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Zeit der Raben - Ein Inspektor-Rutledge-Roman

Titel: Zeit der Raben - Ein Inspektor-Rutledge-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Todd Ursula Gnade
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fürchte mich vor ihm.«
    Rutledge hatte die Weide systematisch abgesucht, und da war kein toter Soldat gewesen. Noch nicht einmal Spuren, die auf ein Grab hinwiesen.
    Aber Tommy hatte dort eindeutig jemanden oder etwas gesehen.
     
    Trotz seiner Bemühungen konnte Rutledge keine weiteren Informationen aus Tommy Crowell herausholen. Was auch immer
ihm Entsetzen eingeflößt hatte, hatte ihn jegliche Einzelheiten vergessen lassen. Immer wieder schüttelte er den Kopf und sagte: »Ich - ich weiß es nicht.«
    Schließlich hatte Rutledge ihm die Schleuder zurückgegeben und gesagt: »Das ist ein schönes Stück, wirklich gut gearbeitet, und ich finde, deine Mutter sollte dir erlauben, es zu behalten.« Smith folgte ihm aufgebracht, als Rutledge zum Wagen ging und selbst die Kurbel anwarf. Die Nachtluft hatte sich abgekühlt, und in den Morgenstunden würde es gewiss Frost geben. Er zog seine Handschuhe an und setzte sich hinter das Steuer.
    Smith protestierte immer noch.
    Rutledge sagte: »Ich glaube nicht, dass er jemals einen Revolver in den Fingern hatte. Er bejaht alles, was man ihn fragt. ›Wo ist der Revolver?‹ ›Ich weiß nicht, wo er ist, Sir.‹ Und das ist buchstäblich die Wahrheit - er weiß es wirklich nicht. Weil er ihn nie gehabt hat. Sie haben ihm eine direkte Frage gestellt, und er antwortet Ihnen, so gut er kann. Aber was - oder wer - auch immer sich auf der oberen Weide aufgehalten hat, muss den Schuss abgegeben haben.«
    »Ein toter Soldat? Von dem ich nichts wüsste? Sie haben ihm diese Lügengeschichte doch nicht etwa abgekauft?«
    Aber Smith, sagte Hamish gerade, wusste schließlich nichts von den Patronenhülsen.
    »Nicht mal ein Selbstmord?«
    Smith antwortete: »Sehen Sie mal, wenn der Junge lügt, was den Revolver angeht, dann lügt er auch, was den Toten angeht. Es ist eine Frage der Selbsterhaltung. Er kann sich nicht erinnern, was er mit der Waffe getan hat, also setzt er Ihnen stattdessen eine Leiche vor. Sie sind Polizist und haben folglich mit Leichen zu tun. Das begreift sogar Tommy Crowell.«
    »Er lügt nicht. Einfältige Menschen lügen selten. Er hat Ihnen gesagt, er wüsste nicht, wo der Revolver ist, und er weiß es tatsächlich nicht. Wenn er einen Toten auf dieser Weide gesehen
hat, dann hat er ihn mit Begriffen geschildert, die ihm selbst einleuchten.«
    Er erinnerte sich an Tommys exakte Beschreibung. »Er war tot und begraben. Ich habe ihn gesehen, und das hat mir nicht gefallen. Deshalb bin ich fortgerannt.«
    »Begraben wie auf einem Friedhof?«
    »Nein, nicht auf einem Friedhof. Es waren keine Blumen da und auch kein Grabstein. Und trotzdem lag er dort und war begraben.«
    »Ich kann Hertfordshire schließlich nicht nach einem toten Soldaten absuchen! Damit vergeude ich meine Zeit und die meiner Männer.«
    »Nein. Wer auch immer auf dieser Weide war, von hier kann er nicht gewesen sein.«
    »Das können Sie nicht mit Sicherheit sagen.«
    Rutledge warf einen Blick auf ihn und sah das wütende Gesicht im Licht der Scheinwerfer. Er antwortete behutsam: »Es ist Ihr Revier. Niemand kennt es besser als Sie. Falls Sie etwas herausfinden, wissen Sie, wo Sie mich in London erreichen können.«
    »Wenn es niemand aus dieser Gegend war«, Smith verfolgte das Thema beharrlich weiter, »dann war es kein Zufallstreffer, stimmt’s? Er wusste genau, worauf er zielt.« Als Rutledge nichts erwiderte, verstummte er und dachte darüber nach. Dort, wo der zerfurchte Feldweg auf die Hauptstraße traf und die Reifen des Automobils Halt auf dem vereisten Schlamm suchten, als Rutledge abbog, ergriff Smith wieder das Wort. »Dann haben Sie einen Feind, der frei herumläuft. Ich bin froh, dass ich nicht in Ihrer Haut stecke.« Er wandte den Kopf um und sah hinter Rutledge, als wollte er Hamish ausfindig machen. »Es wäre mir lieb, wenn Sie so schnell wie möglich mit Ihren Sorgen aus Hertfordshire verschwinden würden. Die können wir hier nicht gebrauchen.«

7.
    Bowles lief bereits in seinem Büro auf und ab, als Rutledge anklopfte, weil er ihn zu sich bestellt hatte.
    »Wo zum Teufel haben Sie gesteckt?«, erkundigte sich der Chief Superintendent ärgerlich. »Ich habe Sie schon vor einer guten halben Stunde zu mir bestellt! Und was ist Ihrem Gesicht zugestoßen?«
    »Ich komme gerade aus Hertford zurück, Sir …«
    »Mich interessiert nicht die Bohne, woher Sie gerade kommen. Sie werden sich auf der Stelle nach Northamptonshire begeben. Dort gibt es Ärger in einem Ort namens Dudlington

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