Zeitreise ins Leben (German Edition)
verirrten , blieben wir tatsächlich unbehelligt . Ri t ter bekam ich allerdings auch nicht zu Gesicht, obwohl mir Hanna versichert hatte, dass diese Route unter der Obhut der Templer stand. Gelangweilt und ziemlich erledigt sah ich aus dem Fen s ter und entdeckte plötzlich das Ziel unserer Reise. Die Burg war ein atemberaubendes G e bäude , das sich s tolz und majestätisch auf dem steilen Hügel vor uns erhob und wie auf Wo l ken zu schweben schien . Die späte Nachmittagsso n ne zauberte einen Hauch von Rot auf die hellen Steinmauern und tauchte die Festung in ein warmes, irdenes Licht. Sie bot einen fa n tastischen Anblick und war kein Ve r gleich mit den Ruinen oder Burgrestaurationen meiner Zeit . Das hier war echt, lebendig und absolut beeindruckend. Hanna bemerkte meine Aufr e gung und folgte meinem Blick. Sie war ebenfalls sehr angetan von dem prachtvollen Gebäude und vermutlich ebenso aufgeregt wegen dem bevorstehenden Fest mit dem K ö nig.
Als wir den Weg zur Burg antraten , bekamen wir beim steilsten Abschnitt der Straße Pro b leme mit unsere n Pferden. John knallte zwar unau f hörlich mit der Peitsche, doch die armen Tiere waren schlicht überfordert. Hanna und ich überlegten gerade auszusteigen, als zwei Reiter von der Burg geschickt wurden . Es waren raue Kerle, die furchteinflößend und irgen d wie wölfisch aussahen. Anders konnte ich ihr düsteres Aussehen nicht beschreiben. Sie ha t ten etwas Wildes und Unheimliches an sich, sodass wir drei Grazien uns instinktiv ein bis s chen mehr in die Kutsche zurückzogen. John jedoch war dankbar für die Hilfe, denn die Männer waren kräftig und o f fenbar schwere Arbeit gewohnt. Mit ihrer Hilfe kamen wir den Berg hinauf und Hanna erklärte mir , dass die beiden finst e ren Gestalten vermutlich Söldner waren. Menschen ohne Eltern, die in ihrem Leben nie etwas zu lachen hatten und ausschlie ß lich für Arbeit und Kampf lebten. Von Kin d heit an waren sie dazu erzogen worden zu töten und zu arbeiten. Keine Liebe, kein Glück und auch kein Quäntchen Spaß sei ihnen vergönnt und wenn doch, dann wurde es meist für andere ung e mütlich. Ich schluckte laut , weil das dann doch etwas viel Realität auf einmal war. Bisher hatte ich ja alles nur in der Theorie g e hört und war abgeschottet worden vor dem wahren Leben im Mittelalter. Auf der einen Seite war ich nervös, auf der anderen richtig kribbelig, endlich das wahre L e ben kennenzulernen. Es war eine seltsame Mischung aus Unsicherheit und freudiger Erwartung. Selbst die finst e ren Kerle mit ihrem schweren Schicksal zogen mich mittlerweile in ihren Bann, weil sie gar so ursprünglich wirkten, so entschlossen und so durch und durch ... män n lich. Hanna zog mich vom Kutschenf enster fort .
„Jetzt stier doch nicht so! Eine Dame von Rang ...“, begann sie und wollte noch viel mehr sagen, als ich ab winkte. Dieses „Dame-von-Rang-Gefasel“ konnte ich schon nicht mehr hören.
„Schon gut, Hanna. Ich werde mich schon benehmen. Vor den beiden dort habe ich sowieso Angst“, lachte ich und hatte plötzlich einen Wolf vor meinem geistigen Auge, der mich mit bösen Augen anstierte, aber dann plötzlich meine Hand küsste und auf ganz interessante Weise daran leckte. Verrück t ... dachte ich noch, als Hanna bereits ungeduldig knurrte und ich sofort die Fa n tasie ab würgte , weil sie ja so leicht von meinen Gedanken wusste .
Das erste Haupttor stand offen, aber das zweite wurde für uns extra geöffnet. Langsam und bedächtig, weil das Ding von beeindruckender Größe war und vermutlich einen Riesenfl a schenzug brauchte oder zumindest ein halbes Dutzend Bedienstete, die irgendwo kurbelten, zogen oder schoben. Keine Ahnung wie sie es anstellten, aber ich konnte auf die Schnelle niemanden sehen. Interessant war nur, dass die Burg von einer Art Doppelwall umgeben war. Vielleicht konnte man so den inneren Kern besonders schützen. Vom zweiten Tor aus war es jedenfalls nur mehr ein Katzensprung bis zum großen Eingangsbereich der Festung. Die be i den Söldner verschwanden mit einem ku r zen Gruß und ließen John alleine weiterfahren. Auf den Mauern entdeckte ich ein paar W a chen, ebenso direkt auf dem Weg, aber ansonsten war hier alles voller Zivilisten. Die W a chen wirkten mürrisch und allzeit bereit die Waffe zu heben, doch der Rest der Menschen war vo l ler Leben und Lachen. Sie
Weitere Kostenlose Bücher