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Wolfsfieber

Wolfsfieber

Titel: Wolfsfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Adelmann
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berührte mich an der Taille. Es raubte mir fast den
    Verstand, seine Berührung zu fühlen und ihn danach nicht
    gleich selbst zu berühren. Zuletzt kreuzte er meine Beine, in-
    dem er mein rechtes ganz sanft über das linke führte. Dabei
    küsste er mein knochiges Knie. Ich dachte schon, er wür-
    de jetzt eines seiner Skizzenbücher hervorholen und mich
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    malen. Doch das tat er nicht. Istvan starrte mich nur sehr
    lange und intensiv an, mit einem Blick, den ich mit Worten
    nicht beschreiben kann. Das ließ mir das Herz bis zum Hals
    schlagen.
    „Ich möchte diesen Moment nie vergessen. Dieses Bild
    wird für immer in mein Gedächtnis gebrannt sein, zusam-
    men mit dem Allegro Vivace deines Herzschlags. Dieses Bild
    wird von nun an mein Orion sein“, sagte er ernst, noch im-
    mer meinen Körper mit den Augen erforschend.
    Dann kam er auf mich zu und ließ es zu, dass auch ich
    ihn berührte. In dieser Nacht versuchten wir beide einander
    zu beweisen, was wir zuvor geschworen hatten.
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19. Die Hetzjagd beginnt
    Auch wenn jeder von uns beiden nur allzu gerne in unse-
    rem Versteck geblieben wäre, sich weiterhin in dem zwei mal
    zwei Meter Rechteck des Bettes zusammengekauert hätte,
    gab es wichtige Notwendigkeiten, die dagegen sprachen. Die
    erste Vollmondnacht stand unmittelbar bevor und es muss-
    ten noch weitere Vorkehrungen getroffen werden.
    Er stand jetzt vor mir, groß und stark, mit diesem sanften,
    nervösen Lächeln, das nur meiner Beruhigung diente. Aber
    Istvan täuschte mich keine Sekunde. Ich wusste genau, wie
    es in ihm aussah, wie besorgt und wachsam er war. Schon
    allein der ständige Blick auf das Handy verriet seinen wahren
    Gefühlszustand. In wenigen Stunden mussten wir uns auf-
    machen zum Lagerplatz im Wolftanzwald und da gäbe es nur
    eingeschränkten Empfang, deshalb wollte er bis dahin si-
    cherstellen, dass sich der kleine, gelbe Punkt nicht von dort
    wegbewegte, wo er bisher so brav verweilt hatte. Ich hatte
    ihm mehrmals angeboten, die Nächte in einem Hotel zu ver-
    bringen, vielleicht in der Umgebung von Wien. Ich dachte,
    das könnte es ihm leichter machen. Doch davon wollte er gar
    nichts wissen. Er machte mir klar, dass er es nicht aushalten
    könnte, wenn er nicht wüsste, wo ich mich befände, und er
    keine Möglichkeit hätte, mich selbst zu beschützen. Einer-
    seits war ich froh darüber, aber andererseits bedeutete es für
    ihn eine dreitägige Tortur, bei der er am Tag in meinem Haus
    das Überwachungssystem anstarren und nachts in seiner
    Wolfsform das gesamte Waldgebiet seines Reviers ablaufen
    müsste. Das war meine größte Angst, dass er sich so ver-
    ausgaben könnte, dass er am Ende noch zusammenklappen
    würde. Ich wusste genau, er würde sich nicht eine Minute
    Schlaf gönnen, wie sehr ich auch darum betteln würde.
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    Ich versuchte, die Angespanntheit der Situation mit mei-
    ner praktischen Veranlagung im Zaum zu halten. Die Vor-
    kehrungen schienen ihn und mich etwas zu beruhigen. Wir
    suchten warme und praktische Kleidung für die Nächte he-
    raus und legten sie vorsorglich auf die Kommode in meinem
    Zimmer. Ich kaufte im Supermarkt eine Palette Mineralwas-
    ser. Damit wollte ich die Lagervorräte aufstocken. Wir holten
    zwei der Decken, die ich für die Ankunft der Valentins be-
    sorgt hatte, aus dem Weinkeller, um sie im Auto zu platzie-
    ren. Ansonsten gab es leider nicht viel, was wir tun konnten,
    um unsere Nerven zu beruhigen.
    Der Plan war einfach. Die Tage des Vollmondzyklus sollte
    ich in meinem Haus verbringen, wo er auf mich aufpassen
    könnte. Er hielt es für besser geeignet, da es vom Dorf ent-
    fernt lag, und sollten wir, so unwahrscheinlich es auch war,
    doch angegriffen werden, wäre es einfacher zu verteidigen,
    wie er mir immer und immer wieder versicherte. Unser Haus
    stand relativ frei und dicht am Waldrand, sodass er einen
    Angreifer bald ausmachen und darauf reagieren könnte. Ich
    hielt das für unmöglich. Farkas würde niemals als Mensch
    angreifen und schon gar nicht am helllichten Tag. Aber Ist-
    van murmelte ständig diesen abgedroschenen Spruch mit
    der Vorsicht und der Porzellankiste. Für die Nächte war der
    Plan schon etwas konkreter. Jeden Abend müssten wir um
    sechs in den Wald fahren. Am Lagerplatz würde er darauf
    warten, dass die Verwandlungsschmerzen einsetzten und er
    sich verwandelte. Währenddessen sollte ich die ganze Zeit
    im Camaro bleiben, den Istvan gleich in der Nähe parken
    würde. Ich musste

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