Zeit der Finsternis
die Lippen. "Keine Sorge, er kriegt sich schon wieder ein. Die Situation belastet ihn, genau wie uns alle." Max strich Val über die Wange und blickte sie liebevoll an, während er ihr Andrews Geschichte erzählte. "Auch er wurde von Damian erschaffen und war durch einen Blutsbann dazu gezwungen, ihm bedingungslos zu gehorchen. Das war, nachdem Julian und ich...getrennte Wege gingen. Ich schätze, die momentane Lage lässt bei ihm alte Wunden wieder aufbrechen. Er und Philip, der ebenfalls von Damian in einen Vampir verwandelt wurde, fanden damals Hilfe bei einer sehr alten Hexe. Sie versuchte den Zauber zu brechen - allerdings, sind die Kräfte der Hexerei manchmal unberechenbar und...Philip hat es damals nicht geschafft..." Er beendete seinen Satz nicht, denn wir wussten alle, was passiert sein musste und Val legte seufzend ihren Kopf an Max´ Schulter.
Caroline räusperte sich kurz. "Ich störe eure traute Zweisamkeit ja nur ungern, aber ich würde gern vermeiden, dass uns dasselbe Schicksal ereilt. Könntest du uns denn jetzt bitte endlich in den großen, geheimnisvollen Plan einweihen?!" Sie fuchtelte theatralisch mit den Händen.
Max gab Valentina noch einen Kuss auf die Stirn und sah dann zu mir. Ich nickte. "Sie hat recht.", stimmte ich Caroline zu.
Max trat an den Esstisch vor der Fensterfront mit Blick über Manhattan und breitete die Landkarte darauf aus. Sofort versammelten wir uns alle um ihn.
"Und wo ist sie jetzt?" Val durchbrach ungehalten die Stille, deutete auf die Karte und spielte auf Tamaras aktuellen Aufenthaltsort an.
Max fuhr mit dem Finger auf dem Papier entlang, stoppte oberhalb von Wyoming in Michigan und wies auf einen Wald, der dort verzeichnet war. "Hier." Er tippte auf die große grüne Stelle der Landkarte.
"Ich dachte sie wären in England?" Val zog die Stirn kraus und sah Max fragend über den Tisch hinweg an.
"Das waren sie auch, aber anscheinend....hat es Damian jetzt in unsere Nähe gezogen.", erklärte ich ihr und schluckte schwer. Es hatte einen Grund, weshalb Damian mit seinem ganzen Hofstaat in seine Festung gezogen war. Er würde bald damit beginnen, Jagd auf seine Feinde zu machen. Und wir standen auf seiner Liste anscheinend ganz oben. Val ließ bei meinen Worten betroffen den Kopf hängen. Auch ihr war bewusst, dass wir schnell handeln mussten, damit wir überleben konnten. "Was...was habt ihr denn nun von Melissa erfahren?", warf Caroline ein.
Max´ Miene erhellte sich. "Sie wird versuchen den Zauber rückgängig zu machen..."
In diesem Moment stürzte Benjamin durch die Tür, sein Gesicht spiegelte Entsetzen wider und das einzige was ihm über die Lippen kam, war ein brüchiges: "Kommt mit, schnell!"
Wir sahen uns kurz verwirrt an, ehe wir Benjamins Aufforderung folgten und mit ihm die Treppe nach unten rannten. In Windeseile fanden wir uns vor dem Hintereingang des Gebäudes wieder und ich traute meinen Augen kaum, als ich auf den Asphalt blickte.
Ava hatte ihren Körper mit versteinerter Miene gegen die Wand gepresst. Ihre Augen waren weit aufgerissen und ihren Blick hatte sie starr auf den grauenvollen Anblick gerichtet, der sich uns bot.
Valentina schlug sich die Hand vor den Mund und taumelte in Carolines Arme, die sie nur mit Mühe stützen konnte, während ihr die Tränen aus den Augen traten und sie immer wieder "Nein, das kann nicht sein!" flüsterte.
Andrews blutverschmierter Körper lag vor uns auf der Straße, seine leblosen Augen starrten ins Leere und an seinem Hals klaffte ein großes dunkles Loch. Man hatte ihm die Kehle herausgerissen. Auf seiner Stirn stand das Wort
Verräter
, mit seinem Blut geschrieben.
"Oh mein Gott...wer...wer hat das getan?", wimmerte Valentina hinter vorgehaltener Hand, während ich als Erster wieder die Kontrolle über meinen Verstand erlangte, aus der Reihe heraustrat und den Dolch aus Andrews Herz zog, mit dem man einen Umschlag an seiner Leiche befestigt hatte.
Ich öffnete das Kuvert und überflog die Zeilen der Nachricht, die an uns alle gerichtet war. "Tamara", erwiderte ich tonlos auf Val´s Frage.
Benjamins Gesicht wurde bleich. "Wie bitte?!", brach es aus ihm heraus und er riss mir den Brief aus der Hand um ihn selbst zu lesen.
"Deine Gefährtin hat einen von uns getötet?!" Er baute sich vor mir auf und schrie mir die Tatsache mitten ins Gesicht. Es trieb mir die Tränen in die Augen, doch ich rang um Fassung. Langsam erfasste auch mich die Wut. "Sie wurde dazu gezwungen - es ist nicht ihre Schuld!", rief ich
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