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Wolfsmondnacht (German Edition)

Wolfsmondnacht (German Edition)

Titel: Wolfsmondnacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Lynn Morgan
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Strähne seines schulterlangen schwarzen Haares zurück und blickte Jean-François aus stechenden Augen an. »Die Leiche ist erstaunlich frisch. Sie ist kaum eine Stunde tot, auf jedem Fall unter zwei Stunden.« sagte Monsieur Mortemard mit seiner dunklen, melodiösen Stimme. »Woher habt Ihr sie?«
    »Aus dem Hôtel-Dieu.«
    Jean-François hatte dazugelernt. In der ersten Nacht hatte ihm seine Aussage, die Leiche auf der Straße gefunden zu haben, einen seltsamen Blick Monsieur Mortemards eingebracht. Dennoch war es ein lukratives Geschäft gewesen.
    »Warum glaube ich Euch das nicht?«
    »Seid versichert, dass diese Leute nicht für Eure Zwecke den Tod fanden.« Jean-François lächelte mit aller Aufrichtigkeit, zu der er in der Lage war. »Was habt Ihr mit den Leichen vor?«
    Monsieur Mortemard räusperte sich. »Die Erkenntnisse Vesalius’ über die Anatomie weiterentwickeln. Dies kann ich nur, indem ich – im Gegensatz zu ihm - Menschen seziere.«
    »Das ist illegal.«
    Monsieur Mortemard lächelte kalt. »Genau wie Leichendiebstahl.«
    Wie es aussah, waren sie sich einig.
     
     

Kapitel 7
     
     
    Am nächsten Abend
    Als Jean-François sein Büro betrat, blickte Estelle vom Schreibtisch auf. Mit Genugtuung registrierte er, dass sie seine Anweisungen befolgte und das Lesen übte.
    » Bonsoir . Ich habe mir Sorgen um dich gemacht«, sagte sie.
    Jean-François trat näher. »Das musst du nicht.«
    »Ich habe dich aufgezogen, als wärest du mein eigenes Kind. Es ist mein Anrecht, mir Sorgen um dich zu machen. Wo warst du in den vergangenen Nächten?«
    »Bei Monsieur Mortemard.«
    »Die ganze Zeit über?«
    »Natürlich nicht. Ich bin aus dem Geschäft mit Blanchard rausgeflogen.«
    »Aber warum …« Sie sah ihn verständnislos an.
    »Bourgueil hat uns unterboten. Ich werde kein Geschäft durchführen, bei dem ich drauflege.«
    »Aber wie …«
    »Wir machen alles allein. Das können wir auch ohne Blanchard. Gibt es etwas Neues?«
    »Blanchard war da!«
    »Warum hast du mir das nicht gleich gesagt?«
    »Habe ich ja versucht, aber du hast mir stets das Wort abgeschnitten. Er hat dich gesucht.«
    »Wann war das?«
    »Spät in der Nacht. Lange, nachdem du zu ihm gegangen bist. Du warst doch bei ihm oder etwa nicht? Ah, du warst es nicht. Darum war er so wütend.«
    »Estelle! Ich gehe sofort zu ihm. Ich will wissen, was er von mir will. War sonst noch was?«
    Estelle nickte. »Es ging heute eine größere Bestellung ein. Die Details findest du hier.« Estelle reichte Jean-François die Bestellung.
    »Merci. Monsieur Blanchard wird sich freuen, dass wir weiterhin Bestellungen für ihn entgegennehmen.«
    »Und ausführen. Ich habe den ersten Teil schon liefern lassen.« Estelle goss sich einen Wein ein.
    »Gut gemacht. À bientôt , Estelle.«
    » Au revoir, Jean-François.« Estelle trank von ihrem Wein.
    Jean-François verließ das Haus. Es liefen einige Leute die Straße entlang. Früher waren sie nicht mehr als Schatten und die Geräusche von Schritten in der Nacht für ihn gewesen, doch mit den Sinnen des Bluttrinkers sah er sie nicht nur besser, er nahm ihre Gerüche, ihre Gefühle und ihren Herzschlag wahr.
    Noch immer irritierte ihn diese Vielzahl von Reizen für einen Moment, bevor er sich daran gewöhnte. Jean-François eilte an ihnen vorbei, ohne auch nur mit einem einzigen von ihnen zusammenzustoßen.
    Während er zu Blanchards Haus lief, kreisten seine Gedanken über all seine illegalen Einnahmequellen, die aus der Not geboren waren. Sie ermöglichten es ihm, seine Schulden schneller abzubezahlen als gewöhnlich, zumal die Partnerschaft mit Blanchard in die Brüche gegangen war.
    Diese Arten von Einnahmen hatten jedoch auch ihre Schattenseiten, denn er ging ein Risiko damit ein. Sofern er in den Kerker geworfen oder gar hingerichtet werden würde, konnte er nicht mehr für Céleste und ihr ungeborenes Kind da sein. Dabei brauchte sie ihn gerade jetzt am meisten.
    Blanchards Haus war erleuchtet. Offenbar erwartete er stets Kundschaft. Jean-François klopfte. Ein Diener tat ihm auf, der ihn sogleich zu Blanchard führte. Dieser stand neben seinem Bücherschrank und suchte etwas darin.
    »Bonsoir«, sagte Jean-François.
    Blanchard fuhr herum und stieß dabei sein Weinglas um. Fluchend wischte er den Tisch ab.
    »Ah, Merdrignac. Dass Ihr Euch hertraut, nach unserem letzten tête-à-tête.« Blanchard war blass. Unter seinen Augen lagen Schatten.
    »Soll ich wieder gehen?« Jean-François wandte sich in

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