Zärtlicher Eroberer
für so dumm, Philippa. Ist zwischen euch beiden etwas vorgefallen? Ich dachte eigentlich, es würde bei euch beiden recht gut laufen.“
Sie spielte mit ihrem Löffel und zog damit Linien in ihrem inzwischen geschmolzenen Sorbet. „Das tut es auch, aber es ist nur natürlich, dass manchmal ein etwas rauerer Wind für uns weht. Neun Jahre sind eine lange Zeit, wir müssen uns wieder neu finden.“
Beldon ließ sich jedoch nicht so leicht hinters Licht führen. „Irgendetwas ist geschehen, das wieder deine Zweifel an ihm geweckt hat.“ Er schüttelte den Kopf. „Es gibt sicher Ereignisse in seinem Leben, über die du nichts weißt. Aber du kennst Valerian und seine Art, mit solchen Ereignissen fertig zu werden. Du weißt, man kann sich fest darauf verlassen, dass er stets vollkommen ehrenhaft handelt.“
„Das überzeugt mich nicht“, erwiderte sie ruhig. „Denn genau das bereitet mir die größte Sorge. Ich habe heute einen Brief von Lucien erhalten.“
„Weiß Valerian davon? Das würde seine Aufgebrachtheit erklären.“
„Es könnte sein.“ Philippa hielt es für durchaus möglich. Valerian hatte Steves vielleicht gefragt, ob irgendwelche Post gekommen sei, und dann hatte Steves bestimmt verneint und gesagt, es wäre nur ein Brief für die Duchess aus Truro eingetroffen. „Ich habe Valerian nie für eifersüchtig gehalten.“
„Natürlich nicht. Valerian ist in keiner Weise besitzergreifend. Dafür hat er aber einen ausgeprägten Beschützerinstinkt. Er vertraut Canton nicht. Beschützen ist ehrenhaft, Habgier nicht. Das ist der Unterschied zwischen ihm und Lucien – wenigstens einer von vielen.“ Beldon zuckte die Achseln.
Philippa starrte ihren Bruder an. Seine Einschätzungen ergaben wie immer vollkommen Sinn. Wenn es um Menschenkenntnis ging, war Beldon ein Meister darin. „Ich glaube, du hättest einen hervorragenden Wahrsager abgegeben, Beldon. Du siehst in den Menschen so viel mehr als wir anderen.“ Sie stand auf und legte ihre Serviette auf den Tisch. „Entschuldige mich bitte. Ich muss mich jetzt wieder mit Val aussöhnen.“
Schon im Flur hörte sie die Musik. Valerian war ein ausgezeichneter Klavierspieler, sowohl technisch perfekt als auch ausdrucksstark. Im Moment spielte er eine ruhige Nocturne.
Sie hörte eine Weile von der Tür aus zu, weil sie ihn nicht unterbrechen wollte. „Das ist ein sehr beruhigendes Stück“, sagte sie schließlich mit sanfter Stimme.
„Deshalb habe ich es auch ausgesucht. Ich habe gehofft, dadurch wieder einen klaren Kopf zu bekommen“, erwiderte Valerian. Er hielt ihr den Rücken zugekehrt, und seine Finger ruhten noch auf den Tasten.
„Hat es gewirkt?“ Philippa trat hinter ihn und massierte ihm die Anspannung aus den Schultern.
„Zu einem gewissen Grad.“ Valerian seufzte. „Das tut gut. Ich glaube, noch besser wird es mir gehen, sobald ich mich für mein flegelhaftes Benehmen entschuldigt habe.“
„Ich bin auch gekommen, um mich zu entschuldigen. Ich wollte Lucien nicht verteidigen. Er versichert mir zwar, nach wie vor ein Freund für mich zu sein, aber ich denke, diese Freundschaft hat doch Schaden genommen, weil ich seinen Heiratsantrag abgelehnt habe. Ich habe mich noch nicht bei ihm gemeldet, nicht einmal schriftlich, seit ich seinen zweiten Antrag ebenfalls abgelehnt habe.“
„Seinen zweiten Antrag. Davon wusste ich nichts.“Valerian machte sich ganz steif.
„Er hat mich an dem letzten Abend in Truro noch einmal gefragt, aber ich habe Nein gesagt. Lucien hat keinen Grund zu der Hoffnung, ich könnte meine Meinung doch noch ändern. Heute hat er mir allerdings geschrieben, um seine aufrichtige Freundschaft erneut zu betonen.“
Valerian nickte und bestätigte damit ihre Vermutung. „Steves hat das im Vorübergehen erwähnt.“ Er nahm ihre Hände von seinen Schultern und stand auf. „Es tut mir leid, wie ich mich beim Abendessen verhalten habe, aber die Gründe dafür tun mir nicht leid. Könnten wir uns vielleicht einen Moment vernünftig unterhalten? Glaubst du, unser Zorn hat sich so weit wieder gelegt?“
Philippa hakte sich bei ihm unter, und sie schlenderten die langen Flure entlang, bis sie zur Ahnengalerie im zweiten Stock gelangten. Ihre Wut war tatsächlich verflogen, und die friedliche Stimmung zwischen ihnen war für Philippa wie Balsam für die Seele.
„Worüber wollen wir reden?“, fragte sie nach einer Weile und spürte Valerians Widerstreben, die Stille zu durchbrechen.
„In aller
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