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Wurzeln

Wurzeln

Titel: Wurzeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Haley
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zuckten bedeutend, die kleinen Glöckchen an ihren Armen und Füßen klingelten, und die Zuschauer bewunderten ihre Kraft und Gewandtheit. Plötzlich dröhnten die Trommeln lauter; die Mädchen tanzten in den Ring und bewegten sich anmutig zum Beifall der Zuschauer zwischen den Schaukämpfern. Nun dröhnten die Trommeln im schnellsten Rhythmus, und die Mädchen wirbelten im Takt dazu herum.
    Eine nach der anderen stolperte schwitzend und erschöpft aus der Arena und warf den buntgefärbten Kopfschmuck ab. Alle beobachteten aufmerksam, ob ein heiratsfähiger Mann diesen, tiko genannten, Kopfschmuck aufheben und damit seiner Bewunderung für den Tanz des Mädchens Ausdruck geben würde, denn dies hätte bedeutet, daß er sich bald bei ihrem Vater nach dem Preis für die Braut erkundigen würde, der in Ziegen und Kühen zu erbringen war. Kunta und seine Freunde, die für diese Dinge kein Interesse hatten, meinten, der Spaß sei vorbei, und rannten weg, um mit ihren Schleudern zu üben. Der Spaß hatte in Wahrheit aber erst begonnen, denn zum hörbaren Erstaunen des Publikums nahm einer der fremden Ringer einen tiko auf. Dies war ein großes, ein freudiges Ereignis; allerdings war das glückliche Mädchen nicht die erste, die man so durch Heirat an ein anderes Dorf verlor.

Kapitel 13
    Am letzten Morgen des Festes erwachte Kunta von markerschütterndem Geschrei. Er zog seinen dundiko über und rannte aus der Hütte. Draußen bot sich ihm ein schreckenerregendes Bild. Ganz in der Nähe tanzten brüllende, speerschwingende Gestalten in schrecklichen Masken, hohem Kopfschmuck und Kostümen aus Blättern und Baumrinde. Kunta sah entsetzt, daß sie in die Hütten eindrangen und daraus die zitternden Knaben des dritten kafo hervorzerrten.
    Kunta und seine ebenso entsetzten kafo -Ka­me­ra­den spähten vorsichtig um die Ecke einer Hütte und sahen die dort zusammengetriebenen Knaben des dritten kafo , die sämtlich eine weiße Kapuze über dem Kopf trugen. Einer der Maskierten entdeckte Kunta und Sitafa und ging bedrohlich brüllend auf sie los. Zwar machte er vor ihnen kehrt und wandte sich wieder seinen Kapuzenopfern zu, doch die Kleinen quietschten ängstlich und flüchteten. Als alle Knaben des dritten kafo eingesammelt waren, übergab man sie Sklaven, die sie bei der Hand nahmen und einen nach dem anderen zum Dorf hinausführten.
    Kunta hatte schon gehört, daß die Jungen weggeführt werden sollten, um den Mannbarkeitsritualen unterworfen zu werden, doch daß dies auf solche Weise geschehen würde, überraschte ihn. Der Abzug der Knaben des dritten kafo und der Männer, die ihre Ausbildung überwachen sollten, versetzte das ganze Dorf in Trauer. In den nun folgenden Tagen konnten Kunta und seine Freunde von nichts anderem reden als dem Schrecklichen, das sie gesehen, und dem noch Schrecklicheren, das sie über diese Mannbarkeitsrituale gehört hatten. In der Schule bekamen sie Kopfnüsse, weil sie ihre Koranverse nicht konnten. Wenn sie nach dem Unterricht die Ziegen auf die Weide trieben, versuchte jeder von ihnen, nicht an das zu denken, was ihm doch nicht aus dem Sinn wollte: daß er nämlich zu der nächsten Gruppe von Knaben gehörte, die in Kapuzen gehüllt aus der Hütte gezerrt und zum Dorf hinausgetrieben werden würde.
    Alle wußten, daß zwölf Monde verstreichen würden, bevor die Jungen des dritten kafo nach Juffure zurückkehren durften – dann aber als Männer. Kunta hatte gehört, daß die Knaben bei ihrer Ausbildung täglich geschlagen wurden. Ein Junge namens Karamo meinte, sie müßten sich von selbsterlegter Jagdbeute ernähren, und Sitafa behauptete, sie würden in stockdunkler Nacht in den Wald geführt und müßten ohne Hilfe den Rückweg finden. Was aber alle am meisten bedrückte und woran Kunta immer denken mußte, wenn er Wasser ließ, war, daß dem Mannbarkeitsritual ein Teil seines foto geopfert werden würde. Je mehr sie darüber sprachen, desto größer wurde ihre Furcht vor dieser Zeremonie, und sie unterließen es daher bald, diese Dinge zu erwähnen. Jeder suchte sich mit seiner Angst, so gut es ging, abzufinden, keiner wollte zeigen, daß er nicht tapfer war.
    Seit den ersten schlimmen Tagen mit den Ziegen auf der Weide hatten Kunta und seine Kameraden erheblich dazugelernt, aber zu lernen gab es immer noch etwas. Am Morgen, wenn die Ziegen, von Stechfliegen gepeinigt, mit zuckender Haut und zuckendem Stummelschwanz hierhin und dorthin auszureißen suchten, war es am schlimmsten.

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