Wurzeln
machten ein paar unsichere Tanzschritte.
Dann erblickte Kunta seinen Vater und sperrte die Augen auf. Omoro riß die Knie bis unters Kinn, er stampfte einen Tanz, warf sich schreiend zurück, bearbeitete den Brustkasten mit den Fäusten wie ein Affe, sprang in die Höhe, zuckte mehrmals in der Luft und kam heftig grunzend wieder zu Boden.
Der dröhnende Herzschlag der Trommeln drang Kunta nicht nur ins Ohr, sondern auch in die Glieder. Fast ohne es zu merken und wie im Traum, fühlte er, wie sein Körper zu zucken begann, wie er die Arme schwenkte, und kurz darauf sprang und brüllte er mit den anderen, die er aber kaum noch zur Kenntnis nahm. Endlich stolperte er, fiel hin und blieb erschöpft liegen.
Nach einer Weile richtete er sich auf und wankte mit schwachen Knien an den Rand des Getümmels. Er empfand ein absonderliches Gefühl, das ihm ganz unbekannt war. Benommen, verängstigt und erregt bemerkte er nicht nur Sitafa, sondern auch andere Knaben seines kafo , die dort zwischen den Erwachsenen tanzten, und er stürzte sich wieder in die Menge. Alt und jung tanzten den ganzen Tag hindurch, weder die Tänzer noch die Trommler machten Pause, um zu essen oder zu trinken, höchstens schnappte man mal frische Luft. Und als Kunta an diesem Abend völlig überwältigt einschlief, dröhnten die Trommeln noch immer.
Am folgenden Mittag stand die Ehrung besonders verdienter Mitbewohner auf dem Programm. Man formierte sich zu einem Umzug, an der Spitze der arafang , der alimamo , die Ältesten, sodann Jäger, Ringer und eben jene, welche vom Ältestenrat ihrer Verdienste wegen besonders belobigt worden waren. Diesen folgte dann die Menge, singend und applaudierend, angeführt von den Musikern, die im Zickzack durch das Dorf wanderten. Als man um den Baum der Reisenden schwenkte, rannten Kunta und sein kafo vorneweg und formierten sich zu einem eigenen Umzug, der dem der Erwachsenen entgegenzog, vor diesen mit Verbeugungen und höflichen Gebärden paradierte, alles zur Begleitung der Flöten, Schellen und Rasseln. Kunta kam sich sehr wichtig vor und warf nach Kräften die Beine. Als er an den Eltern vorbeikam, erkannte er am Ausdruck ihrer Augen, wie stolz sie auf ihn waren.
Wer Appetit bekam, konnte sich in jeder beliebigen Hütte der dort angebotenen Speisen bedienen und einen Plausch halten. Kunta und sein kafo stopften sich voll mit schmackhaftem Stew und Reis. Auch gebratenes Fleisch – Ziegen und Wildbret – war reichlich vorhanden, und die jungen Mädchen sorgten dafür, daß alle erdenklichen Früchte in Körben aus Bambus angeboten wurden.
Wenn sie nicht gerade mit Essen beschäftigt waren, trieben die Knaben sich am Baum der Reisenden herum und begutachteten die aufregenden Fremden, die zu Besuch kamen. Manche blieben über Nacht, die meisten hielten sich aber nur etliche Stunden auf und wanderten weiter, zum Fest im nächsten Dorf. Senegalesen bauten ihre Stände auf und boten bunte Stoffballen zum Kauf. Andere hielten Kolanüsse aus Nigerien feil, beste Qualität, versteht sich, deren Preis sich nach Reife und Größe richtete. Händler brachten Salzbrocken in Booten und tauschten sie gegen Indigo, Häute, Wachs und Honig. Nyo Boto verkaufte Zitronengraswurzeln, mit denen man Mund und Atem frisch hält, indem man sie an den Zähnen reibt.
Ungläubige Händler mit Tabak, Bier und Schnupftabak machten in Juffure nicht halt, denn ihre Ware konnten sie nur bei Ungläubigen absetzen; die Mandinkas waren Moslems, sie tranken und rauchten nicht. Wanderlustige junge Männer, darunter übrigens auch welche aus Juffure, die nach der diesjährigen Ernte aufgebrochen waren, hielten sich hier nicht auf, sie wollten zu den größeren Orten. Wenn Kunta und seine Freunde sie auf dem Weg erblickten, der unweit vom Dorf vorüberführte, rannten sie wohl eine Weile neben ihnen her und versuchten ausfindig zu machen, was diese Jünglinge in den kleinen Bambuskörben hatten, die sie auf dem Kopf trugen. Meist waren es Kleidungsstücke, auch kleine Geschenke, Freunden zugedacht, die sie erst noch zu gewinnen hofften auf ihren Wanderungen, die bis zum Beginn der kommenden Aussaat dauern durften.
Man ging zum Klang der Trommeln schlafen und wachte davon auf. Und jeden Tag zogen wandernde Musikanten durch, Meister des balafon , der Trommeln, der kora. Schmeichelte man ihnen genug mit Beifall und Geschenken, blieben sie wohl auch einige Stunden in Juffure, bevor sie zum nächsten Dorf weiterwanderten.
Dann kamen die
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