Zeitreise ins Leben (German Edition)
mahnte mich zur Besonnenheit und davor , nicht zu viel zu erwarten.
„Vergesst n icht, Kind ... lasst ihm Zeit “, meinte er noch , während ich mich darauf gefasst machte, ein menschliches Wrack hinter der Türe vorzufinden. Dreim al atmete ich tief durch, dann erst getraute ich mich anzu klopfen. Raimunds kräftiges „Herein!“ war jedoch Aufmunt e rung genug und so, nickte ich Bonifazius zum Abschied zu und trat ein . Die Überraschung w ar freilich groß, denn Raimund stand (!) am Ende des Zimmers und dre h te sich lächelnd zu mir um. Verwirrt starrte ich ihn an, denn ich konnte nicht fassen, ihn stehen zu sehen – au f recht und wie gewohnt stolz. Seine charmante Ausstrahlung war so a n ziehend, dass ich vor lauter Aufregung beinahe über mein Kleid stolperte. E r wirkte vollko m men gesund und so erfreut, mich zu sehen, dass mein Herz kleine Purzelbäume veranstaltete. Raimund hatte sich schneller erholt als erwartet und das erfüllte mich mit Freude und Glück. Trotzdem verspürte ich mit einem Mal auch Angst vor der Konfrontation unserer Gefühle. B ei genauerem Hins e hen war natürlich zu sehen, dass er nicht gesund war. Seine Wangen waren eingefa l len und das neue Gewand mindestens um eine Nummer zu groß. Um seine Handgelenke waren fr i sche Verbände und sein rechter Fuß zeichnete sich unter der Hose dick bandagiert ab. De n noch sah er umwerfend aus, so wie er da stand , gewaschen, rasiert und mit diesem unglau b lichen Lächeln. Ich blieb wie angewurzelt stehen, während er leicht hi n kend auf mich zukam und seine Augenbraue lässig in die Höhe zog.
„Elisabeth! End lich “, jubelte er so offen, dass ich meine Erstarrung und meine dumme U n siche rheit gleich wieder vergaß. A m liebsten hätte ich mich in seine Arme geworfen , doch B o nifazius’ mahnende Worte hallten noch in me i nem Kopf und so wollte ich ihm nicht zu viel zumuten . Außerdem hätte meine Impulsivität Raimund s i cherlich aus dem Gleichgewicht gebracht. Wir gingen daher langsam aufeinander zu. Er , weil er nicht a n ders konnte und ich , weil ich mich so sagenhaft im Griff hatte.
„Raimund “, begann ich, als ich vor ihm stand. Ich wollte ihm so viel sagen, so viel erkl ä ren , abe r er nahm nur meine Hand fest in die seine und zeigte mir mit seinem warmen Blick , dass keine Worte notwendig waren. Zärtlich strich er über meine Wange und sah mir d a bei so tief in die Augen, dass ich überwältigt war von der Fülle meiner Empfindungen. Ich brachte kein weiteres Wort hervor, war zittrig über die Konfrontation meiner Liebe, erschü t tert über die gemeinsame Vergangenheit und stumm über mein wahres Ich. So stand ich vor ihm ... und dann fanden seine Lippen endlich die meinen . Es war nur eine flüchtige Berührung und der intime Moment überraschend kurz , doch ich Begriff sofort, dass er sich Zeit nehmen wol l te. Verschmitzt lächelnd deutete er auf einen liebevoll gedeckten , kleinen Tisch. Das Abende s sen sollte aus frischem Brot, herrlichem Schinken und Rotwein bestehen. Bonifazius und er ha t ten sich wirklich Mühe gegeben und sogar ein paar Kerzen zusätzlich aufgestellt. Schinken und Wein waren für die ärmlichen Verhältnisse hier ein wahrer Festschmaus und ich daher richtig zu Tränen gerührt über so viel lieb e volles Engagement.
„L ass uns etwas essen “, forderte er mit einem so charmanten Lächeln, dass ich heimlich schmunzeln musste. Raimund hatte sich den Verlauf dieses Abends scheinbar gut überlegt. Er wollte nicht nur ein gemeinsames Essen genießen, er wollte vor allem eine langsame A n näh e rung zwischen uns erreichen. ZEIT war das Schlüsselwort, denn die hatten wir bisher wahrlich nicht für uns und unsere eigenen Interessen gehabt. Dies hier war nur ein Anfang, aber es war genau der richtige Schritt, um zueinander finden zu kö n nen. Wir nahmen also Platz und Raimund teilte das Brot, den Schinken und den Wein auf. D a nach prosteten wir uns l ä chelnd zu.
„Auf eine unglaubliche Frau, die es geschafft hat, selbst eine n König zu besiegen “, meinte er mit funkelnden, warmen Augen und einer inneren Zuwendung, die mich ganz kribbelig mac h te. „Und mich ebenso! Seit dem ersten Moment unserer Begegnung “, setzte er dann noch nach und ich spürte die schon bekannte Hitze in meine n Wangen. S tumm stieß ich
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