Zauber der Wellen - Feehan, C: Zauber der Wellen - Oceans of Fire (3 - Abigail)
Gerüchen ein, die von den Kräutern, den Kerzen und den Räucherstäbchen verströmt wurden. Die Luft wurde schwer. Kleine goldene Funken kamen aus den Fingerspitzen der Drake-Frauen, bildeten Bögen und schimmerten erst weiß und dann gelb.
Aleksandrs Herzschlag beschleunigte sich. Teetassen, die durch die Luft schwebten, und Menschen, die die Wahrheit sagten, mochten ja schön und gut sein, aber dieses Zeremoniell war etwas ganz anderes. Kräfte ballten sich im Raum. Er zog Abigails Hand auf sein Herz und hielt sie dort fest, während das Haus quietschte und arbeitete, als erwachte es zum Leben. Er fühlte, dass der Boden bebte, und die Wände schienen weiter auseinanderzurücken. Kleine Kometen aus Purpur und Blau
flitzten über die Decke und verblichen dann, um gleich darauf wieder aufzutauchen und zu Schatten der beiden Farben zu verschmelzen, die mit großer Intensität pulsierten.
Die Bilder der Drake-Schwestern und ihrer Vorfahren an der Wand begannen ein wenig zu wackeln. Der Gesang gewann an Klangfülle und schwoll an, und Aleksandr war ganz sicher, dass nun noch andere Stimmen in ihn eingefallen waren. Ein Klang aus weiter Ferne war zu vernehmen, wie das Klirren eines Windspiels oder das Bimmeln von Glöckchen im Wind. Töne von einer eigentümlichen Dissonanz, die dazu führte, dass sich die Haare in seinem Nacken und auf seinen Armen aufstellten.
Farben wirbelten umher und verschwammen miteinander, und die Schweife der Kometen ließen Funken in der Luft zurück. Das Klangspiel wurde lauter und war jetzt deutlicher zu hören. Ein Ruf. Ein Herbeizitieren. Beharrlich. Ehrerbietig. Sein Magen zog sich vor Anspannung noch fester zusammen. Im Eingang nahm Aleksandr über einem detaillierten Mosaik eine Bewegung wahr, die seinen Blick auf sich lenkte. Schatten kreisten, lösten sich aus den Kacheln und nahmen bei ihrem Auftauchen Gestalt an. Frauen. Ein Heer von Frauen.
Jeweils zu siebt kamen sie aus den Fliesen, wirbelten in einer formlosen grauen Masse gemeinsam heraus, lösten sich dann voneinander und wurden zu klar erkennbaren Individuen. Im einen Moment waren sie noch transparent und im nächsten hatten sie feste Gestalt angenommen. Mehr und mehr Frauen schlossen sich ihnen an, füllten den Raum und stellten sich hinter dem Kreis der Drake-Schwestern auf. Die Frauen drängten sich herein, Stimmen schwollen an, Kerzen flackerten, die Kraft nahm zu, und der Raum füllte sich, bis es unmöglich zu sein schien, dass noch jemand hineinpasste.
Die Schattenfrauen reihten sich direkt hinter jeder der Drake-Schwestern auf. Diejenigen, die hinter Libby standen, hatten ihre Arme zum Mondschein erhoben, der durch die Fenster strömte, ebenso wie Libby. Die anderen reichten einander die
Hände und aus ihren Fingerspitzen sprühten die gleichen Funken wie aus denen der Drakes und bildeten Bögen. Die letzte Gruppe formte einen schützenden Kreis um sie alle herum.
Libby ließ ihren Arm sinken, und sämtliche Schatten hinter ihr taten es ihr nach. Stille senkte sich auf den Raum hinab. Aleksandr hielt den Atem an. Die Frauen, die gleich hinter Libby standen, traten vor, drängten sich dichter an sie heran, als es möglich zu sein schien, überschatteten sie, verschmolzen miteinander, bis sie verschwanden und nur noch Libby zurückblieb. Er sah sich um. Derselbe Prozess wiederholte sich mit jeder der anderen Frauen, bis nur noch die sieben Schwestern und Carol im Zimmer zurückgeblieben waren.
Wieder trat ein Moment gespannter Erwartung ein. Die Drake-Frauen reckten ihre Arme dem Mond entgegen. Blitze tanzten weiß glühend durch den Raum, deren Konturen bläuliche Flammen aufzeigten. Die knisternden Lichtschweife wirbelten durch die Luft, fegten über die Decke und glitten an den Wänden des Hauses hinab. Dann schlängelten sie sich über den Fußboden auf den Kreis zu. Sie ließen einen lumineszierenden Schleier zurück, eine dünne Schicht aus bläulichem Purpur, die alles überzog, was sie berührten. Die Farbe breitete sich bis hin zu dem Kreis aus Holzstäben über den Boden aus und einen Moment lang fühlte Alexandr die elektrische Ladung, die ihn durchzuckte und über ihn hinweg wogte. Als er den Blick senkte, sah er, dass seine Finger, die sich mit Abbeys Fingern verschlungen hatten, in demselben farbigen Licht schimmerten.
Die Klänge wurden schwächer. Die Farben verblassten. Die Kerzen flackerten in der Stille. Aleksandr zwang sich, tief einzuatmen. Die Anspannung begann aus ihm herauszusickern, und
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