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Wyrm. Secret Evolution

Wyrm. Secret Evolution

Titel: Wyrm. Secret Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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mit Robbie in seinen persönlichen Albtraum hatte hineinstolpern lassen. Und den sie jetzt mit ihrem Leben bezahlen würden.
    *
    Kaum war Maya in den Schlund eingetaucht, da begriff sie erst, was sie sich vorgenommen hatte. Es war erst zwei Stunden her, dass sie der Hölle des eingestürzten U-Bahn-Tunnels entkommen war – und nun lieferte sie sich ihm wieder freiwillig aus. Wie bescheuert konnte man nur sein?
    Das Seil lief bereits weit oben nicht mehr frei durch, und nach wenigen Metern schien es sich komplett verhakt zu haben. Genaueres konnte Maya nicht erkennen. Der Rauch hatte zwar nachgelassen, aber dafür war so viel Staub und Dreck in der Luft, dass die Sicht nicht besser war als in einem Karpfenteich. Doch das durfte sie jetzt nicht aufhalten. Die beiden Idioten vom Suchtrupp schrien ihr irgendetwas nach, und dann fischte auch schon eine Hand nach ihrem Haarschopf.
    Sie tauchte geschickt unter ihr weg. Ihre Füße suchten nach winzigen Vorsprüngen, fanden sie, und dann begann sie auch schon in Windeseile nach unten zu klettern.
    Wenn die beiden Heinis bei Verstand waren, würden sie nicht versuchen, ihr zu folgen. Mit ihren sperrigen Monturen waren sie auf keinen Fall in der Lage, sich auf eine Freeclimbing-Tour einzulassen. Mal abgesehen davon war jeder von ihnen bestimmt doppelt so schwer wie sie selbst. Es war schon schlimm genug, dass sie als Federgewicht beim Herunterklettern kleine Gerölllawinen lostrat!
    Vielleicht waren die Männer dort oben aber auch nicht so bescheuert, wie sie geglaubt hatte – sondern nur vernünftig. Der Gedanke löste sich so schnell auf wie der Vorsprung, den sie gerade mit dem rechten Fuß belastet hatte – Maya verlor den Halt und stürzte in die verschlingende Dunkelheit hinein.
    Â»David!«, schrie sie und streckte die Hände vor.
    *
    Â»Mama«, keuchte Robbie mit solcher Inbrunst, dass David ein kalter Schauer über den Rücken rann. »Mama!«
    Damit blieb der Fünfjährige auch schon stehen. Unter normalen Umständen hätte David den Kleinen mühelos mit sich ziehen oder ein Stück tragen können. Aber die Umstände waren nicht normal. Noch nie zuvor in seinem Leben hatte David einen solch beißenden Durst verspürt, und noch nie zuvor war er so erschöpft gewesen. Sich einfach auf den Boden legen und schlafen, ohne jemals wieder aufzuwachen – das erschien ihm inzwischen wie eine Verheißung.
    Aber da war noch etwas anderes. Es war nicht mehr allein der U-Bahnhof, der ihn weiter antrieb, sowie die Vorstellung, den Fünfjährigen und sich selbst retten zu müssen.
    Das schmutzig-grüne Licht vor ihm verdichtete sich, glitt hin und her und entschwebte dann in der Richtung, in der sie unterwegs gewesen waren.
    Dort mussten sie hin. Dort erwartete man sie.
    *
    Der Aufprall war hart. Aber nicht so hart wie der Erdbrocken, der nachsauste und ihre Schulter traf. Maya hatte sich gerade aufrichten wollen, jetzt knickte sie mit einem dumpfen Laut wieder ein. Ein lähmender Schmerz breitete sich von der Schulter auf ihren Arm aus, und sie drohte, vollends ihre Kräfte zu verlieren.
    Nein. So leicht würde sie es dem Schicksal nicht machen. Sie kam torkelnd hoch und drückte sich zitternd an den Rand der in die Erde gerissenen Wunde. Der nächste Erd- oder Asphaltbrocken würde sie nicht mehr so leicht treffen und ausknocken können. Ihr Atem ging hektisch, ihre Beine drohten, ihr Gewicht nicht mehr tragen zu können. Doch das änderte nichts daran, dass sie zu Ende bringen musste, was sie begonnen hatte.
    Ihr war sehr wohl bewusst, dass sie Davids Namen geschrien hatte, als sie das letzte Stück in einer Riesenstaubwolke heruntergeschlittert war. Seitdem der heimliche Anführer ihrer kleinen Sprayer-Gang irgendwo in den Tiefen der stillgelegten U-Bahn-Anlage verschollen war, wünschte Maya sich nichts sehnlicher, als ihrem drängenden Herzenswunsch endlich nachzukommen: David zu beweisen, was sie für ihn empfand.
    Doch erst musste sie Nico und Jana rausholen. Und hoffen, dass sie etwas über Davids Verbleib wussten.
    Zu ihrer Rechten hörte Maya ein schreckliches Wimmern, das beständig abbrach, um dann nur umso qualvoller wieder einzusetzen. Ihre Phantasie überschlug sich, projizierte ihr die grauenvollsten Bilder auf ihr inneres Auge: Nico, der mit zerschmettertem Rückgrat auf dem Boden lag und sich vor Schmerzen wand. Oder Jana,

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