecker gewesen. Später hatten sie Klamotten eingekauft, die Auswahl war nicht sehr berauschend, doch das war er gewohnt. Er hatte beschlossen, mal im Internet zu stöbern, vielleicht konnte er sich dort was Cooles bestellen.
Durch das geöffnete Fenster kam ein eiskalter Hauch. Sandro fröstelte, war es nicht etwas zu kalt für Anfang Oktober?
In vierzehn Tagen hatte er Geburtstag, wurde achtzehn, eigentlich ein Grund zu feiern. Doch worauf sollte er sich freuen? Darauf, dass er zum Freak wurde?
Cruiz versuchte immer, ihm Mut zu machen, erzählte davon, dass es in Europa Hilfe für ihn gäbe. Doch dass Victoria ihm helfen konnte, wollte er nicht glauben. Das verbot er sich. Es würde ihn nur umso mehr enttäuschen, wenn Shane sie nicht fand.
Als ihn ein zweiter kalter Hauch traf, stutzte er. Ohne sich etwas anmerken zu lassen, schloss er das Fenster wieder und zog die bunte Gardine zu. Da draußen war etwas. Etwas, das ihm bekannt vorkam.
Mr. Miller und Morrok. Natürlich hießen sie nicht wirklich so, die richtigen Namen waren für ihn unaussprechlich.
Was sollte er jetzt tun? Den Captain warnen? Und damit zugeben, dass er doch mehr wusste?
Er löschte das Licht und spähte durch den Schlitz in der Gardine. Natürlich konnte er nichts sehen. Um genau zu wissen, dass sie da waren, würde er nach draußen gehen müssen.
Und genau das würde er jetzt auch tun.
Leise stahl er sich die Treppe hinunter, die direkt in den großen offenen Wohnraum führte. Die untere Etage war so gebaut, dass Wohn- und Essbereich ineinander übergingen, die Küche war nur durch einen gemauerten Tresen davon getrennt. Dort in der Wohnecke brannte ein kleines Licht, Stimmen murmelten, der Captain saß vor dem Fernsehgerät, las gleichzeitig in der Zeitung.
Ohne ein Geräusch zu verursachen, schlich er zur Küche rüber, die Hintertür ließ sich öffnen, ohne dass sie quietschte. Das hatte er schon ausprobiert. Für alle Fälle. Cruiz hatte ihm einige Verhaltensregeln eingebläut, er wusste anscheinend, warum.
Draußen auf der Veranda verzog er sich sofort in den Schatten der Wand und ließ seine Sinne schweifen. Wenn die beiden da draußen waren, dann hatten sie sich wieder entfernt.
Regungslos stand er, an die Wand gepresst und überlegte. Sollte
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