Wolfsmondnacht (German Edition)
Merdrignacs Eheweib?«
»Woher kennt Ihr meinen Bruder?«
»Wir sind Geschäftspartner und wohnen in derselben Straße.«
»Ihr seid also auch ein Händler?«
» Non , Handwerkschirurg und Heiler. Ich stelle Elixiere zur Wundheilungsförderung, für Weiberleiden und zur Stärkung der körperlichen Kräfte her. Es wäre mir eine Freude, diese Euch als Schwester meines Nachbarn zu einem Sonderpreis anbieten zu dürfen. Gerne gebe ich Euch auch kostenlose Proben.«
»Also doch ein Händler«, sagte sie leise. Dennoch kam sie nicht umhin, ihn sympathisch zu finden.
»Was sagtet Ihr?«
»Ich werde es mir überlegen.«
»Tut das. Ich würde mich freuen, Euch zu sehen.«
Céleste sah in erstaunt an. Seine Worte klangen so ehrlich.
»Ihr wohnt hier?«, fragte sie.
Er lächelte. »Neben der Kirche St. Médart. Ihr könnt mein Haus nicht verfehlen.«
»Danke, dass Ihr mich begleitet habt. Es war sehr freundlich von Euch.«
»Gern geschehen, Madame.« Er sah sie auf merkwürdige Weise an, die sie nicht zu deuten wusste.
»Sollte Euer Bruder verhindert sein, so werde ich gern Euer Begleiter sein, wenn Ihr plant, zu solch später Stunde das Haus zu verlassen. Die Straßen sind gefährlich in der Nacht.«
»Ich danke Euch für Euer Angebot.« Sie war aufrichtig gerührt.
» Bonne nuit, Madame Merdrignac .«
»Delavalle . «
Erstaunt hob er die Augenbrauen. »Ihr seid verheiratet?«
»Nein, Merdrignac ist der Mädchenname meiner Mutter, Delavalle ihr Ehename. Mein Bruder hat vor Jahren schon aufgrund der Differenzen mit seinem Stiefvater ihren Mädchennamen angenommen.« Dass der Hauptgrund für diese Differenzen die Tatsache war, dass ihr Bruder von einer außerehelichen Affäre ihrer Mutter stammte und Émile entsprechend niemals seine Vaterschaft anerkannt hatte, verschwieg sie ihm tunlichst. Schließlich war er ein Fremder für sie.
Er blinzelte verwirrt. »Ach, so ist das, Madame Delavalle. Bonne nuit. Ich würde mich freuen, Euch wiederzusehen. Ihr könnt mir natürlich auch jederzeit schreiben, solltet Ihr Anliegen bezüglich der Gesundheit haben. Ich bin sehr hilfsbereit, zumal Ihr die Schwester meines geschätzten Geschäftspartners seid.« Er reichte ihr seine Karte. Unerwartet nahm er ihre Hand in die seine und hauchte einen Kuss darauf. Flüchtig berührten seine Lippen tatsächlich ihre Haut, die daraufhin kribbelte.
» Bonne nuit , Monsieur Mortemard.« Ihr Stimme bebte leicht.
Céleste blickte ihm nach, wie er die Straße entlanglief. Er gefiel ihr und sie hielt ihn für vertrauenswürdig, doch irgendetwas an ihm war seltsam. Mit weichen Knien betrat sie das Haus ihres Bruders, der noch nicht zugegen war.
Doch es dauerte nicht lange, da kam Jean-François nach Hause. Céleste küsste ihn zur Begrüßung auf die Wangen.
»Dein Nachbar war so freundlich, mich nach Hause zu begleiten«, sagte sie.
»Der alte Granoux? Der ist doch sonst so mürrisch.«
»Nein, Monsieur Mortemard. Er sagte, Ihr habt geschäftlich miteinander zu tun. Was tätigst du für Geschäfte mit ihm?«
Seine Miene wurde plötzlich ernst. »Warum willst du das wissen?«
»Ich interessierte mich für dich und die Leute, die mit denen du zusammen bist.«
»Ich bin nicht mit ihm zusammen.«
»Er ist ein Geschäftspartner von dir. Ist das unwichtig?«
Er schüttelte den Kopf. » Non . Ich möchte dennoch nicht, dass du dich mit ihm herumtreibst.«
»Oho!« Céleste stemmte wütend ihre Arme in die Hüften. »Erstens treibe ich mich nicht herum und zweitens hat mich Monsieur Mortemard nur ein Stück meines Weges begleitet. Ist das verboten?«
»Gewiss nicht. Er ist mir nur nicht geheuer. Außerdem solltest du zu solch später Stunde nicht allein hinausgehen.«
»Nicht geheuer? Ist er etwa gefährlich?«
»Das denke ich nicht. Er ist nur kein guter Umgang für ein junges, lediges Weib.«
»Meinen Umgang musst du schon mir selbst überlassen. Schließlich bin ich alt genug.« Sie musterte Jean-François neugierig. »Was verschweigst du mir?«
»Du musst nicht alles wissen. Es genügt, wenn du dich von ihm fernhältst.«
»Du hast mir nicht zu sagen, was ich zu tun oder zu lassen habe. Außerdem habe ich ein gutes Urteilsvermögen, was meine Mitmenschen betrifft.«
»Ach, tatsächlich? Deshalb bist du auf Jeannes Vater hereingefallen? Wer unterhält dich und dein Kind? Er wohl kaum. Der ist verschwunden, kaum dass er von deiner Schwangerschaft erfahren hat.«
»Dann lass es doch! Ich habe dich nicht darum gebeten.
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