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Zeit der Sternschnuppen

Zeit der Sternschnuppen

Titel: Zeit der Sternschnuppen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Ziergiebel
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Mittwoch zu und versprach, Wäsche und Geld mitzubringen, denn ich besaß keinen Pfennig. Als wir uns verabschiedet hatten, empfand ich zum ersten Male wieder eine große Erleichterung. Sie trug mir nichts mehr nach, und mir lag viel daran, mich im guten von ihr zu trennen.
    Am späten Nachmittag versuchte ich wiederum, das Terrain für die Flucht zu sondieren. Meine Bemühungen scheiterten jedoch erneut an dem hilfsbereiten Pfleger. Um keinen Verdacht zu erregen, brach ich meine Nachforschungen zunächst ab. Mein sinnloser Aufenthalt in dem Sanatorium wäre unter normalen Umständen nicht einmal unangenehm gewesen. Die Schwestern waren hübsch und freundlich, der junge Doktor angenehm, das Essen, soweit sich das bis jetzt beurteilen ließ, schmackhaft und reichlich. Doch unter normalen Umständen wäre ich auch nicht normal gewesen.
    Ich wartete die Nacht ab. Die Krankenschwester hatte mir noch einmal Tabletten gebracht, die ich auf gleiche Weise verschwinden ließ wie die anderen. Kurz nach einundzwanzig Uhr löschte sie das Licht. Ich kämpfte gegen den Schlaf, hielt den Kopf unter die Wasserleitung. Eine Stunde später schlich ich mich hinaus. Der Flur war matt beleuchtet.
    Diesmal kam ich unbehelligt zur Flügeltür. Eine Treppe führte nach unten. Irgendwo mußte sich dort der Ausgang befinden. Ich ging hinunter, gelangte in einen zweiten Korridor. Aus den Krankenzimmern kam Stimmengemurmel, jemand lachte hysterisch. Über mir klappte eine Tür, Schritte wurden laut, eine Schwester kam die Treppe herunter. Ich wollte nicht gesehen werden, hastete durch den Korridor und fand endlich den Ort, an dem ich mich vorübergehend verstecken konnte. Als ich die Tür hinter mir geschlossen hatte und mich umwandte, erschrak ich. Im matten Licht des kleinen Raumes gewahrte ich einen Mann. Er saß auf dem Heizungskörper, die Arme über der Brust verschränkt, und blickte mich mit ausdruckslosen Augen an. An seinen Lippen klebte ein Zigarettenstummel.
    Verwirrt stammelte ich eine sinnlose Entschuldigung. Ohne den Stummel aus dem Mund zu nehmen, verbeugte sich der Mann plötzlich und quetschte durch die halbgeöffneten Lippen: »Horst Siebenschläfer, mit zweitem Namen Brinkfried. Gelte als paranoid.«
    »Angenehm«, murmelte ich und stellte mich ebenfalls vor. »Neu bei uns?« erkundigte er sich.
»Ja, seit vorgestern.«
»Auch angeblich hier…?« Er tippte sich mit dem Zeigefinger
    gegen die Stirn.
Ich nickte beklommen.
»Und? Debilität? Manisch-depressiv oder Hebephrenie? Doch
    nicht etwa Dementia praecox? Ich weiß schon, Ihre Augen verraten es: Hypochonder und leicht schizophren, stimmt’s?«
    »Ja, ja«, sagte ich verwirrt und beeindruckt von seinen Fachkenntnissen. Schritte auf dem Korridor fesselten mich weiter an diesen unwirtlichen Ort. Dieser Mann war mir unheimlich. Ich fürchtete, ihn durch meine Reserviertheit zu reizen, deshalb sagte ich vertraulich: »Wissen Sie, man will mir nicht glauben, daß ich auf einem Jupitermond war.«
    Er streckte mir impulsiv die Hand entgegen. »Ich glaube Ihnen aufs Wort. Es ist doch klar, daß man uns hier nicht begreift, was sind wir denn für diese Herren? Jede Bemerkung, die sie nicht kapieren, ist ihnen verdächtig. Sehen Sie mich an, ich bin ein gebrochener Mann. Man hat mir mein Lebenswerk gestohlen. Kann ich Vertrauen zu Ihnen haben?«
    »Gewiß«, versicherte ich.
»Haben Sie von meiner Erfindung gehört? Warten Sie, Sie kommen von selbst darauf: Tak, tak, tak, tak – nun, haben Sie’s
    herausgefunden?«
»Offen gestanden, ich wüßte nicht…«
Er wiederholte sein blödes »Tak, tak«, schimpfte dann: »Sie
    sind etwas begriffsstutzig, nicht wahr? Vermutlich doch Tendenz zur Debilität. Es ist der Viertaktmotor, mein Herr. In der Anmeldung liegt ein Schreiben aus Stockholm. Nobelpreis. Das hätten Sie wohl nicht erwartet, wie?«
    »Nein«, bekannte ich. »Wo befindet sich die Anmeldung?« »Korridor rechts ‘runter. Aber man kommt nicht durch, die Tür ist immer abgeschlossen. Und keine Türklinke, alles glatt. Außerdem paßt der Bullenbeißer auf. Hätten Sie eine Zigarette für mich?«
»Bedaure, ich bin Nichtraucher.«
»Die wollen mich entlassen. Professor Grasmais kann mich nicht ausstehen. Er haßt die Denker. Aber in mir hat er sich geirrt, ich gehe nicht, ich verlange eine Untersuchung. Ich lasse mich nicht mit einem Federstrich ausweisen, ich bin schließlich nicht irgendwer. Hüten Sie sich, hier Wahrheiten auszusprechen. Wo waren Sie?«
»Auf einem

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