Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wortlos: Peter Nachtigalls fünfter Fall (German Edition)

Wortlos: Peter Nachtigalls fünfter Fall (German Edition)

Titel: Wortlos: Peter Nachtigalls fünfter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Steinhauer
Vom Netzwerk:
muss nicht nach seinem Opfer suchen. Wenn er es darauf anlegt, ist es keine Schwierigkeit,
Norbert Grundmann ausfindig zu machen«, sagte Nachtigall mehr zu sich selbst als
zu seinem Team.
    »Wie ich dich kenne, hast du längst eine
Wache postiert.« Couvier zwinkerte ihm zu.
    »Ja – selbstverständlich. Aber jeder hier
im Raum weiß ja wohl, wie leicht man die ausschalten kann.«

54
     
    Burkhard Grün war auf dem Weg ins Theater.
    Sein Mobiltelefon störte empfindlich angenehme
Gedanken an eine Oper mit tragischem Ende. Noch beschwingt von einem hervorragenden
Abendessen mit exquisiter Weinauswahl im ›Roten Bären‹, dem ältesten Gasthof Deutschlands,
war er nicht auf negative Überraschungen eingestellt, und reagierte entsprechend
übellaunig auf die Mitteilung, die ihn nun erreichte.
    »Was soll das heißen, ›es hat nicht so richtig
geklappt‹?«
    Seine federnden Schritte wurden langsamer,
als er den Bertholdsbrunnen erreichte.
    »Er hat also überlebt. Wie dilettantisch!
Das kommt davon, wenn man mit Laien arbeiten soll.«
    Seine edlen Lederslipper klapperten rhythmisch
auf dem Kopfsteinpflaster.
    »Oh, ja! Natürlich wirst du die Sache in
Ordnung bringen! Und zwar schnell! Schließlich weißt du ja, was auf dem Spiel steht,
nicht wahr?« Seine Stimme wurde betont süßlich. »Wir müssen sonst handeln – und
das willst du doch nicht! Nur wird es nicht so schnell gehen, wie du glaubst. Die
Polizei ist doch nicht blöd!«
    Die Lust auf einen Opernbesuch war ihm gründlich
vergangen.
    Selbst wenn seine Auftraggeber diese Komplikationen
durch die Wahl des Täters zumindest mitverschuldet hatten, würden sie doch ein Scheitern
der Angelegenheit nicht hinnehmen. Zu viel stand auf dem Spiel. Und so ganz nebenbei,
Burkhard Grün spuckte auf das Pflaster, so ganz nebenbei hatte er dabei einen Ruf
zu verlieren.
    Ich hätte es doch selbst übernehmen sollen,
dachte er zornig, auch wenn er durch diese Variante bei einer Entdeckung nicht in
Gefahr geraten würde, verhaftet zu werden. Nichts würde die Polizei erfahren, gar
nichts. Die Auftraggeber hatten für einen Fall des Scheiterns entsprechende sichernde
Vorkehrungen getroffen. Im Lichte der neuen Entwicklung bekam gerade dieser Punkt
eine große Bedeutung. Ein zaghaftes Lächeln umspielte seine Lippen, und seine Schritte
gewannen etwas von ihrer früheren Leichtigkeit zurück. Niemand würde ihn mit den
Morden im fernen Cottbus in Verbindung bringen – niemand!
    »Gefunden hast du es auch diesmal nicht?«,
erkundigte er sich ruhiger, während er über weitere Unternehmungen in dieser Sache
nachdachte.
    »Schlecht. Nicht zu ändern. Lass deine Finger
von dem Typen im Krankenhaus – die warten doch nur darauf, dass du dort vorbeikommst.
Du nimmst dir den Nächsten vor. Vorgehen wie besprochen. Und, nur damit das wirklich
klar ist: Einen weiteren Patzer kannst du dir nicht mehr leisten! Es ist ein Kinderspiel
für mich, all deine Albträume auf einmal wahr werden zu lassen – in weniger als
einer Stunde! Ich hoffe, wir haben uns verstanden!«
     
    Grün kehrte zu seinem Wagen in der Schlossberggarage zurück.
    Heute war er nicht mehr in Stimmung für
Kulturgenuss.
    Keine halbe Stunde später joggte er auf
dem Dreisamdamm entlang, um den Kopf freizubekommen. Was er jetzt dringend brauchte,
war ein guter Plan für den Fall, der nächste Überfall scheiterte ebenfalls.
    Doch das würde nicht passieren, dachte er
am Ende seiner Fitnessrunde zuversichtlich.
    Es lag an ihm, das zu verhindern.

55
     
    »So geht das nicht, Papa«, maulte Jule. »Ich werde Emile
heiraten, und du tust immer noch so, als hättet ihr nur beruflich miteinander zu
tun. Noch nie hast du auch nur ein einziges privates Wort mit ihm gewechselt. Wenn
er zum Abendessen kommt, redet ihr über den aktuellen Fall – oder über vergangene.
Nie über die Dinge, über die sich normale Menschen unterhalten.«
    »Aber Jule«, protestierte Nachtigall. »Du
willst ihn heiraten, nicht ich. Ich werde nämlich von Conny geehelicht – bin also
schon in festen Händen.«
    »Ach, nun sei doch mal ernst! Du könntest
doch wenigstens mit ihm was trinken gehen. So unter Schwiegervater und Schwiegersohn.
Ihn nach seinen Hobbys fragen, von deinen Hobbys erzählen …«
    »Habe ich ein Hobby?«
    »Papa!«
    »Hör mal Jule, es ist dein Leben – und du
kannst heiraten, wen du möchtest. Aber komm nicht auf die Idee, mir irgendwelche
Kontakte aufzuzwingen!«, ermahnte er seine Tochter ernst. »Außerdem waren wir

Weitere Kostenlose Bücher