Zeit der Eisblueten
zeigte damit auf ihn. »Fass mich nicht an, okay?«
»Was? Isabel, nun hör mal …«
»Nein, du hörst mal«, fauchte sie. »Ich habe gehört, was sie gesagt hat, und es ist offensichtlich, oder? Sie würde das nicht tun. Warum willst du unbedingt abstreiten, dass du sie gefickt hast? Zumindest das solltest du zugeben. Halte mich nicht für …«
»Verflucht, ich hab’s nicht gemacht«, protestierte er mit lauter werdender Stimme. »Ich hatte verdammt noch mal absolut keinen Geschlechtsverkehr mit dieser Frau.«
Isabel starrte ihn an. »Ich bin beeindruckt. Du hattest verdammt noch mal keinen Geschlechtsverkehr mit dieser Frau, aber irgendwie hast du sie geschwängert. Ha! Ich würde nur zu gern wissen, wie ihr beide das zustande gebracht habt.«
»Isabel. Um Gottes willen. Jetzt bist du …«
»Wenn du so höllisch clever bist, warum kannst du’s dann nicht mit mir machen?«
»O Gott, jetzt reicht es!«
»Mir reicht’s nicht, Schatz. Du solltest dich mehr anstrengen, da du es offenbar so gut kannst.«
»Nein, ich hab genug von der Anstrengung«, brüllte er wütend. »Ich habe nie jemanden geschwängert, und weißt du was, Isabel? Die ganze beschissene Angelegenheit steht mir bis hier. Ich will keine Kinder; nicht ihre, nicht deine, nicht die von sonst wem. Hörst du mich? Ich habe dich immer wieder besamt und versucht, mit Gewalt eine Schwangerschaft herbeizuführen. Und nun sieh uns an. Was ist aus unserer Liebe geworden? Ich wollte es dir sagen, aber du hast nur …«
Er hielt inne. Was tat er da? Sie starrten einander sekundenlang an. Angeekelt von sich selbst und entsetzt über seinen taktlosen Ausbruch, beobachtete er voller Bedauern, wie sich der Schock in Isabels Gesicht abzuzeichnen begann. Sie hatte ihn endlich gehört, ihm wirklich zugehört. Sie stand vom Bett auf, hob den Arm und warf das Telefon mit aller Kraft nach ihm. Es verfehlte seine Schulter und krachte an die Wand, wo es einen stumpfen Keil im Verputz hinterließ.
KAPITEL
4
Moose Creek, 1992
D AFYDD FUMMELTE AN dem Bund ungleicher Schlüssel herum. Sie waren angelaufen und rostig. Aber er brauchte sie gar nicht, denn das Schloss war aufgebrochen worden. Man hatte die Tür mit einem groben Gerät aufgehebelt, möglicherweise mit einem ganz gewöhnlichen Schraubenzieher.
Hogg hatte ihn vor dem Zustand des Wohnwagens gewarnt und ihm sogar angeboten, ein oder zwei zusätzliche Übernachtungen im Klondike zu bezahlen, damit die Einbruchsschäden repariert werden konnten. »Nur ein paar kleine Sachen«, hatte er vage versichert. »Der Herd muss wieder angeschlossen werden, und eines der Fenster ist geborsten.«
Dafydd entschied, auf keinen Fall eine weitere Nacht damit zu verbringen, von den Bewegungen eines kopulierenden Paares durchgerüttelt zu werden und sich den Hintern an dem Dreck eines anderen wund zu scheuern.
»Dr. Hogg … Andrew … Mir ist egal, was repariert werden muss«, entgegnete er und war von seiner eigenen Entschlossenheit überrascht. »Aber wenn Sie meinen, dass er unbewohnbar ist, dann werde ich mich nach etwas anderem umsehen. Ian hat mir erzählt, dass es in der Stadt eine ganze Menge leerstehender Wohnwagen gibt und dass ich innerhalb kürzester Zeit einen bekommen könnte.«
Als Seniorpartner sowohl im Krankenhaus als auch in der Klinik wirkte Hogg, mit Sheila Hailey als Helferin, wie eine One-Man-Band. Der kleine, korpulente Mann von Mitte bis Ende vierzig gehörte zu den ersten Ärzten, die nach Moose Creek gekommen waren. Er besaß den Wohnwagenpark und ein paar weitere Einnahmequellen, und er schien es für selbstverständlich zu halten, dass Neuankömmlinge wie Dafydd seine Taschen füllten. Das werden wir später klären, dachte Dafydd.
Hogg reichte ihm rasch ein paar Zwanzigdollarscheine aus seiner Brieftasche. »Besorgen Sie sich eine Putzfrau. In dem Wohnwagen neben dem Tor wohnt eine sehr willige Dame, Mrs Breummer. Sie wird das heute Abend erledigen – ist immer knapp bei Kasse.«
Die Tür schwang auf und hing lose in den Scharnieren. Dafydd ließ seine Koffer auf der Veranda stehen. Martha hatte sie hertransportiert. Sie schien vor dem Klondike auf ihn gewartet zu haben; als er am Nachmittag ausgecheckt hatte, stand sie da. Dafydd betrat den Wohnwagen. Der Boden war mit zersplittertem Glas, Zigarettenstummeln, gebrauchten Kondomen und schmutziger Kleidung übersät. Ein Fenster war zertrümmert, und jemand hatte einen elektrischen Herd von seiner verdreckten Standfläche weggerissen und
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