Zauber der Wellen - Feehan, C: Zauber der Wellen - Oceans of Fire (3 - Abigail)
auf und ab lief. »Ich muss fort, weit weg von meiner Familie. Ich will sie nicht in Gefahr bringen. «
»Nun mal langsam, Abbey. Wir wissen doch noch gar nicht, was hier überhaupt vorgeht.«
»Was hier vorgeht? Das musst du doch wissen, denn sonst wärest du gar nicht in Sea Haven. Urplötzlich tauchen hier Russen auf, die einander umbringen, und Killer lungern vor dem Haus meiner Familie herum. Warum bist du hier, Sasha? Weshalb solltest du herkommen?« Sie kam wieder zu ihm, kniete sich neben dem Bett auf den Fußboden und sah ihn mit ihren unglaublichen Augen an.
Er hatte vergessen, wie ihre Augen aus der Nähe aussahen. Sie konnten so klar und schön oder so aufgewühlt und unbändig sein wie das Meer, das sie so sehr liebte. Als sie dort kniete und ihre üppige rote Haarpracht wie ein Wasserfall bis auf die Wölbung ihres Hinterteils hinabfiel, sah sie aus wie die Hexe, als die sie von manchen Menschen gesehen wurde. Die Hexe, die sein Volk aus dem Land verwiesen hatte, nachdem man sie vorher die Hölle hatte durchmachen lassen.
Er hatte jede Gefälligkeit eingeklagt, die ihm andere schuldig waren, hatte sogar alte Kontakte wieder aufleben lassen und Kanäle benutzt, die er vor langer Zeit für die Polizeiarbeit aufgegeben hatte, und all das nur, um sie heil außer Landes zu bringen. Sie wusste nichts von den Risiken, die er auf sich genommen hatte, oder von den Konsequenzen seines Handelns. Sie wusste nichts von dem Blutbad, das sie hinter sich zurückgelassen hatte. Aber sie wusste, dass er dafür verantwortlich war, dass die Regierung sie überhaupt erst aufgegriffen hatte. Er war für viele Dinge verantwortlich. In erster Linie dafür, dass jetzt
Wachsamkeit in ihren Augen stand. Und Furcht. Sie hatte sich nie wirklich gefürchtet, bevor sie ihm begegnet war.
»Du hast alle meine Briefe ungeöffnet zurückgehen lassen.« Er legte sich zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf.
»Warum bist du hier?«, wiederholte sie.
»Weil du hier bist.«
Abigail schloss die Augen und gestattete einer Woge von Schmerz, über sie hinwegzuspülen. Sie hatte so lange mit ihrem Kummer gelebt, dass er inzwischen zu einem Teil ihrer selbst geworden war. Sie verabscheute jämmerliche, weinende Frauen, die nicht ohne den Mann leben konnten, der ihnen das Herz gebrochen hatte. Sie war in jeder Lage stark. Ihr bereitete es keine Probleme, einfach fortzugehen. Und sie ließ sich von niemandem herumschubsen. Bis Aleksandr aufgetaucht war. Bei ihm war sie willensschwach. Lag es etwa nur daran, dass sie die Gelegenheit herbeisehnte, neben ihm zu liegen und seine unbändige Kraft und seine Wärme zu spüren, und sei es auch nur noch ein einziges Mal?
Aleksandr stellte ihre geordnete Welt auf den Kopf. Einer seiner glühenden Blicke genügte, um ihren Körper zum Leben zu erwecken. Eine einzige Berührung. Er brauchte nichts weiter zu tun, als auf sie zuzugehen. Einfach erbärmlich, was er aus ihr gemacht hatte! Wut durchzuckte sie, und rasender Zorn kam ihrem Selbsterhaltungstrieb zu Hilfe geeilt. Sie würde nicht noch einmal durch die Hölle gehen. Selbst sie besaß ein Mindestmaß an Selbstachtung. Nun ja … vielleicht doch nicht. Vielleicht war es keine Selbstachtung, sondern tatsächlich nur ihr Selbsterhaltungstrieb, denn schließlich hätte er sie beinah zerbrochen. Er hatte ihr die Lebensfreude genommen und ihr jeden Spaß verdorben, und er hatte ihr Selbstvertrauen zerstört.
»Du verfluchter Mistkerl, Sasha. Geh weg. Das Haus meiner Familie ist der einzige Zufluchtsort, der mir noch geblieben ist.«
»Du hättest nichts weiter zu tun brauchen, als meine Briefe zu lesen, Abbey. Nicht einmal diesen Gefallen hast du mir getan.«
Sie wandte den Kopf um und sah ihn wutentbrannt an. Zorn sprudelte in ihr empor wie eine heiße Fontäne, und sie gestattete es ihm, ungezügelt aus ihr hinauszubrechen. Sie sprang auf, denn sie verabscheute das Bild einer Frau, die zu seinen Füßen kniete. »Gefallen? Glaubst du etwa, ich bin dir einen Gefallen schuldig? Du hast zugelassen, dass sie mich fortschleppten und mich behandelten wie ein Tier. Du wusstest, was sie mir antun würden. Willst du wissen, wie oft sie mich geschlagen haben? Wie viele Stunden ich verhört worden bin? Geohrfeigt? Angespuckt? Willst du die hässlichen kleinen Einzelheiten hören? Oder kennst du sie bereits?« Sie sah in sein Gesicht hinunter. Sein gut geschnittenes, gemeißeltes Gesicht, das nie etwas preisgab. Am liebsten hätte sie ihn
Weitere Kostenlose Bücher