Wolkengaenger
maßgeblich beteilt: Ann Kitson, Fay Roberts und Rachel Smith, die einst in Moskau lebten und
deren Erinnerungen entscheidende Einblicke in Johns Leben und das Leben anderer Kinder in staatlicher Obhut zu verdanken sind.
Emily Spry ließ Wanjas Zeit im Krankenhaus lebendig werden. Viv Frosts Videoaufnahmen von Kindern im Babyhaus 10 waren von
unschätzbarem Wert.
Alle Ereignisse in diesem Buch haben stattgefunden wie beschrieben. Ihr jeweiliger Zeitpunkt reicht so nah an das Originaldatum |335| heran, wie dieses zu ermitteln war. Was die Gespräche betrifft, so beruhen sie auf Interviews mit den Hauptfiguren und auf
allen anderen verfügbaren Informationen. Diese Gespräche sind rekonstruiert: Die Dialoge erheben keinen Anspruch auf Wortwörtlichkeit.
Zum Schutze der Privatsphäre wurde die Identität einzelner Personen nicht preisgegeben. In einigen Fällen wurden Unterhaltungen,
die sich über mehrere Tage erstreckten, zusammengefasst, um die Lektüre zu erleichtern.
Die Geschichte von Johns Rettung ist kompliziert und das Werk sehr vieler Menschen. Sie ist kein Kurzstrecken-, sondern ein
Staffellauf. Viele, die es verdient hätten, in diesem Buch erwähnt zu werden, blieben unberücksichtigt, um die Erzählung nicht
ausufern zu lassen. Mitunter wurden mehrere Figuren zu einer zusammengefasst: So verkörpert der Teenager in Filimonki namens
Ilja insgesamt drei Jugendliche, die John trotz der entsetzlichen äußeren Umstände mit großer Güte begegneten.
Nahezu alle Ereignisse in diesem Buch beruhen auf Aussagen eines Beteiligten oder eines Beobachters. Für einige Szenen, die
unbestritten stattfanden, gibt es jedoch keine Zeugen. Eine davon ist Johns Beurteilung durch die medizinisch-psychologische
Kommission des Krankenhauses Nr. 6 in Kapitel 3. Die Informationen, wie diese Beurteilungen im Einzelnen aussehen, lieferten
verschiedene Menschen, darunter eine Psychologin, eine Logopädin und eine Betreuerin aus einem Kinderheim. Olga steuerte Details
von ihrer eigenen Beurteilung durch die Kommission bei. Die Bilder, die John benennen sollte, sind sowjetischen Vorschulbüchern
entnommen.
Es liegt in der Natur der Sache, dass sich die Erinnerungen verschiedener Menschen an dasselbe Ereignis nicht immer decken.
Manchmal widersprechen sie sich sogar. Die Entscheidung, welche Version in das Buch aufgenommen wurde, liegt ausschließlich
bei den Autoren. Die Personen, die freundlicherweise ihren Beitrag zu diesem Buch geleistet haben, tragen hierfür keinerlei
Verantwortung.
Dieses Buch soll Menschen nicht in Gut und Böse einteilen. Es soll vielmehr die verschiedenen Stufen von Menschlichkeit aufzeigen.
Wenn dieses Buch nur ein paar Gleichgültige zu Mitfühlenden werden lässt, dann hat es sein Ziel erreicht.
Alan Philps
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|336| RUSSLANDS VERLORENE KINDER
Nachwort zur deutschen Ausgabe
Eine Tradition des Schweigens
Als 1989 der Eiserne Vorhang fiel, wurden die Lebensumstände von Kindern in russischen Betreuungsinstitutionen erstmals weiteren
Kreisen der Öffentlichkeit in Ost und West bekannt. Der Anblick, der sich den Vertretern internationaler Menschenrechtsorganisationen
in manchen Heimen bot, verschlug ihnen die Sprache. Dennoch bestand ihre erste Aufgabe darin, das Elend dieser von der Gesellschaft
abgeschotteten, zum Schweigen verurteilten Kinder sichtbar zu machen und ihre Geschichten zu erzählen.
Wie konnte es zu einem solchen Ausmaß an systematischer Grausamkeit ausgerechnet in staatlichen Fürsorgeeinrichtungen kommen?
Vergleicht man die Situation in den Kinderheimen mit dem Anspruch, den der sozialistische Staat an sich selbst stellte, erscheint
das Ausmaß des Versagens geradezu bizarr. Schließlich standen gerade die Kinder nach der bolschewistischen Revolution 1917
im Zentrum der politischen Bemühungen. Das Versprechen, dass für jedes Kind, gleich welcher sozialen Herkunft, gesorgt sein
sollte, bildete das Herzstück der sozialistischen Utopie – Historiker sprechen heute von einem »Mythos der goldenen Kindheit«
in der Sowjetunion. Staatliche Gesundheitsfürsorge und ein modernes Bildungswesen sollten den Fortschritt der gesamten Gesellschaft
garantieren.
Je mehr nun die Kindheit als Aushängeschild des gesellschaftlichen Fortschritts idealisiert wurde, desto weniger Raum war
für das, was nicht ins Bild passte. Private Initiativen, die Missstände benannten und beheben wollten, wurden im Lauf der
1930er Jahre
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