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Yelena und die Magierin des Südens - Snyder, M: Yelena und die Magierin des Südens

Yelena und die Magierin des Südens - Snyder, M: Yelena und die Magierin des Südens

Titel: Yelena und die Magierin des Südens - Snyder, M: Yelena und die Magierin des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria V. Snyder
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anbieten.“ Er holte tief Luft und fuhr fort: „Du wirst täglich in der Nähe des Commanders sein. Solange ich dir nicht vertrauen kann, muss ich dich kontrollieren.“
    Mein Ärger schmolz dahin. Warum sollte ich von Valek Vertrauen erwarten, wenn auch ich ihm nicht vertraute?
    Ich beruhigte mich wieder. „Wie kann ich Euer Vertrauen gewinnen?“
    „Sag mir, warum du Reyad getötet hast.“
    „Ihr seid wohl noch nicht soweit, dass Ihr mir glauben würdet.“
    Valeks Blick wanderte zum Besprechungstisch. Ich hielt mir die Hand vor den Mund. Warum hatte ich noch nicht so weit gesagt? Das hieß ja, dass er mir irgendwann einmal glauben würde. Was natürlich reines Wunschdenken meinerseits war.
    „Da hast du Recht“, sagte er.
    Wir schienen in einer Sackgasse gelandet zu sein.
    „Ich habe Euren Test bestanden. Jetzt möchte ich mein Gegengift.“
    Valek erwachte aus seiner Erstarrung. Er füllte eine Dosis ab und reichte sie mir.
    „Und jetzt?“, fragte ich.
    „Mittagessen. Wir sind schon spät dran.“ Er schob mich zur Tür hinaus. Im Laufen schluckte ich die weiße Flüssigkeit hinunter.
    Als wir uns dem Thronsaal näherten, drang erregtes Stimmengewirr durch die Gänge. Zwei Berater des Commanders stritten miteinander. Offiziere und Ratgeber drängelten sich hinter den beiden Kontrahenten. Der Commander lehnte an einem Schreibtisch und hörte aufmerksam zu.
    Die Gruppe diskutierte über die aussichtsreichste Möglichkeit, einen Entflohenen aufzuspüren und gefangen zu nehmen. Die rechte Seite plädierte für viele Soldaten und Spürhunde; die linke dagegen war dafür, nur wenige, dafür aber intelligente Soldaten mit der Aufgabe zu betrauen. Rohe Gewalt gegen Verstand.
    Die Diskussion wurde zwar laut, aber emotionslos geführt. Die Wächter, die über all im Raum standen, mach ten einen entspannten Eindruck. Ich vermutete, dass derartige Gespräche an der Tagesordnung waren, und fragte mich, ob der Entflohene tatsächlich existierte oder nur das Objekt einer theoretischen Übung war.
    Valek ging zum Commander hinüber, und ich stellte mich hinter die beiden. Die Debatte verursachte mir ein unbehagliches Gefühl, denn unwillkürlich stellte ich mir vor, selbst die arme Seele zu sein, die gejagt wurde.
    Ich sah mich atemlos durch den Wald hetzen und angespannt auf die Schritte meiner Verfolger lauschen. In einer Stadt konnte ich nicht untertauchen, denn ein ungewohntes Ge sicht würde die patrouillierenden Soldaten sofort in Alarmzustand versetzen – gelangweilte Soldaten, deren einzige Aufgabe darin bestand, ein waches Auge zu haben und jeden Einwohnerder Stadt zu kennen.
    Jeder Bürger in Ixia hatte eine bestimmte Arbeit, die ihm nach der Machtübernahme zugewiesen worden war. Ein Bewohner durfte zwar in eine andere Stadt oder einen anderen Militär-Distriktziehen, aber da für waren bestimmte Vorschriften einzuhalten. Ein Aufsichtsbeamter musste den Umzugsantrag genehmigen, und wer umziehen wollte, musste beweisen, dass er am neuen Wohnort eine Arbeitsmöglichkeit hatte. Ohne ordnungsgemäße Dokumente wurde ein Zivilist, der sich in der falschen Gegend aufhielt, festgenommen. Besuche in anderen Distrikten waren erlaubt, aber nur, wenn man im Besitz entsprechender Papiere war, die man den Soldaten bei der Ankunft zeigen musste.
    Während meiner Arbeit mit Brazell und Reyad, bei der ich von der Außenwelt vollkommen abgeschnitten war, hatte ich ständig an Flucht denken müssen. Träume von Freiheit waren besser als Grübeleien über ein Leben als Laborratte. Da ich weder Familie noch Freunde außerhalb des Anwesens hatte, bei denen ich mich hätte verstecken können, erschienen mir die Länder im Süden als beste Ausweichmöglichkeit, vorausgesetzt, mir gelänge es, die streng bewachte Grenze zu überwinden.
    In meiner Fantasie stellte ich mir immer wieder vor, heimlich nach Sitia zu fliehen, eine Adoptivfamilie zu finden und mich zu verlieben. Kitschige, sentimentale Gedanken, aber sie waren das Einzige, was mich aufrecht hielt. Jeden Tag, wenn die Experimente begannen, richtete ich meine Gedanken auf Sitia. Dort fand ich leuchtende Farben, freundliche Zuwendung und Wärme. Mit diesen Bildern im Kopf konnte ich Reyads Experimente ertragen.
    Doch selbst wenn ich die Gelegenheit zur Flucht gehabthätte, wüsste ich nicht, ob ich sie auch genutzt hätte. Obwohl ich mich nicht an die Familie erinnerte, in die ich hineingeboren wude, hatte ich ja eine Familie auf dem Anwesen – die anderen verlorenen

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