Wurzeln
Junge, das Geld gehört doch dem Masser!«
»Ich krieg die Hälfte!« erklärte George stolz. »Ich bin auf dem Weg zu ihm, ich bring ihm seinen Anteil.«
Er eilte in die Küche, zeigte Miss Malizy das Geld und verlangte, den Masser zu sprechen.
Masser Lea steckte die neun Dollar ein und lachte. »Ich glaub fast, Onkel Mingo gibt dir meine besten Hähne und mir läßt er die Versager!«
George war außer sich vor Freude.
Die nächsten Kämpfe gewann George mit den beiden Vögeln, mit denen er das letztemal gewonnen hatte, und die vier Siege hintereinander machten Masser Lea so neugierig, daß er sich trotz einiger Bedenken den Besuch eines Kleinkampfes erlaubte.
Raunend und gestikulierend registrierten weiße und schwarze Hahnenhalter die unerwartete Ankunft des Masser. Als er sah, daß selbst Onkel Mingo und George nervös und unsicher wurden, bedauerte Masser Lea seinen Entschluß. Ihm wurde klar, daß es an ihm war, die Atmosphäre zu entspannen, und so winkte er denn einigen älteren armen Weißen zu und begrüßte sie kameradschaftlich. »Hallo, Jim.« – »Wie geht’s denn, Pete?« Sie grüßten grinsend zurück und wunderten sich, daß er ihre Namen behalten hatte. »He, Dave!« wandte er sich an einen dritten. »War das deine Frau, bei der du die letzten Haare gelassen hast, oder der Whiskey?« Dröhnendes Gelächter.
Es schien, als wäre der Hahnenkampf vergessen. Man drängte sich um Tom Lea, den Mann, der so arm begonnen hatte, wie sie es noch immer waren, und der jetzt zur Legende geworden war. George setzte sowohl Onkel Mingo als auch Masser Lea in Erstaunen, als er mit stolzgeschwellter Brust, den Vogel unterm Arm, um den Ring stolzierte und krähte: »Hört her, Leute! Wer von euch Geld hat, nur her damit! Mir ist es gleich, wie hoch einer setzt, denn wenn’s mir nicht langt, mein Masser ist reich, er nimmt alle Wetten an!« Als er den Masser lächeln sah, wurde er noch lauter: »Das hier ist nur Ausschuß, den ich kämpfen lasse, aber der schlägt immer noch alles, was ihr da mitgebracht habt! Los, kommt!«
Eine Stunde später, nachdem er seinen Auftritt wieder mit viel Tamtam angekündigt hatte, ging sein Hahn auch aus dem zweiten Treffen als Sieger hervor. George gewann zweiundzwanzig Dollar und Masser Lea an die vierzig aus Wetten, die ihm aufgedrängt worden waren. Er nahm äußerst ungern Geld von Leuten, die so bettelarm waren wie einstmals er, tröstete sich aber mit dem Gedanken, daß sie noch monatelang damit prahlen würden, gegen Tom Lea gewettet und verloren zu haben – natürlich das Zehnfache ihres tatsächlichen Einsatzes.
Man vermißte den kecken, lustigen George bei vier der folgenden Kleinkämpfe in Gaswell County, denn Onkel Mingo lag wieder einmal mit seinen Hustenanfällen darnieder. Diese fielen ihn aus heiterem Himmel an und waren sehr hartnäckig. George fand es unrecht, seinen alten Lehrer hilflos mit dem Hahnenvolk zurückzulassen; auch hatte er keine Lust, allein zu gehen. Doch auch als Mingo sich besser fühlte, erklärte er, dem langen Fußmarsch zum nächsten Kampfplatz nicht gewachsen zu sein. George möge ruhig allein gehen!
»Du bist kein Kind mehr! Du wärst schon lange weg, wenn da Mädchen wären!«
So machte sich George also allein auf den Weg, in jeder Hand einen prallen Sack mit einem Lockhahn. Die versammelten Hahnenkämpfer hießen ihn lärmend willkommen, denn er war beliebt, und einer rief: »Da ist ja endlich unser ›Hühner-George‹!« Das wurde allgemein belacht, und George stimmte herzhaft ein.
Je länger er auf dem Heimweg – wieder einen hohen Gewinn in der Tasche – darüber nachdachte, desto besser gefiel ihm der Spitzname. Er hatte ein gewisses Flair.
Kaum im Sklavenquartier angelangt, krähte er: »Heute hab ich einen Spitznamen gekriegt, ich wette, keiner von euch kann ihn raten. Na?«
»Wie nennen sie dich?«
»Hühner-George!«
»Du gütiger Himmel!« staunte Schwester Sarah.
Liebe und Stolz leuchteten aus Kizzys Augen. »Nun ja«, meinte sie, »besser kann man dich ja heutzutage wirklich nicht beschreiben!«
Der Spitzname belustigte sogar Masser Lea, als Onkel Mingo ihm davon erzählte und trocken hinzufügte: »Ein Glück, daß sie ihn nicht ›Heul-George‹ nennen, weil er immer heult, wenn er einen Hahn verliert. Er gewinnt jetzt meist, daran hat sich aber nichts geändert. Braucht nur ein Sporn seinen Hahn zu erwischen, schon flennt er und wiegt das tote Vieh im Arm wie ein Kind. Habt Ihr so was schon gesehn,
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