Zauber der Versuchung: Roman (German Edition)
habe noch niemals gehört, dass Judith sich so schnell mit jemandem einließ.«
Gideon kniff die Augen zusammen. »Und?«
»Und ich denke, dass es durchaus möglich ist«, begann Helmsley und sah ihm in die Augen, »dass du ihr das Herz brechen könntest.«
»Unsinn«, erwiderte Gideon gereizt. »Ich breche keine Herzen. Außerdem war Judith ausgesprochen deutlich, was die Grenzen unserer Beziehung betrifft. Herzen sind weder involviert, noch erwarte ich, dass sie es werden.«
»Trotzdem kannst du dir nicht sicher sein«, gab Norcroft kopfschüttelnd zu bedenken. »Solche Dinge entwickeln ein gewisses Eigenleben.«
»Nein, ich bin mir sicher, Jonathon.« Gideon erwiderte den Blick seines Freundes betont streng, um jedweden Zweifel auszuräumen und eindeutig klarzumachen, was er meinte. »Ich denke, der Umstand, dass du gefunden hast, was man gemeinhin die Liebe des Lebens nennt, und den Rest deiner Tage in ehelicher Glückseligkeit verbringen wirst, grenzt an ein Wunder, und ich wünsche dir alles Gute. Manche von uns waren und werden nie so glücklich sein. Und ich glaube nicht, dass es mir«, er überlegte kurz, »bestimmt ist, wenn man so will, diese Art Liebe zu finden. Irgendwann werde ich einer fügsamen, wohlerzogenen Dame begegnen, die eine passable Ehefrau abgibt und mir den Erben schenkt, den zu zeugen meine Pflicht ist.
Was Judith angeht, kann sie durchaus das Bezauberndste sein, was mir je passiert ist. Daher bin ich fest entschlossen, jeden einzelnen Moment auszukosten, den ich das Privileg ihrer Gesellschaft genießen darf. Aber es ist nichts weiter als ein erfreuliches Zwischenspiel. Und ich nehme an, dass ich, wenn es vorbei ist, genügend außergewöhnliche Erinnerungen haben werde, um mir mein anständiges, zivilisiertes, vielleicht aber ein wenig gesetztes und langweiliges Leben zu versüßen.«
»Gütiger Gott, ich habe mich geirrt«, sagte Helmsley und starrte Gideon mit großen Augen an.
»Ich wage zu behaupten, dass du dich heute in einer Menge Dinge irrst und dich morgen in noch mehr irren wirst.« Gideon verdrehte die Augen. »Worauf genau beziehst du dich gerade?«
Helmsley und Norcroft tauschten vielsagende Blicke aus.
»Es ist nicht Judiths Herz, das in Gefahr ist«, sagte Helmsley versonnen lächelnd. »Es ist das deine.«
Fünftes Kapitel
»Höhnt mich nicht, liebe Phöbe! Tut‘s nicht, Phöbe!
Sagt, dass Ihr mich nicht liebt, doch sagt es nicht...«
Shakespeares Worte hallten von der Bühne unten herauf, aber Judith nahm sie kaum wahr. Sie saß neben Gideon in einer Privatloge und betrachtete im Halbdunkel verstohlen sein Profil. Heute Abend gaben sie eine sehr hübsche Inszenierung von Wie es euch gefällt , und bald würde die erste Pause kommen. Judith allerdings achtete wenig auf die amüsante Geschichte von mehreren Liebespaaren, die durch einen Wald streiften.
Zwei Tage war es her, seit sie Gideon zuletzt gesehen hatte. Sie würde es entschieden vorziehen, jede Stunde, jeden Tag und jede Nacht mit ihm zu verbringen, aber eine warnende Stimme in ihrem Kopf – eine Stimme, die sie nie zuvor vernommen hatte – hatte sie davon abgehalten, ihm eine Nachricht zukommen zu lassen oder, Gott bewahre, persönlich zu ihm zu gehen. Zudem brauchte sie einige Zeit, um über das nachzudenken, was zwischen ihnen geschehen war. Das war nur logisch, da sie vorher sehr wenig nachgedacht hatte. Er schickte ihr Blumen und einen Brief mit der Bitte, ihn heute Abend ins Theater zu begleiten, war jedoch nicht persönlich erschienen. Sie war gleichzeitig verärgert und dankbar, und fragte sich, ob er sich ebenfalls Zeit zum Nachdenken über das nahm, was sie begonnen hatten. Oder ob er es vielleicht sogar bereute. Natürlich waren ihre Gedanken von Susannas Bemerkungen überschattet.
»Ich bitte Euch sehr, verliebt Euch nicht in mich, Denn ich bin falscher als Gelübd‘im Trunk.«
Judith gab zu, dass, was auch immer zwischen ihr und Gideon war, anders war als ihre vorherigen Affären. Jonathon war ihr erster Liebhaber gewesen, drei Jahre nach dem Tod ihres Mannes. Es war eine kurze Liaison gewesen, wie die danach ebenfalls. In den Folgejahren hatten Jonathon und sie gelegentlich auf freundschaftliche Weise das Bett geteilt, obwohl sie sich nicht mehr erinnerte, wann es das letzte Mal geschah. Es musste Jahre her sein, dachte sie. Rückblickend erkannte sie, was ihr zuvor nicht aufgefallen war, nämlich dass das Vorspiel zu den Affären mit anderen Gentlemen, der Tanz , wie Susanna
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