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Zeit für mich und Zeit für dich

Zeit für mich und Zeit für dich

Titel: Zeit für mich und Zeit für dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabio Volo
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aufgestanden bist…« Jedenfalls gefällt es mir besser, allein fernzusehen. Fernsehen ist wie Onanie; und allein kann man über alberne Sachen lachen, ohne Angst zu haben, von anderen verurteilt zu werden. Zu zweit ist das manchmal peinlich.
    Dann war da das morgendliche Hochziehen des Rollladens. Ich ziehe ihn lieber erst mal nur ein Stückchen hoch, um mich nach und nach ans grelle Licht zu gewöhnen. Sie hingegen zog den Rollladen ganz hoch und riss das Fenster auf, um »ein bisschen frische Luft reinzulassen«, wie sie sagte.
    Das letzte Joghurt bleibt das letzte, bis ich es esse. Wenn ich aufs Klo gehe, muss ich nicht abschließen. Es hat auch seine Vorteile, im Sommer ohne sie spazieren zu gehen. Ich kann mit leeren Hosentaschen gehen, was ich gern tue. Ihre Klamotten hatten oft keine Taschen, weswegen ich immer ihren ganzen Krempel mitschleppen musste: Portemonnaie, Handy, Schlüssel, [141]  Taschentücher. Ein Preis, den ich gern bezahlt habe dafür, dass ich ihr dabei zuschauen durfte, wie sie diese Klamotten anzog.
    Wenn ich an die Zeit mit ihr zurückdenke, wird mir klar, wie übel ich oft drauf war, und es tut mir leid, wie ich mich benommen habe. Es gab Tage, an denen war ich echt unsympathisch und unausstehlich. Meine Nulltoleranz-Tage, wenn ich mich wie ein verwöhntes launisches Kind benahm und unzugänglich war, weil ich sie nicht ertrug. Und das passierte mir ziemlich oft. Ich träumte dann, wie ich wieder allein zu Hause lebte, ohne sie, in Freiheit. Aber jetzt, da dieser Traum Wirklichkeit geworden ist, muss ich zugeben, dass es ganz anders ist, als ich es mir damals vorgestellt habe.
    Trotzdem, manche Dinge waren einfach unerträglich. Zum Beispiel das mit dem Kaffee. Zu Hause habe ich zwei Kaffeemaschinen: eine für drei Tassen, die eigentlich nur zwei hergibt, und eine für zwei, die perfekt für eine ist. Die Zweiermaschine macht den besseren Kaffee. Wenn ich vor ihr aufwachte, machte ich mir erst mal einen Kaffee mit der Zweiermaschine, doch wenn sie zwischenzeitlich aufgestanden war, bekam ich zu hören: »Hättest ja ruhig auch die Dreiermaschine aufsetzen können…«
    »Ich dachte, du schläfst noch.«
    »Du weißt doch, dass ich davon aufwache.«
    Was in der Paarsprache so viel heißt wie: »Du alter Egoist.«
    Wenn ich morgens die Zweiermaschine aufsetzen wollte, bewegte ich mich daher so leise wie möglich, um sie nicht zu wecken, und hoffte, dass der Kaffee [142]  schneller wäre als sie. Ich lupfte den Deckel und sah hinein in der Hoffnung, den kleinen Vulkan bald ausbrechen zu sehen. Setzte ich hingegen die Dreiermaschine auf, empfand ich das als freundliche Geste ihr gegenüber und erwartete dafür eine Belohnung.
    Eines Abends zu Hause, noch bevor wir beschlossen hatten zusammenzubleiben, ohne zusammenzuleben, unterhielten wir uns in jener vertraulichen Atmosphäre, die wir manchmal herstellen konnten, jener Zweisamkeit, in der man so entspannt und offen ist, dass man sogar einen Seitensprung beichten könnte. Irgendwann forderte sie mich auf, ihr meine Geheimnisse zu verraten. Keine Seitensprünge, sondern was mir an ihr auf die Nerven ging.
    »Irgendwas wird dir doch wohl auf die Nerven gehen, oder?«
    So auf die Schnelle falle mir nichts ein, antwortete ich. Doch das war gelogen.
    Ich fragte sie dasselbe, doch sie war aufrichtiger als ich: »Ich kann es nicht leiden, wenn du mit dem Handy telefonierst und es am Ärmel oder an den Jeans abwischst, bevor du es wieder einsteckst.«
    Prompt sah ich mich selbst, wie ich das Handy abwischte, was mir früher nie aufgefallen war. Ich gewöhnte mir den Tick sofort ab, doch seit sie mich verlassen hat, habe ich wieder damit angefangen. Manchmal kasteie ich mich und tue es extra nicht, als könnte ich sie damit zurückgewinnen. Idiotisch, ich weiß.
    Es nervte sie auch, wenn ich mit [143]  Höchstgeschwindigkeit eine SMS tippte. Ich benutze beide Hände und bin echt fix. Das tic-tic-tic machte sie nervös.
    Wäre ich ehrlicher gewesen, hätte ich ihr eine lange Liste geliefert.
    Wie sie im Restaurant einen Salat à la carte bestellte und dann dies und das nicht wollte oder hinzubestellte.
    Das Geräusch, das sie beim Schlucken machte.
    Wenn ihr morgens kalt war und sie die Nase hochzog.
    Wenn sie den Kühlschrank offen ließ.
    Wie sie Zwieback kaute.
    Wie sie bei Tisch mit dem Finger die Krümel zusammendrückte und sich in den Mund steckte.
    Am meisten auf die Nerven ging mir vielleicht, wie sie Joghurt aß. Besser gesagt, das

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